Kapitel 3

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"Ich bitte um Verzeihung, Rosa" Meine Hand greift zu dem Kreuz, welches den Anhänger meiner Kette schmückt. "Mein Verhalten ist unverzeihlich."

"Deine Situation ist derzeit mehr als schwierig, Lucía", erklärt sie, während sie mein Kleid geradestreicht. Ohne mein Zutun hat sie sich für ein weißes Kleid mit Spitzenärmeln und weit ausstehendem Rock entschieden. Es ist wunderschön, dennoch kann ich es nicht ansehen, ohne an ein Hochzeitskleid zu denken. Und genau dieser Gedanke lässt ein Übelkeitsgefühl in meinem Magen entstehen.

"Das rechtfertigt allerdings nicht mein Verhalten", sage ich leise und betrachte mein Spiegelbild. Mein schwarzes Haar, das Rosa gerade glattbürstet, fällt mir in leichten Wellen über die Schulter und der einzige Farbton wird durch meine roten Lippen erzeugt.

"Es rechtfertigt Jegliches", antwortet sie in dem Moment, als es an der Tür klopft und ein Wächter mein Zimmer betritt. "Eure Hoheit haben einen Besucher"

Etwas verwundert drehe ich mich um und nicke. "Er darf eintreten"

Der Wächter verbeugt sich und schließt die Türe hinter dem genannten Besucher, der auf mich zustürmt und mich umarmt.

Ohne ein Wort zu sagen, verlässt Rosa das Zimmer und schließt die Türe hinter sich, sodass Pablo und ich alleine sind.

"Es tut mir leid, Lucía", sagt er und streicht mir über mein Haar. "Hätte ich davon gewusst..."

Ich sehe ihn an und schüttle den Kopf. "Wie hättest du davon wissen können? Du brauchst dir keinerlei Vorwürfe zu machen."

Etwas verzweifelt blickt er mir in die Augen und versucht ein Lächeln zustande zu bringen. "Du hast es geahnt, oder nicht?", fragt er.

"Was meinst du?"

"Du sagtest, du würdest mich vermissen", erklärt er. "Du hattest es aus irgendeinem Grund im Gefühl, dass du Avenia verlassen wirst."

Womöglich hatte ich das. Doch selbst wenn nicht, würde das nichts an meiner momentanen Situation verändern. Es würde die Sache lediglich schmerzvoll in die Länge ziehen.

"Ich werde dich vermissen", sage ich leise und spüre, wie mir eine Träne über die Wange rinnt. "Du warst mein bester – mein einziger Freund, Pablo" Ich drücke mich erneut an ihn und schließe die Augen.

"Und der werde ich bleiben, Lucía", antwortet er und gibt mir einen Kuss auf die Wange. "Das verspreche ich dir."

Ein kalter Schauer durchläuft meinen Körper, während mein Herzschlag ein wenig beschleunigt. Unwillkürlich rücke ich ein Stück von ihm ab.

"Wie soll ich das machen?"

"Was meinst du?"

"Die Hochzeit. Wie soll ich einen völlig Fremden heiraten?"

"Wäre das nicht ohnehin passiert?"

Schon, denke ich, aber das hier ist etwas ganz Anderes.

Ich atme tief ein und aus. "Bist du jemals über der Grenze gewesen?", wechsle ich schnell das Thema.

"In Carazita nicht", antwortet er. "Ich war in Argentinien und Mexiko. Dort habe ich Biologie und Geographie studiert."

Mit langsamen Schritten drehe ich mich zu der angelehnten Balkontür hinter mir um und öffne sie ein wenig. Milde, nach Blumen duftende Luft weht in mein Zimmer.

"Glaubst du es gibt dort Berge, so wie hier?"

"Da bin ich mir sicher"

"Was ist, wenn ihnen Gott nicht so wichtig ist, wie uns?"

Die Grenzen zwischen uns *abgeschlossen*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt