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"Und du bist dir sicher, dass das Haus jetzt leer ist?" flüstert Jeff und ich brumme zustimmend. "Ansonsten wäre entweder ein Licht an, oder man würde von irgendwo her ein schnarchen hören." erwiedere ich in einer normalen Stimme und richte mich auf, ehe ich nun leichte umrandungen erkenne. "Und was willst du hier machen?" Ich sehe zu ihm hoch. Wobei 'sehen' relativ ist. Ich sehe nur in die richtung, aus der seine Stimme kommt. "Hunger?" frage ich nur und nehme seine Hand. Ich kenne mich hier aus. Blind. Er nicht. "An sich schon, aber wieso fragst du das jetzt?" murrt er und folgt mir.

"Bleib hier stehen!" befehle ich ihm und gehe dann zum kühlschrank. Ich weiß, wo hier alles ist und habe somit keine Probleme, mich hier zurecht zu finden. Das Licht im Kühlschrank geht an, als ich die Tür aufmache und nach hinten sehe. "Also?" Stumm kommt er zu mir, nimmt sich einen Joghurt raus und tritt wieder zurück. Ich hingegen mache mir ein Sandwich und wir essen im dunkeln. Den Löffel und den Becher schmeiße ich einfach in den Müll, bevor ich blind eine flasche zum trinken hole, diese aufmache und daran rieche. "Willst du auch ne Cola?"

Ein zustimmendes brummen ist zu hören und ich gebe ihm ebenfalls eine der kleinen flaschen, bevor wir trinken. "Ich muss nur was nachsehen!" sage ich und nehme mir wieder seine Hand, die ich im Licht der Straßenlaternen, die durch das Küchenfenster strahlen, sehen kann. "Wann kommen deine Eltern eigentlich wieder?" fragt er nur und lässt sich von mir führen. "Achtung stufe!" sage ich und überlege. "Ich habe keine Ahnung. Aber ich kenne hier alle Fluchtwege, die es gibt!" erwiedere ich nun und wir gehen in den ersten Stock. Um genauer zu sein, führe ich ihn in mein altes Zimmer, das nun eine Abstellkammer ist.

"Bleib stehen!" sage ich wieder, lasse seine Hand los und gebe ihm stattdessen die Flasche Cola in die Hand, die nur noch zur hälfte voll ist. Ich schleiche mich zu den Fenstern und lasse dort die Rollos runter, bevor ich zum Lichtschalter gehe und dann das Licht anmache. "Was hast du vor?!" mault Jeff nun und wie brauchen beide einen moment, ehe wir uns an das Licht gewöhnt haben. "Warte ab und vertrau mir." brumme ich nur und kämpfe mich durch einiges an Sperrmüll, ehe ich auf der anderen seite des Zimmers angelange und dort in eine ecke gehe.

Ich knie mich hin und entferne ein Stück der Tapete. Dahinter kommt ein kleines Loch zum Vorschein, dass man so nicht gesehen hätte. Ich greife in das Loch und taste blind nach dem Gegenstand, den ich dort gelagert habe. Durch die unbeschädigte Tapete kann ich mir auch sicher sein, dass es niemand gefunden hat. Als ich den Griff erwische, fange ich an zu lächeln und hole es heraus. Die Tapete lasse ich einfach so und stelle etwas davor, so dass es später aussieht, als hätte derjenige, der den Gegenstand dann verschoben hat daran schuld, dass die Tapete abgerissen worden wäre.

Mit dem Gegenstand, gehe ich zurück zu Jeff und nehme die Cola entgegen. "Was war jetzt?" fragt er und ich lächle, als ich es hoch halte. Im grunde ist es nur ein Griff, dessen Klinge fehlt. Und doch ist es um einiges Gefährlicher als das. "Ein kleines Geschenk eines bekannten, als ich ihn aus einer brenzligen Situation geholt habe!" erkläre ich und muss an damals denken. "Er steckte ziemlich in der Klemme und da es für mich nur vorteile gehabt hätte, ihm zu helfen, habe ich es auch getan. Und das war sein dankeschön, als ich ein paar Strippen gezogen habe."

Mit einer hochgezogenen Augenbraue sieht er es an. "Ein... Messergriff. Wow. Ein tolles geschenk!" der Sarkasmus trieft regelrecht heraus und ich sehe ihn an. "Du glaubst doch echt nicht, dass die Spinne ein Geschenk annimmt, dass keinen nutzen hat, oder?" frage ich und halte es an die Flasche mit Cola. "Es ist praktisch. Und illegal." sage ich und betätige einen versteckten Mechanismus am Griff. Mit einem ratschen rast die Klinge heraus, durchdringt das Plastik, als wäre es nichts und spießt die Flasche sauber und ohne irgendwelche Probleme auf. Was ich nun in der Hand halte, erinnert eher an einen Dolch, als an ein Messer.

"Das... habe ich jetzt nicht kommen sehen!" meint er leicht beeindruckt und ich nicke, ehe ich die Flasche mit Cola unter ein paar Sachen verstecke. Dann hat sie halt einer der beiden da oben beim einräumen vergessen. Kann ja mal passieren. Die klinge, beidseitig übrigends auf das übelste geschärft, lasse ich wieder in dem Griff verschwinden und packe diesen dann in meine Jackentasche. "Ich habe doch gesagt. Nichts nutzloses. Ausserdem habe ich mir eine Waffe aussuchen dürfen und niemand erwartet so etwas, aus einem langweiligen und üblichen Messergriff. Oder?" Ein automatisches Sprungmesser in Mattschwarz. Sowohl klinge, als auch griff.

"Du steckst voller überraschungen!" gibt er von sich und will gerade etwas weitersagen, als das typische 'Ba-dump, Ba-dump' ertönt, wenn das Auto in die Garage fährt. Sofort wird mein Gesicht ernst und ich mache das Licht des Zimmers aus. "Was auch immer du sagen willst, muss auf später verschoben werden. Jetzt sind meine Eltern da und wir sollten verschwinden!" sage ich leise und kann schon das gerede der beiden hören, als sie aus dem Auto gestiegen sind und nun in Richtung Haus gehen. Stumm, nehme ich seine Hand und schleiche mich mit ihm aus meinem Zimmer. Unten kann man schon die Türe aufgehen hören.

Mein Weg führt zum Schlafzimmer meines Vaters. Von dort aus kann man auf den Baum klettern, der direkt vor dem Fenster steht und mir mehr als einmal die langeweile eines Hausarrestes erspart hat. "Ich gehe gleich ins Bett!" höre ich meinen Vater sagen, als die Schlüssel gerade an das Schlüsselboard gehängt werden. Lautlos fluchend, trete ich den Rückzug an und drücke mich mit Jeff in eine dunkle Ecke, als das Ganglicht im ersten Stock angeht. Mit einem abschätzenden Blick sehe ich auf den Gang und erblicke meinen Vater, wie er leicht torkelnd in sein Zimmer geht und die Tür zu macht.

Another LifeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt