Als wir vor einem großen Haus ankommen, bin ich sehr skeptisch. Die Tür hängt nur noch an der unteren Angel und zeigt eine dunkle schwarze leere, die einmal das innere des Hauses war. Fenstergläser sind zerbrochen und teils auch gar nicht mehr vorhanden. Das Holz der Veranda ist alt, morsch und mit grünlichem Moos überzogen. Der Wind pfeift durch jedes einzelne der vielen Löcher und lässt einen schaurigen Ton erklingen, der mir Gänsehaut bereitet. Ich fühle mich nicht ganz so wohl und würde gerne umkehren. Wenn nämlich der Kater das gefährlichste hier ist, werde ich mit dem Rest locker klar kommen!
Doch die anderen gehen einfach weiter und auch BEN drängt mich dazu, mich und auch ihn nicht wieder zurückfallen zu lassen. Zögerlich gehe ich hinter ihnen her und sehe mich mit großen Augen um. Sauge die gesamte Umgebung in mich auf und versuche, nicht ein einziges Detail auf der Strecke bleiben zu lassen. Oh, warte! Ich habe für dich ja etwas vergessen! meint nun Slenderman und mir wird auf einmal verdammt schlecht. Die Sicht verschwimmt vor meinen Augen und ich fange an zu torkeln. Ich schaffe es gerade noch, BEN runter zu lassen, bevor ich auf die Knie sinke und keuchend atme.
"Sera!" höre ich eine Stimme, doch es klingt so, als würde sie durch Watte sprechen. Die plötzliche Übelkeit verschwindet auch so schnell, wie sie gekommen ist und ich kann wieder normal atmen. Der Druck auf meiner Brust ist verschwunden und ich öffne meine Augen, die ich geschlossen hatte. Mein Blick klärt sich und ich bleibe noch für einen moment, bevor ich aufsehe und mir der Atem wieder stockt. Mein Kopf dreht sich von rechts nach links und ich habe das Gefühl, als dass ich im falschen Film bin! Höchst verwirrt setze ich mich auf meinen Hintern und blicke fassungslos umher.
Statt dem düsteren und trüben grauen Himmel, leuchtet ein wunderschöner blauer Himmel, der höchstens durch ein paar weiße Wölkchen unterbrochen wird. Die Sonne scheint warm auf uns runter und auch der Wald hat sich verändert. Wo vorher noch dunkle farben geherrscht haben, strahlt das grün der Blätter und Nadeln der Tannen. Das Gras ist ebenfalls wunderschön und weich. Dann drehe ich meinen Kopf zum Haus und schlucke. Aus der alten, verlassenen und wahrscheinlich auch heimgesuchten Bruchbude, ist eine wunderschöne Holzvilla geworden, deren Terasse mit dem Schaukelstuhl zum verweilen einlädt. Die Fenster sind ganz und von innen kann man lachen und fluchen hören.
"Was zur Hölle..." murmle ich und BEN stellt sich grinsend neben mich. "Willkommen in der Villa der Creepypastas!" sagt dieser und ich starre immer noch etwas fassungslos auf das Gebäude. "Hä?" kriege ich noch raus, bevor Slenderman zu mir kommt und sich mitsamt Jeff zu mir hinunterkniet. Ich habe eine Schutzatmosphäre aufgebaut, sodass man uns nicht so schnell finden kann. Und du hast dich geistig ein wenig gewehrt, als ich die Barriere für dich aus deinem Hirn entfernt habe. Deswegen deine Reaktion! Es tut mir wirklich leid, aber anders ging es nicht. erklärt dieser und als ich immer noch nicht wirklich reagiere, hebt er mich auch hoch.
Ich sitze nun neben Jeff auf dem Arm von Slenderman und bekomme das nicht so wirklich in meinen Schädel. Also mache ich das einzige, was mir im moment so einfällt. Ich lehne mich an ihn und bewege mich sonst nicht. "Dein ernst?" brummt dieser und ihm missfällt scheinbar meine Aktion. Langsam hebe ich meinen Kopf, sodass ich ihn ansehen kann. Für einen moment reisst er kurz seine Augen auf, bevor er seufzt und nach vorn sieht. "Wenns sein muss." mault er nun und ich sehe auch wieder nach vorn.
Slenderman trägt uns den Rest des Weges, bevor er mich vor der Tür runterlässt. Geh du als erstes rein. Unsicher sehe ich wieder zurück, doch er nickt mir nur zu und ich hebe etwas zögerlich meine Hand an die, im Sonnenlicht blitzende Messingklinke. Das Metall fühlt sich leicht warm an, als ich es runterdrücke und ohne quietschen geht die Tür nach innen auf. Ich reisse mich zusammen und setze einen Gesichtsausdruck auf, den ich immer aufsetze, wenn ich nach außen hin stark wirken will. Dieser zeigt entschlossenheit. Keine Angst. Vorsicht. Und ein kleines, aber gesundes Maß an Neugierde, die man hin und wieder braucht.
Meine Augen flitzen von links nach rechts und es ist komisch. Aber ich fühle mich irgendwie zuhause. Ein großer und warm gestalteter Eingangsbereich, der nahtlos in ein ebenfalls großes Wohnzimmer über geht. Helle Holzbodendielen sind verlegt worden, die Wände sind mit Bildern und sonstigem geschmückt und es gibt sogar einen Holzofen, der aber nicht an ist. Auf einem großen Teppich steht eine lilane, schon etwas ältere Couch. Vor dieser, an der gegenüberliegenenden Wand, hängt ein großer Flachbildfernseher, der mit verdammt vielen Konsolen verbunden ist. Ein kleiner Couchtisch steht davor, auf dem getränke, zeitschriften und die Fernbedienung liegt.
Rechts geht es in die Küche, die nicht wirklich klein ist. Ein Tisch für mindestens 12 Personen steht dort und in der rechten hinteren Ecke ist ein neuer Raum, der aber nur durch einen Vorhang von der Küche getrennt ist. Wahrscheinlich die Vorratskammer. Hinter der Couch, an der rechten seite nach der Küche, geht eine Treppe hoch in das obere Geschoss. Wenn ich raten müsste, sind dort die Schlafzimmer aller hier lebenden Personen oder Wesen, wie es Selnderman so schön beschrieben hat. Und nun auch meines. Denn das hier ist mein neues Heim. Und hier werden die einzigen Personen leben, die von meiner Existenz wissen.
Ich drehe mich zu Slenderman um und will gerade etwas fragen, als ich etwas klauenartiges auf meiner rechten Schulter spüre. Kein Mucks kommt über meine Lippen und ich habe sogar aufgehört zu atmen. Langsam sehe ich auf meine Schulter und drehe mich ebenfalls langsam zu demjenigen, der diese Klauenartige Hand gehört. Erleichtert atme ich aus und sehe mir den Kerl an. Zwar rast mein Herz immer noch und mein Adrenalinspiegel ist wahrscheinlich jenseits des messbaren, aber immerhin ist es nicht das, was ich befürchtet habe. Denn dann wäre ich wahrscheinlich kreischend weggelaufen. Aber ein Clown ist vollkommen in Ordnung.
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Another Life
FanfictionSera hat einen Freund, den sie noch nie zuvor gesehen hat. Dennoch weiß dieser alles über sie. Was sie in wirklichkeit macht. Wie sie Leute manipulieren kann. Und was wirklich hinter ihren Aktionen steckt. Die beiden treffen sich immer in einer Höhl...