Mit Musik in den Ohren, da ich meine Kopfhörer wieder eingesteckt habe, gehe ich durch den Wald. Ich habe meine Augen halb geschlossen, da ich den Weg auswendig kenne und es hier eigentlich keine Gefahren gibt, die mir wirklich gefährlich werden könnten. Ausser du willst von einem Eichhörnchen mit Nüssen zu Tode abgeschmissen werden. Ich runzle die Stirn. Kann man das als Steinigung sehen? Oder nennt sich dann Nüssigung? Und kann man wirklich durch Nüsse sterben? Nachdenklich verziehe ich mein Gesicht. Darüber werde ich eine Zeitlang nachdenken. Auch eine Eigenschaft. Man nehme irgendwelche Gedanken und ich finde irgendwas komplett abwegiges, über das ich nachdenken kann.
Erst, als ich aus dem Wald trete, hebe ich meinen Kopf und nehme einen Ohrstöpsel raus. Die Straße ist immer ein wenig belebt und so gehe ich lieber zur Ampel, als das ich dann irgendwie vor einem Auto lande. Denn 50 Km/h fahren die hier sicherlich nicht alle. Wartend, stehe ich also an der gedrückten Ampel und sehe auf das rote Menschlein, dass nach einer Weile grün wird und ich endlich losgehen kann. Ich beisse mich auf die Lippen, als ich an den Kerl denken muss. Das ich so einen verlieren muss, tut verdammt nochmal weh.
Ich habe ihm alles erzählt, was mir bisher passiert ist. Jede Intrige, die ich gespinnt habe. Jede Lüge, die aus meinem Mund gekommen ist. Sogar die Psychischen Spielereien habe ich ihm gesteckt! Er wird wohl der einzige bleiben, der das wahre ich von mir jemals zu Gesicht bekommen hat. Niemals mehr werde ich irgendjemandem vertrauen. Niemals mehr werde ich meine innersten Geheimnisse und Probleme irgendjemandem sagen. Ich habe es vor ihm geschafft. Also werde ich es auch wieder schaffen, als einsamer Wolf durch die Lande zu ziehen, die Fäden im Hintergrund zu ziehen und von aussen das arme Mädchen zu spielen. So wie immer.
Am Haus meiner Eltern angekommen, schließe ich auf und setze mein leicht verstörtes Gesicht auf. Als ich die Türe schließe, ziehe ich meine Schuhe aus und sehe in das Wohnzimmer, in dem meine Mutter in ihrem Stuhl sitzt und liest, während mein Vater auf der Couch sitzt und irgendetwas am Laptop guckt. "Ich... bin wieder da..." sage ich leise und meine Mutter sieht auf. "Geht es dir wieder besser?" Ich schüttle den Kopf. "Ich bin in meinem Zimmer. Kann ich mir davor was zu essen machen?" frage ich und meine Mutter schüttelt den Kopf. "Essen ist im Kühlschrank. Mach es dir einfach warm!"
Ich nicke und gehe in die Küche. Es ist Chilli con Carne und ich bin froh, es nur in die Mikrowelle packen und warm machen zu müssen. Während die Mikrowelle also vor sich hin brummt, lehne ich mich mit meinem Hintern an die Küchenzeile und sehe mit verschränkten Armen und nachdenklichem Blick nach draussen. Natürlich hätte ich es anders lösen können und natürlich, hätte ich anders reagieren können. Aber meine Synapsen brauchen bei ihm scheinbar länger, als mein Mund oder meine Extremitäten. Denn über keine der Aktionen habe ich groß nachgedacht, sondern sie alle instinktiv ausgeführt.
Erschrocken zucke ich zusammen, als mich das piepsen der Mikrowelle daran erinnert, dass ich essen sollte. Also nehme ich das Chilli raus, rühre es um und stelle es wieder rein. Einen moment später brummt sie wieder und diesmal sehe ich der Plastikschüssel dabei zu, wie sie sich dreht, ehe es wieder piepst und ich die heiße Schüssel mitsamt heißen inhalt und einem Löffel hoch in mein Zimmer nehme, wo ich diese auf mein Nachttischchen stelle und meine Finger pusten muss, da das Gefäß einen ticken ZU heiß war. "Ich lerns aber auch nie!" zische ich und setze mich auf mein Bett, bevor ich den Fernseher einschalte.
Zum Glück habe ich Netflix und so sehe ich mir einfach irgendeine Serie an und schalte mein Hirn aus. Wobei das eigentlich selten bis gar nicht funktioniert. Mein Hirn läuft immer auf hochtouren. Immer denke ich über irgendwas nach oder irgendwelche Pläne werden auf ihre durchführbarkeit getestet, sollte mal irgendein Fall auftreten, in dem ich genau diesen einen Plan theoretisch brauchen könnte. Obwohl ich zugeben muss, dass es mir schon so manches mal den Arsch gerettet hatte, als ich in einer unvorhergesehenen Situation war. Ein hoch auf mein Hirn! Ansonsten... hätte ich schon lange keine Arbeit mehr.
In den nächsten Wochen begebe ich mich nichteinmal in die nähe der Höhle. Ich habe keine Ahnung, ob der Kerl wartet, oder nicht. Aber ich will es auch nicht herausfinden und langsam geht der Verlustschmerz weg. Diesen gebe ich als Trauer für Betti aus und ich werde als 'Stark' betitelt, weil ich nicht weine oder mich das ganze nicht wirklich beeinflusst. Wie denn auch, wenn du ein kalter Psychopath bist? In der hinsicht ist es gut, keine oder kaum mitgefühl dahingehend zu haben. Meine Arbeit wird nicht beeinträchtigt, ich kriege eine kleine Vorzugsbehandlung von meinen Eltern... Was will ich mehr?
Auch im privaten Sektor läuft alles nach Plan. Jeder Freund ist dann da, wenn er es sein sollte. Niemand tanzt aus der Reihe. Jeder von ihnen vertraut mir und auch hier habe ich keine Probleme, sie einfach zu belügen. Ein manipulativer Psychopath. Gibt es etwas schlimmeres und gefährlicheres als jemand, der weiß, dass er lügt und auch in der richtigen Welt lebt? Denn die meisten meiner Art, leben in ihrer eigenen Welt. Haben keine Ahnung, was richtig und was falsch ist. Beziehungsweise denken, dass nur ihre eigenen Handlungen die richtigen sind und haben keine Ahnung, was sie falsch gemacht haben könnten.
Gähnend, liege ich wieder in meinem Bett und sehe mit halb offenen Augen an die Decke. Die vorbeifahrenden Autos werfen mit ihren Scheinwerferlichtern Lichtspiele an die Decke, welche genau so schnell verschwinden, wie sie aufgetaucht sind. Der Tag war anstrengend und das nicht nur körperlich. Die Arbeit hat mich körperlich angestrengt und die Planung von ein paar... durchzuführenden Vorhaben, waren auch nicht das einfachste. Ein amüsiertes Schnauben ertönt von mir und ich schmunzle. "Was für ein manipulativer Bastard ich doch bin...!" murmle ich und lege verschränke meine Arme hinter meinem Kopf. Ich bin erschöpft, aber glücklich. Plötzlich ertönt eine mänliche und vorallem bekannte Stimme!
"Du bist kein Bastard, meine kleine."
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Another Life
FanfictionSera hat einen Freund, den sie noch nie zuvor gesehen hat. Dennoch weiß dieser alles über sie. Was sie in wirklichkeit macht. Wie sie Leute manipulieren kann. Und was wirklich hinter ihren Aktionen steckt. Die beiden treffen sich immer in einer Höhl...