"Links." brumme ich nur, als Jeff vor mir hergeht. Mit eine genervten Blick dreht er sich zu mir um. "Hast du keine Ahnung mehr, wie man zu dir kommt, oder wieso willst DU falsch gehen?" murrt er und ich verdrehe die Augen. "Wenn du unbedingt den langen weg gehen willst, dann bitteschön." sage ich und ducke mich unter ein paar Ästen hindurch. "Aber ich gehe die Abkürzung!" Es ist kein offizieller Weg, den ich hier begehe. Aber ich habe ihn schon früher entdeckt, da ich viel hier herum gestreunert bin und nach Abenteuern und dem Traumprinzen gesucht habe, der vielleicht auftachen könnte.
"Warte." kommt es nur muffig von Jeff und schon höre ich das rascheln der Blätter hinter mir. Etwas zufrieden, gehe ich weiter und bahne mir einen Weg, durch das Gebüsch und die Dornen, die ich mir teilweise einziehe. Aber ich habe kein Problem damit, diese später einfach wieder rauszuziehen. Erinnerungen an meine Kindheit kommen hoch und ich fange für einen moment an zu lächeln. Wie unbeschwert ich damals war. Unschuldig. Nicht so, wie heute. Nicht so manipulativ. Einnehmend. Für sich gewinnend. Einfach nur ein kleines Mädchen, dass die Welt sehen wollte und dafür so manche schramme in kauf genommen hat.
Am Ende des Weges angekommen, richte ich mich auf und ziehe mir dann langsam die Dornen heraus. Es ziept hier und dort, aber es geht eigentlich. Nichts blutet und das ist die hauptsache. "Warte hier kurz. Ich bin gleich wieder da." sage ich leise und gehe normal auf den Gehweg, der mit dem wald über ein kleines Stück Wiese verbunden ist. Dann gehe ich zu meinem Elternhaus und bleibe davor stehen. Betrachte es ein wenig wehmütig und ein schiefes lächlen erscheint auf meinem Gesicht, als ich auf das Dach sehe. Dort habe ich immer geseßen, wenn ich meine ruhe haben wollte.
Ich zucke zusammen, als ich eine Hand auf meiner Schulter spüre und drehe mich abrupt um. Doch schnell entspanne ich mich wieder, als es nur Jeff ist, der sich neben mich gestellt hat. "Ich habe gesagt, dass du warten sollst." brumme ich missmutig und er will etwas erwiedern, als plötzlich die Haustüre aufgeht. Meine Mutter kommt heraus und sieht uns misstrauisch an. "Kann ich irgendwie helfen?" ruft sie von der Veranda aus und ich bin für einen moment geschockt. Kann mich nicht bewegen und sogar das atmen vergesse ich. Alles ist zeittechnisch irgendwie stehen geblieben und läuft für mich nicht weiter.
Doch Jeff nimmt nur meine Hand in seine und verschränkt seine Finger mit meinen. Diese Geste bringt mich aus meiner Starre und ich fange an zu lächeln. Dann hebe ich unsere Hände. "Tut mir leid, wenn wir Sie gestört haben! Ich und mein Verlobter suchen nur nach einem Haus und ich habe mich in diesen Stil Ihres Hauses verliebt!" rufe ich zurück und sehe, wie das Gesicht meiner Mutter sanfter wird. "Wie schön, dass unser kleines und bescheidenes Häuschen als Inspiration dienen kann!" ruft sie zurück und von hinten kommt mein Vater, den meine Mutter aber schnell aufklärt. Auch er nickt zufrieden.
Ich zittere leicht und lächle einfach weiter. "Eine erfolgreiche suche noch!" ruft meine Mutter wieder und ich winke ihr mit der anderen Hand zu. "Dankeschön!" rufe ich zurück und wir gehen weiter. Weiterhin Händchenhaltend. Aber es hilft, das muss ich schon zugeben. Wir gehen eine weile, bevor Jeff mich ansieht. "Geht's wieder?" fragt er und ich sehe nur auf die Seite. Ich habe es mir auf so vielen Ebenen ausgemalt, wie es sein wird. Habe gedacht, dass mich nichts mehr schocken könnte. Und doch ist es anders abgelaufen, als ich dachte. Einen ticken schlimmer, als ich es mir vorgestellt habe.
Es ist nur ein leichtes seufzen zu hören, als Jeff stehen bleibt und mich einfach in den Arm nimmt. "Vielleicht hörst du nächstes mal auf Slendy." murrt er nur und ich tue das einzige, was mir im moment einfällt. Meine Hand aus seiner lösen, meine Arme um seine Hüfte und auf seinen Rücken legen und den Kopf an seiner Brust vergraben. Ich spüre, wie er zögerlich meine Geste kopiert und seine warmen Hände auf meinem Rücken liegen. Meine Augen sind geschlossen und das zittern meines Körpers ist deutlich zu spüren. So deutlich, dass ich näher an ihn gedrückt werde.
"Willst du wieder zurück?" fragt Jeff nach einer weile und ich sehe ihn von unten an. "Nein." erwiedere ich und er runzelt kurz die Stirn. Seufzend löse ich mich wieder und trete einen Schritt zurück. "Wenn ich jetzt meiner psyche nachgebe, dann ist alles umsonst!" und mit diesen Worten drehe ich mich um und gehe weiter. Jeff schließt schnell zu mir auf. "Wo willst du noch hin?" er klingt misstrauisch und ich sehe nach vorn. "Zwei stellen werde ich noch abklappern. Meine alte arbeit und den Platz, an dem meine Leute sich immer treffen, um die neuigkeiten auszutauschen."
"Das ist keine gute Idee!" brummt der schwarzhaarige und ich schnaube. "Das habe ich auch schon Slendy gesagt, als er gemeint hatte, dass du mitkommst!" erwiedere ich nur und gehe weiter. Zu meiner Arbeit ist es nicht weit von zuhause aus und schnell haben wir sie erreicht. "Du hast in einem Klinikum gearbeitet?" der überraschte ausruf von Jeff lässt mich schmunzeln. "Jap. Deswegen auch meine Kenntnisse. Wenn du mit den Oberärzten hier perdu bist, dann lernst du mehr, als du eigentlich je brauchen wirst!" ein bischen stolz hebe ich mein Kinn, bevor ich mit entschlossenen Schritten rein gehe. Gefolgt von Jeff.
Es ist wirklich komisch, wenn dich die Leute, mit denen du gearbeitet hast, nicht mehr wiedererkennen. Niemand grüßt einen und selbst meine Chefin nickt mir nur zu, als wäre ich ein normaler besucher. Doch hier kommen nicht ansatzweise die Emotionen auf, die ich bei meinen Eltern gespürt habe. "Das wars. Jetzt nur noch in die Altstadt!" sage ich und wir treten aus dem Klinikum, nachdem ich mir durch meinen Automatismus, die Hände desinfiziert habe. Stumm folgt mit Jeff und sieht sich nur in der Gegend um, während ich einen altbekannten Weg gehe, den ich wohl nicht mehr so oft betreten werde.
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Another Life
FanfictionSera hat einen Freund, den sie noch nie zuvor gesehen hat. Dennoch weiß dieser alles über sie. Was sie in wirklichkeit macht. Wie sie Leute manipulieren kann. Und was wirklich hinter ihren Aktionen steckt. Die beiden treffen sich immer in einer Höhl...