"Wüsste ich nicht, dass Ihr es seid, würde ich Euch kaum wiedererkennen, Eure Hoheit"
Lächelnd blicke ich ihn von der Seite an und ziehe mir die Kapuze des Umhanges ein wenig tiefer ins Gesicht. Als Francisco Bescheid gegeben hat, mit mir in die Stadt zu fahren, hat mir Sofia den moosgrünen, mit goldenen Stickereien geschmückten, Umhang aus leichter Seide auf mein Bett gelegt, damit wir nicht von Passanten erkannt werden.
"Die Schneiderei befindet sich gleich zwei Straßen weiter", erklärt er mir, während er mich weiter durch die Innenstadt führt.
Eine schwarze Limousine hat uns bis vor die Einkaufsstraßen gebracht, von wo aus wir zu Fuß weitergegangen sind. Die Luft riecht würzig nach Bäumen und Blumen, die alle paar Meter gepflanzt sind. Zunächst habe ich mir Sorgen aufgrund des Verkehrs gemacht, doch Francisco hat mir versichert, innerhalb der Innenstadt würden sich keine Autos befinden. Und tatsächlich: Der Verkehr wird um die Stadt herumgeleitet, sodass die Fußgänger nicht gefährdet werden und lediglich kleine Zufahrtswege zur Warenlieferung führen ein wenig in die Stadt hinein.
"Es ist wunderschön hier", sage ich und blicke an den weiß leuchtenden Häusern hinauf, die hier und da mit bunten Mosaiken aus schimmernden Fliesen versehen sind und die Straßen viel bunter erscheinen lassen.
"Wie sieht es bei Euch zu Hause aus?", fragt er plötzlich und sieht mich erwartungsvoll an.
Bei dem Gedanken an meine Heimat muss ich lächeln. "Gar nicht mal so anders", erkläre ich. "Avenia wird von Bergen umrahmt, so ähnlich, wie hier. Aber unsere Städte sind nicht so stark modernisiert wie hier. Wir sind sehr konventionell und halten an alten Traditionen fest." Leise muss ich lachen und sehe Francisco an. "Aber das hindert uns nicht daran, auch manche Technologien einzusetzen."
"Daran habe ich keinen Augenblick gezweifelt, Eure Hoheit", versichert er mir lächelnd und bleibt vor einem hohen Gebäude mit rosafarbenen Mosaiken stehen. "Wir sind da" Mit schnellen Griffen öffnet er mir die Tür und bedeutet mir, hineinzugehen.
Schlagartig werde ich von süßem Rosenduft eingehüllt und kaum, dass Francisco die Tür hinter uns beiden schließt, ertönt eine helle Glocke und keine zwei Sekunden später erscheint eine zartgebaute junge Frau mit blonden Haaren. Sie trägt ein rosafarbenes Spitzenkleid und fliegt wie eine Elfe auf uns zu.
"Bienvenido in meinem Laden!", begrüßt sie uns, doch als sie Francisco erblickt, erstarrt sie schlagartig und verbeugt sich tief. "General Francisco, wie kann ich Ihnen helfen?"
"Nicht ich brauche Ihre Hilfe, Marta", erklärt Francisco und nickt mir zu.
Zögerlich nehme ich die Kapuze ab und blicke Marta an. "Ich brauche Ihre Hilfe. Mein Name ist Lucía.", stelle ich mich ihr vor, doch eine Begrüßung war offenbar alles andere als notwendig.
Als Marta mich erblickt wankt sie mit einer Mischung aus Schock und Überraschung zurück. "La princesa!", flüstert sie und strahlt. "La princesa! In meinem Laden!"
Sie stürmt auf mich zu, verbeugt sich tief und gibt mir einen Handkuss. "Es ist mir eine solche Ehre, Euch in meinem Laden willkommen heißen zu dürfen, Eure Hoheit!"
Ich nehme ihre Hand und helfe ihr wieder auf. "Die Ehre ist ganz auf meiner Seite, Marta", antworte ich und blicke mich im Laden um. Entlang der Wände befinden sich an mehreren Kleiderständern Tausende von weißen Kleidern.
Wie viele Jahre habe ich mich auf genau diesen Augenblick gefreut. Doch die Erinnerung an Santiago lässt meine Freude gefrieren.
"Lasst mich Euren Umhang abnehmen, Eure Hoheit", bittet mich Francisco und legt sich den Samtumhang über den Arm.
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Die Grenzen zwischen uns *abgeschlossen*
Romantizm„Es ist mir eine große Ehre, Euch kennenzulernen, Prinzessin Lucía" Unwillkürlich durchfährt mich ein weiterer Schauer, während er meine Hand langsam an seinen Mund legt und sie vorsichtig küsst. Mein Atem stockt. „Die Ehre ist ganz meinerseits"...