|28| Hoffnungslose Fälle

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Ich kann seitdem Tag im Roller nicht mehr richtig Fuß fassen. Lucas hat mir eine Menge Sachen in den Kopf gesetzt, welche mich jeden Tag jetzt begleiten. Vanessa und Bruno haben meine Laune erkannt und machten sich Sorgen. Vanessa hat die letzten Tage bei mir geschlafen, weil ich im Schlaf oft geschrien habe. Bruno versucht es mir einfacher zu machen mit seinen Humor, aber ich kann nicht. Nicht jetzt.

Heute treffe ich mich mit Lucas im Park. Wir haben vor unsere gesammelten Ideen einander zu präsentieren und dann endlich mit der Gliederung des Projektes zu beginnen. In der Schule sah ich Lucas nicht so oft. Wenn ich die beiden nach ihm gefragt habe, haben sie stets abgewunken und irgendeine Lüge erzählt. Mia ist wie immer voller Tatendrang. Bei ihr kann ich wenigstens kurz abschalten, aber auch nur kurz.

Matteo hat mich jeden Abend angerufen und mich gebeten mal wieder zu ihnen zu gehen. Ich konnte nicht in meiner jetzigen Verfassung zu ihm. Es würde ihn belasten und er soll nicht wieder den Eindruck bekommen, dass es mir schlecht geht. Luna hört auch nicht auf mich zu bieten, aber ich will nicht zwischen ihnen kommen. Sie würde bestimmt denken, dass ich nur eine Last für meinen Bruder bin. Das denkt sie sicher nicht, aber ich würde sie verstehen wenn sie so denken würde.

Wir hatten letzte Stunde den Geschichte Test, aber der war einfacher als gedacht. Nun warte ich auf die Klingel um endlich diesen langen Schultag zu beenden. Mia konzentrierte sich komplett auf ihr Buch vor ihr und wirkte auch nicht bei der Sache. Sie hat lange nicht mehr von ihrem Vater geredet. Ich hoffe es geht ihr gut. Tief in Gedanken merkte ich fast nicht das Klingeln. Alle standen auf und in null Komma nichts war der Raum schon fast leer. Ohne ein Wort zu sagen gingen Mia und Ich auch endlich los.

„Sophi, Kannst du mich nachhause begleiten? Ich brauche heute deine Unterstützung." wie aus dem Nichts kam die Bitte und durch ihre verletzliche Stimme machte ich mir nur noch mehr Sorgen.

„Alles in Ordnung? Ist etwas mit deinen Vater passiert?"

„Es ist kompliziert. Es hat ausnahmsweise nicht mit meinen Vater zu tun, sondern wegen meiner Mutter." wenn Mia schon so reagiert, dann ist was mit ihrer Mutter passiert. Ich wollte zustimmen, aber dann ist mir Lucas eingefallen. Unsere Verabredung wegen des Projektes haben wir schon lange ausgemacht. Aber wenn ich Mia so sehe, kann ich sie auch nicht alleine lassen. Ich zögerte und Mia verstand mein Problem. Sie nickte nur betrübt.

„Ich weiß, dass du dich heute mit Lucas triffst, deswegen wollte ich nur kurz meine Frust ablassen. Sophi, bitte! Ich brauche ein gutes Ohr und vor allem deinen Rat." Sie bittet mich fast nie für etwas. Es ist ihr sehr wichtig, sonst würde sie mich heute sicher nicht nach Hilfe fragen. Ich stimmte ihr entscheidend zu und packte sie erstmal in eine Umarmung. Sie seufzte erleichtert auf und machte mich nur neugieriger. Wir setzten uns in Bewegung und man erkannte schon an ihrer Stirn, dass sie erleichtert ist das ich sie unterstütze, aber das muss für ihr eigentlich klar sein. Ich würde ihr immer helfen und vor allem wenn es ihr so ergeht wie heute.

„So als mein Gast frage ich dich ob du hungrig oder durstig bist?" Sie brachte mich zum lachen, was mit auch in den letzten Tage schwer fiel.

„Wasser genügt, sonst überanstrengst du dich noch so schusselig wie du bist." Mia erwiderte mein Lachen und ließ mich kurz alleine in ihrem Wohnzimmer. Es hat sich nicht viel verändert, außer das die Bierflaschen auf den Boden mehr wurden. Ihr Vater war anscheinend heute nicht hier. Vielleicht will sie deswegen mit mir reden. Sie kam hoch professionell und ohne mit den Wimpern zu zucken in das Wohnzimmer mit einen Glas Wasser.
Wir setzten uns auf die Couch hin, während Mia ihr Handy weglegte und mich konzentriert beim Wasser trinken anschaute.

„Was ist los? Ich weiß, dass ich wie ein Profi Wasser trinke, aber mich so konzentriert anzuschauen dabei muss nicht sein!" lachend neckte ich sie ein bisschen, weil sie komplett ausgewechselt war. Sie schmunzelte endlich und fuhr sich durch ihr wunderschönes Haar. Sie schimmern sogar ohne Lichteinwirkung.

„Sophi, es ist gestern was passiert nit meiner Familie! Gestern war meine Mutter hier -ich unterbrach sie um ihre Hände zunehmen um ihr zu zeigen, dass sie auf mich zählen kann- Und ja, wie kann ich bloß anfangen." verunsichert von ihrer Lage, fiel es ihr umso schwerer mir alles direkt zu sagen.

„Mia, du weißt, dass ich dir immer helfen würde! Ich bin da wie du immer für mich da bist! Du bist meine Schwester und ich könnte es nicht ertragen dich leiden zu sehen und außerdem ich mache nicht einmal ansatzweise so gute Witze wie du!" sie lächelte über beide Ohren und erleichterte mich um so mehr. Mia soll nie an unserer Freundschaft zweifeln, weil ich da bin und das immer für sie.

„Meine Mutter will mich wieder öfters sehen! Mein Vater wollte sie nicht mehr sehen und hat sie gezwungen zu verschwinden. Im ersten Moment wollte ich auch nichts von ihr hören, aber ich merkte, dass sie anders wirkte. Sie wirkte unsicher und so verletzend. Ich weiß nicht, was ich machen soll?" verzweifelnd hielt sie ihre Hände vor ihr Gesicht. Ich streichelte ihr Rücken um ihr die fehlende Zuneigung zu geben.

„Mia das sind ja gewaltige Neuigkeiten! Nach soviel Jahren ist sie wieder da! Dein Vater hat sie wirklich angeschrien, dass sie weggehen soll? Hat sie versucht alles zu erklären?"

„Sie hat es versucht, aber die Trauer saß bei meinen Vater einfach noch zu tief. Seit sie verschwunden ist habe ich ich ihn nie ohne Bier in der Hand gesehen, aber seit gestern redet er nicht, zeigt keine Emotionen und lässt mich nicht ihn zu helfen! Ich weiß nicht, was ich machen soll?!"

„Hey, Mia! Das ist normal, dass dein Vater jetzt so ist! Er braucht Zeit! Du musst ihm nur eine Weile geben um alles verdauen zu können und du könntest in der Zwischenzeit dich mit deiner Mutter treffen um alles zu klären! Wenn du willst, kann ich dich begleiten!?" schlug ich ihr vor und sie wirkte nicht abgeneigt von meinen Vorschlag. Ohne irgendeine Vorahnung nahm sie mich in den Arm. Es hat gut getan. Es hat gut getan mal Mia zu helfen und ihr zu zeigen wie wertvoll unsere Freundschaft eigentlich ist.

„Danke, Sophi! Du hast recht! Ich muss mit meiner Mutter reden um alles zu verstehen und ich glaube nicht nur ich muss ein wichtiges Gespräch führen!" Augen klimpert grinste sie mich an und gleich wusste ich, dass sie Lucas meint.

„Du kannst mich ein Tag nicht in Ruhe mit diesen Thema lassen, oder?" lächelnd schupste ich sie weg. Mia konnte nicht aufhören zu lachen und machte mich umso nervöser.

„Bis wir beide graue Haare haben und uns dann über alles auf dieser Welt beschweren werden und vorbei gehende Kinder ohne Grund anschreien werden!" da ist die Mia, die ich kenne. Die Mia, die mich die ganze Zeit zum lachen bringt und mir zeigt, dass Freundschaften wichtig sind.

„Das wird noch lange dauern! Aber Lucas braucht auch Hilfe wie du! Ich merke es einfach! Nur wie er von einen Tag auf den andere Tag sich anders die Haare stylt oder an seiner Kleidung!" Mia nickte verständlich mir zu und ich schaute auf die Uhr und musste feststellen, dass ich bald im Park sein muss.

„Los, geh und hilf deinen hoffnungslosen Fall!" sie kann einfach nicht aufhören mich zu ärgern, aber anders würde ich es nicht wollen. Es wird nun Zeit mich mit diesen hoffnungslosen Fall, wie Mia Lucas nennt, zu treffen.

Aber genau die Hoffnungslosigkeit kann man mir auch zuteilen, weil es wird auch für mich immer schwerer mit der Vergangenheit zu leben. Mit diesem Schicksal...

Wie das Schicksal alles ändern kann Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt