28. Alles nur eine Sache der Perspektive

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Obwohl der Zug gerade einmal ein paar Minuten aus dem Bahnhof war, starrte ich bereits auf mein Handy, in der Hoffnung doch bereits eine SMS von meiner Anna bekommen zu haben. Anna, dachte ich. Was machst du nur und viel wichtiger: was machst du nur mit mir?

Für gewöhnlich war ich der Typ Mensch, der alles gerne -soweit es möglich war- durchplante, auch weil mein Leben mittlerweile kaum mehr anders funktionieren würde. Trotzdem schaffte es meine Halbschwester, die ich jetzt knapp ein dreiviertel Jahr kannte, dass ich viel zu viele meiner Prinzipien vollkommen über den Haufen warf. Es war schließlich nicht etwa so gewesen, dass ich am Bahnhof gestanden und mich spontan dazu entschlossen hätte zu ihr zu fahren - mit nichts mehr bei sich, als das was ich an meinem Leib trug und was sich auf meine Kleidung, Handy und Geldbeutel beschränkt hatte. Hust. Hust. Doch. Hust.

Und war ich nicht immer derjenige gewesen, der im Internet von Moral predigte und der versuchte immer mit einer gewissen Vernunft an die Dinge zu gehen? Und gerade ich hatte Probleme in meiner Halbschwester, die auch noch bedeutend jünger als ich war, eben nur meine Halbschwester zu sehen und dabei in Konflikt mit meinen Vorstellungen von Moral und Vernunft kam.

Ich seufzte und mein Blick wanderte nach draußen, wo bereits Felder an mir vorbeizogen. Ich seufzte abermals leicht und kramte dann nach meinen Kopfhören. Vielleicht würde ein wenig Musik mir dabei helfen den Kopf wieder freizubekommen, doch auch die Songs von Tell you what now schafften es nicht mich von meinen Gedanken zu befreien. Fast war ich ein wenig eifersüchtig auf diesen Andy. Er konnte mit ihr zusammen sein ohne, dass jemand groß etwas dagegen einzuwenden hätte mit der kleinen Ausnahme, dass Ina die Beziehung vielleicht nicht unbedingt gut heißen würde. Trotzdem Andy und Anna hatten eine reale Chance in ihrer. Beziehung glücklich zu werden und diese war bei mir und ihr eben nicht gegen. Langsam fing ich sogar bereits an zu denken, dass es eventuell besser gewesen wäre nie zu ihr zu fahren, nie vor ihrer Haustür zu stehen und sich nie über ihre Eltern hingwegzusetzen.

Doch all das hatte ich breits getan und ließ sich jetzt schließlich kaum mehr umkehren. Genauso wenig konnte ich Ina zurück in mein Leben bringen, denn seitdem sie nicht mehr da war, war alles nur noch schlimmer geworden. Ina hatte es geschafft mir zumindest ansatzweise Halt zu gegen, auch wenn mein Gewissen mich nie wirklich in Ruhe gelassen hatte. Immer wieder, wenn ich mit Ina im Arm versucht hatte einzuschlafen, hatte sich ein Gedanke in meinen Kopf wieder in den Vordergrund gerückt. Der Gedanke an das, was eben in diesem Bett fast passiert wäre, und an mein schlechtes Gewissen deswegen.

Eigentlich würde ich mich als treuen und ehrlichen Partner bezeichnen, doch Anna schaffte es selbst das auf den Kopf zu stellen, denn ich hatte Ina gegenüber natürlich nie etwas von dem erzählt, was sich vor knapp einem halben Jahr in unserer Wohnung abgespielt hatte. Letztendlich hatte sich das Problem wohl von selbst gelöst, wenn auch nicht gerade auf die schöne, elegante Art und Weise.

Im Moment steigerte ich mich immer mehr in Youtube rein, hatte tausende Projektideen in meinem Kopf, die ich unbedingt umsetzen wollte, und nervte Frodo andauernd mit neuen Videodrehs für unseren GamingChannel, den wir vor kurzen eröffnet hatten. Ich wusste, warum ich das tat. Es war einer der wenigen Möglichkeiten meinen Kopf frei zu bekommen und klar denken zu können. Ihn endlich mit etwas anderes zu füllen..

Ehrlich gesagt wusste ich nicht, wie ich die Woche, in der sie bei mir sein würde, überstehen sollte, ohne dass ich etwas tat, was ich eigentlich zu verhindern versuchte. Ich konnte schließlich nicht die ganze Zeit vor meinen PC sitzen und Youtubevideos schneiden oder Frodo zu Gast haben. Und wie sollte ich bitte die Finger von ihr lassen, während sie sich an mich rankuschelte und wir eine Woche lang im selben Bett schlafen würden? Gestern hatte schon viel zu viel Selbstbeherrschung gekostet und ich konnte ja nicht einfach während der Zeit, in der sie bei mir übernachten würde, auf den Boden umziehen. Mensch Anna, was machst du bloß mit mir?

Fast schon war ich genervt davon so überhaupt nicht Herr der Lage zu sein.

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Achtung! Für die, die jetzt eventuell etwas verwirrt sind: Ja, das Kapitel ist ausnahmsweise aus der Perspektive von Flo geschrieben (Andeutung in der Kapitelüberschrift). Das wird sich jedoch im nächsten Kapitel ändern und es wird wie gewohnt mit Annas P.o.V. weitergehen! :)

Sagt mir doch mal, wie ihr diesen Perspektivenwechsel so gefunden habt ;)
Würd mich über Rückmeldung freuen ^-^

LG Eure Heide :x

P.S: Ich hab außerdem ein weiteres Gastkapitel bekommen, das ihr natürlich die Tage zu lesen bekommt! Und damit ist das Aufnahmevolumen für Gastkapitel (zumindest für diesen Teil) erst mal voll! Danke an die Leute, die sich für mich hingesetzt haben und mitgemacht haben! :3

Verliebt in Floid?! (LeFloid FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt