Kapitel 30

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"schließt du ab?"
Hannah nickte auf meine Frage hin.
"Du kannst jetzt Feierabend machen." Sie lächelte zwar, dennoch schwang in ihrer Stimme etwas Melancholiches mit.
"Ist was vorgefallen?" Frag ich sie besorgt und lege sanft meine hand auf ihre Schulter.
"Nein. Nein, es ist nur-" sie stoppt, blickte dann hinauf, genau in meine Augen, diese Farbe war wirklich schön, Kristall blau waren sie.
"Es ist nur, du bist in letzter zeit so schweigsam geworden, dein Lächeln gezwungen und du selber wirkst so müde und krank."
Sie konnte mir wirklich in die Seele blicken, aber auch sie wollte ich nicht in meine Probleme mit hineinziehen.
Ich Schlang meine Arme und sie und nuschelte in ihr Haar "alles okay, es ist zurzeit nur wieder etwas stressiger."
Versuchte ich sie zu beruhigen.
"Ist wirklich alles okay?" Versicherte sie sich nochmals, weshalb ich mein Ehrlichstes lächeln aufgesetzte hatte und nickte.
Kurz bevor ich dann durch die Tür Hinaus spazieren wollte rief sie erneut meinen Namen, "Pass auf dich auf." Mit Leicht gehobenen Mundwinkeln verabschiedete ich mich bei ihr, "Pass auch auf dich auf." Und verschwand dann komplett in der Dunkelheit.

Es war Mal wieder spät in der Nacht als ich das haus betrat, ich blieb kurz in der Eingangshalle stehn um mein neu gewonnenes heim zu betrachten.

"Es war groß und Dunkel. Alles sah dreckig und staubig aus."

Erklang die junge Stimme von Jay in meinen Kopf.

"Es war gruselig wenn ich nachts mal aufs Klo musste knartschten die Dielen unter meinen Füßen."

Wieso gerade jetzt, nach all der Zeit mir diese Erinnerung ins Gedächtnis gerufen wurde wusste ich nicht.

"Manchmal hab ich geweint wenn ich daran dachte gleich Dort alleine zu sein."

Er mochte dieses haus nicht, er hatte es regelrecht gehasst.

"Ich bin froh das ich jetzt hier bei euch bin. Ich wollte schon immer eine kleine Schwester haben."

Das strahlen würde ich nie vergessen.

"Worüber denkst du nach." Kam es müde von der Couch.
"Wieso bist du nicht im Bett?"
Frag ich sie überrascht.
"Ich hab auf dich gewartet." Auch ohne ihr Gesicht zu sehen wusste ich das sie sich ein wenig schämt.
Ich nickte, nicht wissend ob sie es gesehen hatte.
"Ich geh schlafen, das solltest du auch." Es ist als hätten wir die Rollen getauscht, nun war ich der, der alles für sich behielt.
Das ich nach der Arbeit immer noch ein wenig in der Stadt herum ging war ihr nicht bewusst und so schnell würde ich es ihr auch nicht sagen.

Die Dielen protestieren bei jedem meiner Schritte.
Die Dunkelheit umgab mich.
Jeder Schatten beobachtete mich.
Und ich verstand was dem kleinen zehn jährigen so Angst gemacht hatte, es war selbst mir etwas unbehaglich.
In meinen Zimmer angekommen schmiss ich mich aufs Bett und dachte nach. Über alles.
Mal wieder eigentlich, ich dachte nur noch nach.

"Mein Zimmer war so groooß. Doch es stand so gut wie leer."

Die Euphorie hatte mitten im Satz nachgelassen.
Oh Jay, ohne dich bin ich echt ein Hoffnungsloser Fall, neben Cassy war er das wichtigste in meinen Leben.
Doch er hatte mich mehr gebraucht als ich ihn und ich Idiot hab das nie bemerkt.
Auch mein dad vermisste ich ein wenig, selbst wenn er ein dreckiger Säufer war der nie Zeit für uns hatte, so hatte er sich damals zusammengerissen als wir Jay aufgenommen haben. Er hat jeden Besuch mitgemacht, das trinken unterlassen, ist zu jedem Termin gedackelt, es hat sich fast so angefühlt als wären wir eine richtige Familie gewesen und auch er hatte Jay zu lieben gelernt.
Jay war einfach Jay, dieser kleine kaputte junge hatte unserer zerbrochenen Familie etwas halt gegeben und dafür war ich ihn Dankbar.

"Können wir echt eine richtige Familie sein?"

Seine Orangenen Augen haben vor Freude funken gesprüht und meine wahrscheinlich ebenfalls als ich ihn fröhlich zu genickt habe.

Bevor ich vollkommen weg genickt bin nahm ich mein Handy wieder in die hand und öffnete die Memo App.

Tag 60. 13 Oktober 2019

Ich bin nicht mehr Herr meiner Sinne, meine Gefühle fahren Achterbahn, Erinnerungen flattern durch meinen Kopf ohne das ich was dagegen tun kann.
Ich fühle mich, als Stände ich neben mir. Als wäre ich nicht mehr vollkommen.
Vielleicht hatten all die Stimmungsschwankungen nichts mit mir zutun, all die Rückzieher die ich tat.
Vielleicht wurde ich wirklich zerrissen und es war nicht nur ein Gefühl wie anfangs vermutet.
Wobei ich nicht einmal Ahnen kann was für Auswirkungen es noch auf mich haben kann, es mich gar umbringen könnte? Vielleicht ist der menschliche Körper nicht dafür geschaffen von Welt zu Welt zu springen. Vielleicht ist dies auch einfach ein kompensierungsmittel.
Ich würde sogar vermuten das ich nicht wirklich in ein Paralleluniversum gereist bin sondern es doch geschafft hatte Cassy Zu retten und ich gerade im sterben liege.
Es würde um einiges mehr Sinn machen. Das würde aber durch meine verschlechterten Körperfunktionen bedeuten das ich wohl sterbe anstatt wieder aufzuwachen.
So viele Gedanken die gar nicht so abwägig sind, mich aber dennoch nicht wirklich weiter brachten, weshalb ich schon lange aufgehört habe darüber nachzudenken.
Ob ich wohl jemals hier weg komme, denn so oder so, ich verlor durch meine Anwesenheit hier, allmählich den Verstand.

Damit beendete ich einen weiteren Eintrag, das wahr meine Absicherung das ich auch wirklich hier gewesen war, genauso wie die Fotos.
Apropos diese, ich verließ die App und öffnete meine Galerie. Ich Scrollte ganz nach unten, zu den ersten Aufnahmen des Geräts.
Das erste war natürlich ein Bild von ihr, sie war fast sieben gewesen und wollte unbedingt das erste Foto auf diesen Gerät sein.
Sie streckte mir frech die zunge entgegen, wobei man ein paar ihrer Zahnlücken sah, sie hatte zwei süße zöpfchen, eins rechts eins links, dabei trägt sie wie sonst auch immer ein süßes kleines Sommerkleid.
Auf dem nächsten Foto trug ich sie auf meinen Schultern, wir schauten beide auf einen See indem eine kleine Enten Familie schwamm.
Und auf den nächsten lag ich Oberkörper frei an Jay gekuschelt, an das Foto konnte ich mich noch gut Erinnern, das hatte ein gemeinsamer Freund von uns geschossen.
Es war nach einer saufpartie unter Freunden, man sah mich milde lächeln genauso wie Jay.
Man hatte uns immer als perfektes Duo bezeichnet wobei das nicht immer der Fall war, Vorallem wenn es um die Fernbedienung ging.
Auf den nächsten Foto konnte man mir meine Laune förmlich ansehen, ich war genervt, sauer vielleicht auch ein wenig wütend.
Wir waren als Familie auf den Foto, doch nur weil Dad unbedingt ein Foto wollte wo wir alle zusammen drauf waren. Im Nachhinein bin ich glücklich darüber, denn sonst hätte ich nicht ein Familienfoto mit Cassy gehabt.
Und so ging es weiter, wobei mehr Fotos von Jay und Cassy als von mir drauf waren.
Ich hatte mich lange nicht mehr mit blonden Haaren gesehen, an das Schwarz hatte ich mich schon längst gewöhnt, auch daran das meine Haare länger sind als vorher.
Als ich mir die Fotos dieses Welt so anschaue fühle ich mich wie an den anfang versetzt. Ich war Glücklich.
Nur das an Jays Stelle Jenny saß. Die Fotos von ihr und Cassy waren bezaubernd und das Bild wo ich mit meiner kleinen Schwester Arm in Arm auf dem Bett lag erwärmte mir das herz.
Ein Blick auf den Wecker, der auf meiner Nachtkonsole lag verriet das zum schlafen keine Zeit mehr war, denn ich kam schon um 1:30 Uhr Nachhause und mittlerweile war es 4:34 Uhr Morgens. In nicht einmal zwei Stunden würde mein Wecker klingeln.
Ich schloss mein Handy wieder an und begab mich in die Dusche.
Das kühle Nass ließ meinen Gedankensturm einen Moment stoppen und ich genoss es.

The shine of Hope (Wattys2019)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt