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"Lass mich das machen!" unterbricht uns eine Stimme und ich drehe mich um. Dort steht ein Kerl, den ich noch nicht gesehen habe. Misstrauisch richte ich mich auf und hole den Griff raus. Wer auch immer das ist. Er ist komisch und ich weiß nicht, ob ich ihm trauen soll. "S-S-Slendy meinte, dass i-i-ich das machen soll!" ruft Toby etwas genervt und ich kann meine Augen nicht von dem neuen lassen. Braune Haare. Narben im Gesicht. Grüne Augen. Gestreifter Schal. Und irgendwie ähnlichkeiten mit Jeff. Dann sieht mich der Kerl an und fängt an zu lächeln, bevor er auf mich zu kommt.

Kurz vor mir bleibt er stehen und unsere Gesichter sind nur wenige Zentimeter voneinander entfernt. Wie verfeindete Tiere starren wir uns an. Ich habe zwar keine Angst, aber ein Gefühl von Macht breitet sich aus. Und sie gehört nicht mir! Es ist eine erdrückende Macht. Eine, von der ich manchmal nur träumen kann. Doch trotzdem weiche ich nicht zurück. Das wäre lächerlich. Man zeigt einem wilden Tier auch nicht, dass man Angst hat! "Eine interessante Person habe ich hier gefunden..." meint er nun leise und aus seinem lächeln wird ein breites grinsen. "Aber ob das Kätzchen auch beissen und nicht nur fauchen kann?"

Nun ziehen sich auch meine Mundwinkel nach oben. "Es kann auch kratzen, wenn du willst." erwiedere ich in einem ebenfalls leicht herausforderndem Ton und hebe den Griff. "Hättest du gerne eine neue Narbe, wenn du mich schon allein durch deine Blicke herausforderst?" frage ich nun und sehe ein gewisses amüsantes aufblitzen in seinen Augen. "Was willst du damit machen. Mir einen Splitter irgendwo verpassen?" Ich atme tief ein und seufze dann laut auf. "Wo hättest du es denn gerne?" frage ich nur und kurz wird er misstrauisch, bevor er anfängt zu lachen. Und er lacht mich definitiv aus.

"Nimm doch die Schulter, du kleines kuschelkätzchen!" meint er nun und hebe den Griff an seine Schulter. "Aber jammere nicht, wenn es weh tut!" erwiedere ich siegessicher und lege eine Hand an sein Kinn, um es zu mir runter zu ziehen. Verwirrt folgt er meinem ziehen und beugt sich leicht zu mir hinunter. Seine grünen Augen strahlen fast wie Jade und die Narben zeigen eine Geschichte, die ich mir noch zusammenreimen darf. Oder ich frage einfach die anderen. Die werden schon was über den Kerl wissen, der sich nicht vorgestellt hat. "Viel Spaß!" flüstere ich ihm zu und betätige den Mechanismus.

Ich presse den Griff fest an seine Schulter und spüre den Rückstoß, als die Klinge ausfährt und sich ihren Weg durch Muskeln, Fleisch, Knochen und Blutgefäßen bahnt. Ein lauter Aufschrei ist zu hören und im nächsten moment bringe ich die Klinge wieder dazu, im Griff zu verschwinden. Niemand weiß, wie lang sie ist. Ausser Jeff. Schnell trete ich einen Schritt zurück und sehe ihn an. Der Kerl hat seinen rechten Arm an seine linke Schulter gehoben und verdeckt die Wunde. Doch ich kann sehen, dass seine Kleidung Blutgetränkt ist und die rote Flüßigkeit zwischen seinen Fingern hervorquillt, um über den Handrücken zu fließen und auf den Boden zu tropfen.

"Du... Du...!" zischt er nun und seine Augen fixieren mich. Sein Gesicht ist Wutverzerrt und auch ein bischen ungläubig, wenn man das so sagen kann. Er scheint nicht damit gerechnet zu haben, dass der Griff doch ein wenig gefährlich sein kann. Ich sehe auf diesen hinunter. Das Blut des immer noch unbekannten hat jenen komplett benetzt und es glänzt durch die Flüßigkeit. Auch ist es ein wenig flutschig geworden und ich werde mir noch etwas überlegen dürfen, wie ich das verhindern kann. Denn wenn ich wieder kämpfen muss, dann sollte es mir nicht aus der Hand rutschen.

"D-D-Deine Schuld. G-G-Geh zu EJ!" unterbricht Toby die angespannte Atmosphäre und geht zu mir. "Es reicht f-f-für heute. Zeig m-m-mir mal deine W-W-Waffe!" ohne auf den verletzten Kerl zu achten, drehe ich mich zu Toby und halte den Griff hoch. Wieder betätige ich den Mechanismus und die Klinge kommt herausgeschossen. Blut, dass noch an der Klinge gehangen hat, spritzt ein wenig herum und fasziniert nickt Toby. "Das ist g-g-gut!" meint er nun und ich lächle, bevor ich die Klinke wieder einfahre. "Ich muss nur sehen, wie ich dass mit dem Griff mache. Der ist so flutschig geworden!"

Dass ich gerade jemanden schwerst verletzt habe, kann ich ignorieren. Dazu führen zwei Punkte. Ich bin psychisch nicht ganz auf der höhe und ich lebe nun seit einiger Zeit mit Serienmördern zusammen. Da ist jemanden zu verletzen noch harmlos. "N-N-Nimm Leder!" Toby sieht nachdenklich auf den Griff und nickt dann. "M-M-Macht das ganze n-n-nicht so glibschig!" Ich fange an zu lächeln und sehe zu dem braunhaarigen hoch. "Danke! Ich werde wohl noch einiges über Amazon und BEN bestellen dürfen!" sage ich und fange an zu kichern. Toby legt einen Arm um mich und wir gehen gemeinsam an dem immer noch fluchenden unbekannten vorbei in die Villa.

Dass Jeff und auch EJ an uns vorbeirasen, lasse ich aussen vor. Vielleicht hat Jeff mal wieder irgendwas ausgefressen. Kann ja alles sein! Während Toby sich verabschiedet und in sein Zimmer geht, gehe ich in die Küche und wasche sowohl den Griff, als auch die blutverschmierte Klinge. Das rote Wasser fließt den Abfluss hinunter und das schwarz ist nun wieder reines schwarz und blitzt nicht rötlich auf, wenn ich es in das Licht halte. Ein angenehmer anblick und nach dem Abtrocknen mit Küchenpapier stecke ich es wieder in die Jacke von LJ, die nicht einen spitzer abbekommen hat.

Plötzlich wird die Tür aufgestoßen und ein immer noch fluchender Kerl wird von EJ und Jeff gestützt, als sie eintreten. "ICH BRING SIE UM! ICH BRING SIE WIRKLICH UM!" brüllt er nun und ich schüttle nur den Kopf, bevor ich sie dabei beobachte, wie sie ihn die Treppe hinauf schleppen und dabei wahrscheinlich einen Tinitus bekommen. Denn ich muss zugeben, dass er ein lautes Organ hat. Aber ich habe nicht wirklich irgendwelche Schuldgefühle. Er wollte es so. Hat sogar die Stelle ausgesucht! Kann ich was dafür, dass er mich unterschätzt hat? Also bitte. Soll er endlich aufhören zu meckern!

Another LifeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt