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Ich seufze leise. Also Plan Nummer zwei. Gerade will ich auf das Zimmer meiner Mutter zugehen, als auch sie die Treppe hochkommt und ich mich wieder, an Jeff gepresst, in die Dunkelheit dränge. Sie gähnt und macht das Licht unten und dann auch im Gang aus, als sie ebenfalls in ihr Zimmer geht und die Tür schließt. Und das war's dann auch mit Fluchtweg zwei und drei. Denn meine Eltern müssen öfters in der Nacht auf die Toilette. Und über das Bad wäre es Nummer drei gewesen. Unten kommen wir auch nicht mehr raus, da es abgesperrt ist und es zu laut ist, den Schlüssel hervor zu holen.

Mein Zimmer habe ich selbst verschlossen, als ich die Rollos runtergelassen habe. Also bleibt nur noch ein Weg, der einigermaßen leise wäre. Wortlos nehme ich Jeff's Hand und wir schleichen uns auf den Dachboden. Währenddessen höre ich schon das Schnarchen der beiden und ein zufriedenes grinsen erscheint auf meinem Gesicht. Oben angekommen, hole ich einen Stuhl und will ihn unter ein Fenster schieben, als Jeff mich zurück hält. "Zu auffällig!" flüstert er und zieht mich zum Fenster. "Wir machen eine Räuberleiter!" fügt er ebenso leise hinzu und macht das Fenster auf. Groß genug dafür ist er ja.

Entschlossen nicke ich und knie mich hin. Auch er nickt und er steigt in meine Hände, die ich zu einer Art Schaufel geformt habe. Mit leichtigkeit klettert er auf das Dach und sieht sich schnell um, bevor er sich hinkniet und mir eine Hand hinhält. Ohne groß darüber nachzudenken, greife ich sie und ohne Probleme werde ich hochgezogen. Ein wenig klettere ich auch selbst, aber eigentlich nur, um von Fenster wegzukommen. Jeff macht dieses zu und sieht mich dann an. "Und was jetzt?" fragt er und ich fange an zu schmunzeln. "Wann hast du das letzte mal gebadet?"

Verwirrt sieht er mich an und legt den Kopf schief. "Was hat das mit einem Fluchtplan zu tun?" meint er und ich stehe auf, bevor ich ihm eine Hand hinhalte. "Entweder Baden gehen oder Knochen brechen!" sage ich etwas amüsiert und er steht mit meiner Hilfe auf. "Wie meinen...?" Er scheint immer noch nicht ganz zu verstehen und ich drücke seine Hand. "Vertraust du mir?" frage ich nun ernst und kurz zögert er einen moment, bevor er nickt. Die Szene erinnert mich an die Szene in der Höhle. Damals bin ich ein wenig beleidigt und einsam abgehauen. Und vorallem enttäuscht.

"Dann komm!" rufe ich und fange an zu laufen. Er folgt und wir laufen auf den Abschluss des Daches zu. "Spinnst du?!" ruft er, doch ich sehe ihn nur entschlossen an, bevor ich wieder nach vorn sehe und noch einmal beschleunige. Unsere Schritte hallen über die Dächer hinweg und ich halte Jeff's Hand noch fester als zuvor. Der Wind weht in unseren Haaren und das Ende kommt immer näher. "Wir springen in den Baum?!" ruft er nun etwas entsetzt, doch ich beantworte die Frage nicht, sondern laufe einfach weiter. Und am Ende des Daches angekommen, springe ich mit aller Kraft ab.

In der Luft, werden wir sofort nach unten gezogen und von der Schwerkraft unerbittlich an die Physikalischen Gesetze erinnert. Die Ausläufer der Bäume kommen auf uns zu, streifen uns aber nur für einen moment und das Rascheln ertönt, als wir hindurch fallen. Ein flaues Gefühl stellt sich in der Magengegend ein und der Boden kommt immer näher. Fliegt uns schnell entgegen und für einen moment glaube ich, einen Fehler gemacht zu haben. Doch dann sehe ich, dass es passt und schließe schon einmal meine Augen. Auch strecke ich meine Beine aus und warte auf den Aufprall, der auch schon im nächsten moment ist.

Mit einem lauten Platschen tauchen wir in den Pool meiner Eltern ein und sinken sofort ersteinmal zu Boden, bevor wir beide fast gleichzeitig die Wasseroberfläche durchbrechen und nach Luft schnappen. Mit einem fetten grinsen wische ich mir das Wasser aus meinem Gesicht und schwimme zum Poolrand, bei dem ich aus jenem steige und auf Jeff sehe, der ebenfalls auf den Rand zugeschwommen kommt. Seine maske hängt nur noch auf einer seite seines Ohres und sein Gesichtsausdruck ist alles andere als begeistert, als er sich triefend aus dem Pool stemmt und sich neben mich stellt. Finster und Todbringend, passt im moment eher.

Doch ich richte nur seine Maske und laufe dann in den Wald, an den das Grundstück grenzt. Dort laufen wir ersteinmal ein wenig, bis wir die Häuser nicht mehr sehen können und eine kurze Verschnaufspause für mich einlegen können. "Hast du noch alle Tassen im schrank?!" zischt Jeff nun und ich keuche noch ein wenig, bevor ich mich aufrichte und ihn amüsiert ansehe. "War der einzige weg!" bringe ich raus und komme ersteinmal wieder zur Ruhe, bevor ich es ihm erkläre. Die fünf wege, wie man eigentlich raus kommt. Und wieso wir keinen dieser genutzt und stattdessen gebadet haben.

"Wie viel Pläne hast du bitteschön?!" fragt er nun leicht erstaunt und ich seufze, ehe ich den Griff in meiner Hand in der Jackentasche habe. "Normalerweise so viele es nun mal gibt. Ist praktischer!" erwiedere ich und strecke mich. "Kannst du jetzt Slendy holen? Langsam wirds kalt und ich habe keine Lust, dass einer von uns beiden oder alle beide, nachher krank und mit ner Lungenentzündung im bett liegen!" sage ich und Jeff nickt, ehe es für einige Zeit ruhig ist. Natürlich kann ich auch mit Slendy kommunizieren. Aber für mich ist es einfach noch ungewohnt und irgendwie auch nicht so angenehm.

"Er kommt gleich, hat er gemeint." sagt mir Jeff bescheid und ich nicke, ehe ich mich gegen einen Baum lehne. Der Tag war anstrengend. Körperlich und Geistig. Aber vorallem Psychisch ist bei mir einiges abgelaufen, von dem ich nichteinmal eine Ahnung hatte, das so etwas existiert. Durch die nasse Kleidung ist mir ziemlich kalt geworden und ich schlinge die Arme um mich, ehe ich die Augen schließe. Das wird eine lange Nacht werden. "Komm. Du zitterst schlimmer, als bei dem aufeinandertreffen mit deinen Eltern." meint Jeff und ich sehe auf. Er sitzt ein wenig entfernt auf dem Waldboden und blickt mich an.

Wortlos stoße ich mich vom Stamm ab und gehe zu ihm. Ebenfalls stumm, macht er die Beine breit und ich setze mich mit dem Rücken zu ihm vor ihn hin. Seine Arme gehen um mich und drücken mich an ihn. Ich lege meine Hände auf seine, sodass sie nicht wieder so kalt werden und lehne mich an seinen Oberkörper. "Verdammt viel passiert heute, hm?" kommt es von ihm und ich nicke, ohne ihn anzusehen. Mein Blick geht starr nach vorn und mein Hirn versucht gerade, alles irgendwie auf die Reihe zu bekommen. "Nach der warmen Dusche ein Bier?" Wieder ein stummes nicken von mir.

Another LifeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt