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Die schwarzen und wuscheligen Haare erinnern mich an Jeff. Ebenso die Hautfarbe. Die schwarz-weiß gekringelte Nase ist lang und spitz und der Mund ist schwarz nachgezogen worden. Die Federartigen buschen auf seinen Schultern sehen fluffig aus und generell erinnert seine Kleidung zwar an die eines Clowns... aber alles in schwarz weiß. Lässt man mal die spitzen Zähne weg, die nicht so wirklich in das Image passen. Ich zucke kurz zusammen, als er eine Hand hebt, sie vor meine Nase hält und hämisch grinst. "Willst du ein paar Süßigkeiten?" fragt er und ich sehe bunte Bonbons, die er weiß Gott woher her hat.

"LJ! Lass es! Sie gehört zu uns!" ruft Jeff und ich meine, etwas Panik in seiner Stimme hören zu können. Plötzlich spüre ich etwas an meinem Oberschenkel und ich sehe hinunter. BEN starrt LJ, wie er von Jeff genannt wurde, wütend an. "Krümmst du ihr auch in der Nacht auch nur ein Haar, werde ich dich überall hin verfolgen!" zischt er und ich fange an zu lächeln. Dann knie ich mich hin und lege dem Elfen eine Hand auf seine Mütze. "Keine Sorge. Freiwillig hält es eh fast niemand bei mir aus. Da wird er jetzt auch keine große Ausnahme sein!"

Der blondhaarige schnaubt und verschränkt die Arme. "Ich wollte es nur gesagt haben." meint er dann und ich schmunzle. "Es wird alles wieder gut, in ordnung?" frage ich und er sieht zu mir hoch. Aus reflex gebe ich ihm einen Kuss auf die Stirn. "Und jetzt beruhige dich mal wieder!" füge ich hinzu und stehe wieder auf. Ein übertrieben freundliches lächeln erscheint. "Wenn du mich in der Nacht nervst, wenn ich versuche zu schlafen, dann mach dich auf etwas gefasst das schlimmer ist als alles, was du bisher auch nur ansatzweise erlebt hast. Ich mag nämlich meinen Schlaf. Und wenn ich den nicht krieg..."

Mit einem mal sehe ich ihn schon fast emotionslos an. "Bin ich nicht so zurückhaltend und nett, wie ich es sonst immer bin. Glaub mir." Ich bedeute LJ, sich zu mir hinunter zu beugen. Den der Kerl ist leider verdammt groß und ich nun mal nicht. Misstrauisch macht er dies und ich gehe zu seinem Ohr. "In meiner Heimat hatte ich eine Macht, von der sich niemand ein Bild machen konnte, weil niemand eine Ahnung davon hatte. Meine manipulativen Fähigkeiten gehen über das hinaus, was man als normal ansieht. Das mag vielleicht nicht so toll klingen, als könnte ich kämpfen..."

Ich lehne mich wieder zurück und fange an zu lächeln. "Aber das ist das gefährliche daran. Du weißt erst, wie schlimm es sein kann, wenn du dich schon lange in meinem klebrigen Netz befindest, dass ich langsam aber kontinuirlich um dich gesponnen habe. Erst, wenn du dich nicht mehr bewegen kannst und alles mit ansehen musst ohne einzugreifen..." Meinen Kopf lege ich leicht schief und bin nun die Unschuld in Person. "Erst dann weißt du, wie schlimm ich sein kann. Meine Fähigkeit ist zwar langwierig, aber manchmal schlimmer, als der Tod selbst, den jeder von euch bringt!"

Nun herrscht eine stille, die ich aber als angenehm befinde. Meine Worte können so ihre volle wirkung entfalten und ich habe den ersten schritt getan. Die Frage ist nur, den ersten Schritt wohin? LJ fängt plötzlich an zu lachen und tätschelt mir den Kopf. "Du bist aber ein niedliches kleines Kind!" meint er nun und ich ziehe eine Augenbraue hoch, bevor ich seufe und meine Arme verschränke. "Am anfang sind sie alle gleich..." sage ich und gehe an ihm vorbei. Neben ihm bleibe ich noch kurz stehen und sehe nach vorn. "Und dann jammern sie, wenn ich sie gebrochen habe..."

Dann gehe ich weiter und auf die Treppe zu. Sowohl BEN, als auch Slenderman mit Jeff folgen mir wortlos. Du solltest vielleicht netter sein, mein Kind! meint nun Slenderman und meine Mundwinkel zucken für einen moment, bevor ich mich auf der Treppe umdrehe. "Ich habe ihn nur gewarnt. Wer meine Warnungen in den Wind schlägt, ist selbst daran schuld." entgegne ich und gehe weiter die Treppe hoch. Ich habe zwar keine Ahnung, wo mein Zimmer ist. Aber ich erklimme einfach weiter die Stufen. Oben dann bitte rechts und dann das zweite Zimmer auf der linken seite! gibt mir Slendermand die anweisung und ich folge.

Im Raum angekommen, bleibe ich stehen und balle ersteinmal meine Hände zu Fäuste. In dem leeren Zimmer stehen die Kisten mit meinem gesamten Leben darin. Meine Kleidung, meine Bücher, Gamingzeug, Poster, Ordner, Kuscheltiere, Zeichenzeug und alles, was ich sonst noch so besitze. In dem Zimmer stehen von haus schon ein Bett, ein Kleiderschrank und ein Schreibtisch mitsamt Stuhl und kleinem Nachttischchen. Wir lassen dich jetzt am besten in ruhe. Wenn etwas sein sollte: Mein Büro ist am ende des flures auf der rechten seite. Ansonsten kannst du auch ruhig in die Küche gehen und dir was zu essen oder trinken holen!

Und mit diesen Worten verschwinden sowohl BEN, Slenderman und Jeff. Wobei Jeff im moment nur herumgetragen wurde und selbst nicht so wirklich entscheiden konnte, wo er jetzt eigentlich hin kommt. Als die Türe in das Schloss fällt, zucke ich wieder zusammen. Doch schnell habe ich mich wieder eingekriegt und starre auf den Haufen, der vor ein paar Stunden noch mitsamt mir in meinem Elternhaus war. Und jetzt? Jetzt hat mein Leben eine wende von 180 Grad gemacht und ich steuere auf einen sehr komischen Lebensabschnitt zu, bei dem ich mir nicht sicher bin, ob ich ihn überleben werde.

Stumm gehe ich zu dem einzigen Fenster, dass das Zimmer besitzt und sehe raus. Es ist eigentlich verdammt schön und freidlich hier. Die Vögel singen, die Sonne strahlt auf den Wald, der in den verschiedensten Grüntönen erstrahlt und am Himmel ist im moment kein einziges Wölkchen zu sehen. Und doch fühle ich mich einsamer denn je. Obwohl ich weiß, dass hier viele Leute wohnen und sich um jemanden kümmern könnten. Ich lege meine Arme um mich selbst und starre einfach nach draussen. Mein Hirn ist ausnahmsweise mal leer. Es hat nichts zu tun, denn ich habe keine Fäden mehr, die es zu ziehen gibt.

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