|18| Ein Abend voller Emotionen

31 1 0
                                    

Augustin meinte, dass ich mich lieber noch ein bisschen amüsieren sollte und nicht die ganze Zeit Trübsal blassen sollte. Ich habe ihn nur zornig angeschaut und gab ein wehleidiges Seufzen von mir. Das sanfte Streuben auf meiner Haut hat etwas beruhigendes an sich. Als würde ich diesen frischen Windhauch aufnehmen und es als Beruhigungsmittel benutzen. Meine Augen sind schon eine ganze Weile geschlossen. Ich merke, dass ich diese Ruhe gebraucht habe. Mein Verstand ist nun so klar wie er sein kann.

Mein Ziel ist Mia zu suchen um dann endlich von hier abzuhauen und diese Party so schnell wie möglich zu vergessen. Wo könnte ich als Junge ein Mädchen mitnehmen auf einer Party? Ich weiß es einfach nicht. Die beiden könnten überall sein. Das Überall beschränkte sich dann plötzlich nur noch auf dem Pool im Garten. Mias Stimme könnte ich kilometerweit erkennen. Also eilte ich dort hin und sah, dass jeder im Garten war. Wirklich jeder, sogar Clara mit Lucas. Ich bemerkte die Blicke von Lucas auf mir, aber ich ignorierte sie gekonnt.

Dort stand Mia. Ein wenig von der Spur aber es war sie. Meine Rettung stand dort in den Armen von Marco. Ich eilte zu ihr und bemerkte, dass irgendetwas nicht stimmt. Sofort kniete ich mich zu ihr und strich ihre rot angehauchten Wangen, die brennheiß waren. Marco schaute nur dabei zu und man merkte an seinem Gesichtsausdruck, dass er ziemlich ahnungslos ist. Mia lächelte nur weiter. Sie muss bestimmt etwas getrunken haben.
In so einer Verfassung habe ich sie noch nie gesehen. Sie hasst Alkohol abgrundtief. In diesem Moment anscheinend nicht wirklich, weil sie ihr Glas anhebt und einen Schluck trinkt.

„Sophia, da bist du ja! Wo warst du die ganze Zeit?" brabbelte sie mir zu und machte es mir schwer nicht zu lachen. „Hilf mir! Ich will diesen Dämon in mir haben!" schreit sie und machte mir umso mehr Sorgen. Ich hob sich hoch und versuchte sie aus dem Blickfeld aller Gäste zu bekommen. Sie hielt ihren Kopf nur nach unten und schniefte ununterbrochen. Drinnen angekommen, legte ich sie auf eine Coach und wischte einpaar hervorkommende Tränen von ihr weg.

„Ich will nicht wie mein Vater sein! Ich will das nicht! Sophia, bitte! Dieser Dämon schadet mich ohnehin schon!" heulend schnappte sie meine Hand und drückte sie ganz fest. Ich ließ es zu und versuchte sie durch Streicheln ihres Oberarmes zu beruhigen, jedoch ohne Erfolg.

„Warum hast du überhaupt etwas getrunken? Du hast gemeint, dass du nie in deinem Leben trinken wirst!" fragte ich sie ruhig. Sie schniefte noch kurz und sah mich wehleidig an. Ich konnte sehen, dass sie es sehr bereut. „Warum, Mia? Du brauchst soetwas nicht!" Mia schaute mich weiterhin ratlos an und schüttelte dabei stets ihren Kopf.

„Ich wollte es ausprobieren um mir ein besseres Bild über mein Vater zu machen! Ich dachte, dass er es absichtlich macht, aber nun verstehe ich, dass er es nutzt um seine Trauer zu kontrollieren! Der Dämon hilft ihn!" gab sie vollkommen überzeugend von sich. Es schmerzt ihr und ich empfinde wenn auch nicht den gleichen Schmerz wie sie. Man merkt, dass Mia Alkohol komplett verabscheut. Als hätte sie ein Gespenst gesehen zuckte sie aufeinmal weg und dabei weiteten sich ihre Pupillen extrem.

„Ich will das hier nicht sein! Ich hasse es! Ich hasse mich! Sophia, was habe ich nur getan?! So bin ich doch nicht!? Ich will nicht mehr von diesem Dämon beeinflusst werden! Ich will nicht wie mein Vater werden! Nein! Hilfe! Bitte!" so verzweifelt habe ich sie noch nie gesehen. Obwohl ich ihr Rücken kraule, merke ich nicht, dass es ihr besser geht. Sie ist in tiefster Reue und Verzweiflung gestürzt. Ihr Herz rast quasi und sie schluchzte die ganze Zeit. Ich merke an meiner Schulter die Tränen. Nun streiche ich ihr sanft über ihr Kopf, aber auch das hilft nicht. Ich hätte es wissen müssen! Das war mein Fehler! Ich hätte sie nie alleine lassen sollen! Durch meine Schuldgefühle kommen mir auch nun die Tränen. Es wäre alles besser gewesen, wenn wir nie das Haus verlassen hätten.

„Bitte, Mia! Hör auf! Der Alkohol spricht gerade aus dir! Du bist nicht dein Vater! Dafür bist du zu selbstlos, zu verantwortungsbewusst und zu stark. Ich kenne niemand anderen der so stark ist wie du es bist! Du hast ein goldenes Herz und dich kann keiner runter kriegen! Du bist mein Kompass! Immer wenn ich mich verloren vorkommen, kann ich zu dir kommen und du zeigst mir dann wieder den richtigen Weg! Also hör auf dich so niederzumachen und lasse gefälligst ab von diesem Dämon!" anstatt Mia zu trösten, habe ich sie noch mehr zum weinen gebracht. Der wesentliche Unterschied ist, dass sie dazu noch lacht und mich umso glücklicher macht. Wir umarmen uns lachend und verweilen auch so.

„Womit habe ich dich verdient?" fragte mich Mia komplett aufgelöst. Ich schüttelte nur bedenklich meinen Kopf und griff nach ihren Händen. „Du hast nur das Beste verdient! Vergiss das nie!" schon wieder nahmen wir uns in den Armen und weinten dabei ausnahmsweise nicht. Ich muss sagen, dass dieser Abend alle Gefühle in mir hervorgebracht hat. Sei es Trauer, Leid bis hin zu Glück und vielleicht auch Eifersucht, alle Gefühle waren mit dabei. Partys sind anscheinend sehr emotional.

„Hey, ich glaube, dass wir genug Party für Heute gemacht haben! Sollen wir nachhause gehen?" fragte ich Mia, die nur zustimmend nickte. Langsam hob ich sie auf und vergewisserte mich dabei ob sie gerade stehen konnte, was sie auch konnte. Bevor ich mit Mia nachhause gehe, wollte ich mich noch bei Augustin verabschieden. Also forderte ich Mia auf, dass sie hier auf mich warten soll. Wieder im Garten angelangt, merkte ich die Blicke der Menschen hier. Unangenehm ging ich umher und schaute nach Augustin.

Die Leute wandten sich wieder ab und das erleichterte mich enorm. Deswegen konnte ich dann auch normal weiter suchen bis mir ein Anblick ein Stich in meiner Brust bereitete. Dieser Stich verzerrte sich auf mein ganzen Körper und machte mir das Atmen schwer. Clara umschlungen um Lucas im Pool bereitet mir ein Brodeln, das ich noch nie in mir so gespürt habe. Meine Augen werden auch ziemlich glasig und ich merke, dass ich schon wieder zu emotional werde. Du lässt mich nicht klar denken. Das waren seine Worte. Es fällt mir schwer wegzuschauen, so sehr wie es mir schwer fehlt diese aufkommende Gefühle zu akzeptieren.

„Sophi! Hast du etwas verloren oder warum schaust du dich hier so genau um?" holte mich die nervige Stimme von Clara wieder ins Hier und Jetzt. Am liebsten hätte ich meinen ganzen Frust rausgeschrien und Claras perfekte Haare rausgerissen, aber dafür war ich zu einem gut in Fassung und zum anderen fehlt mir die Kraft.

„Hat es dir die Sprache verschlagen oder warum stehst du angewurzelt dort." sagte sie provozierend und kam mir immer näher. In der Hand hielt sie ein Glas mit Alkohol drinnen. Je näher sie kam, desto näher kam mir das Brechen wegen ihrer ausstrahlenden Arroganz.

„Wenn du es mir jetzt mit Lucas versauen willst, dann kann ich dir nichts versprechen!" so sehr sie es ernst meinte, so sehr musste ich mir ein Lachen unterdrücken, wegen dieser Drohung. Clara merkte meine Unterdrückung und ihre Miene wurde immer finsterer. Eine Stille kehrte ein in der wir uns nur misstrauisch ansahen.

Plötzlich aber fing Clara wie aus dem Nichts an zu grinsen und verwirrte mich umso mehr bis ich dann aber etwas kühles auf mir spürte. Es war der Inhalt von Clara's Glas auf meiner Kleidung. Erschrocken und verpelxt ging ich einen Schritt zurück und bückte mich damit der Alkohol nicht an meiner Haut gelangt, was jedoch zu spät war. Das hat sie absichtlich gemacht! Lucas kam sofort her und schaute die ganze Zeit zwischen mir und Clara. Das Grinsen aus ihr verschwand dann und nun tat sie so als wäre es ein Versehen gewesen.

„Ups! Das wollte ich nicht! Ich bin aber tolpatschig! Tut mir Leid!" wie gut sie sich verstellen konnte. Ich stand nur komplett aufgewühlt da und kämpfte gegen die aufkommenden Tränen an. Der Abend ist mir zu emotional. Lucas sah mich weiter nur bemitleidend an und machte es mir umso schwieriger. Ich hasse Mitleid.

Ich drehte mich um und rannte davon. Es wurde mir zu viel. Was habe ich ihr angetan? Warum sieht sie mich als Bedrohung? Ich habe doch nichts gemacht!? Im Hintergrund konnte ich die Rufe von Lucas wahrnehmen, jedoch brauche ich seinen Mitleid nicht. Nur wegen ihm bin ich in so einer Situation gekommen. Er rief immer weiter und ich entfernte mich immer weiter. Ich will ihn nicht sehen. Ich will niemanden sehen.

Alles was schief gehen konnte ist auch schief gelaufen. Schlimmer kann ein Abend doch nicht mehr werden...

Wie das Schicksal alles ändern kann Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt