Kapitel 12

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Ich presste meinen Rücken gegen die eiskalte Holztür und nahm zur Beruhigung ein paar tiefe Atemzüge. Die Musik wurde durch die dicke Tür erstickt und lies keinen Ton hindurch. Mein Herz klopfte noch immer wie wild und das Adrenalin kitzelte mir in den Fingerspitzen. Erst jetzt realisierte ich, dass ich mich in einem völlig dunklen Raum befand, der nur durch das leicht schimmernde Mondlich von draußen erhellt wurde und langgezogene Schatten auf den Holzboden warf. Meine Hand glitt langsam den Türrahmen hinauf, fuhr an der rauen Wand entlang bis sie mit kühlem Plastik in Berührung kam. Das grelle Licht der Deckenbeleuchtung sprang an und erhellte den Raum. Ich löste mich von der Tür und machte ein paar Schritte auf das Bett zu, das sich zu meiner linken Befand. Auf der gelben Decke zeichnete sich eine starke Wölbung ab, die die Personen, die zuvor in diesem Bett lagen, hinterlassen hatten.

Plötzlich wurde die Tür hinter mir aufgerissen und die laute Musik aus dem Wohnzimmer dröhnte in den, bis jetzt still gewesenen, Raum. Harry, der sorben in das Zimmer getreten war, drückte die Tür hinter sich ins Schloss, womit auch die Partymusik wieder verstummte.

Wieder einmal beschleunigte sich mein Herzschlag beim Anblick seiner gift-grünen Augen, die einen betörenden Blick aufsetzten als sich unsere Blicke trafen. Seine Schuhe hinterließen ein leises klack Geräusch bei jedem Schritt den er auf mich zu machte.

Ich zog scharf die Luft ein als sein Gesicht so nah an meinem war, dass sein warmer Atem meine Wangen kitzelte. Jeglicher Mut von vorhin verließ meinen Körper und jeder einzelne Muskel in ihm spannte sich nun an. Ich erinnerte mich wieder an den Tag, an dem ich ihm das erstes Mal begegnet war und daran, wie sehr ich unter jeder seiner Berührungen erzitterte, vor Angst. Ich konnte seine spitzen Fangzähne deutlich vor meinem Geistigen Augen sehen, wie sie sich langsam in mein Fleisch bohrten. Seine schwarz gefärbten Augen und die violetten Venen, die sich jedesmal wenn er Blut sah, unter seinen im Vergleich wunderschönen Augen bildeten.

Wieder war diese Furcht da. Diese Furch gebissen zu werden, die Furcht vor den unerträglichen Schmerz, der dieser Biss verursachte, die Furcht davor, dass er mich bestrafen würde, weil ich ihn geschlagen hatte.

Harrys kühle Hand legte sich auf meine vom Alkohol glühende Wange. Die feinen Härchen in meinem Nacken stellten sich bei seiner Berührung auf. Das leichte kribbeln von vorhin war wieder da, jedoch war die Angst vor ihm stärker, und sie vertrieb das schöne Gefühl, das seine zarte Berührung verursachte.

Ich hatte die Hände zu Fäusten geballt, meine Fingernägel presste ich so stark in meine Handfläche, dass ich garnicht bemerkte, wie sich die Haut langsam schälte und warmes Blut daraus floss.

Harry zog mein Gesicht langsam zu sich, seine sanften Lippen plazierte er auf meiner Wange. Sie streifen über meine Haut und hinterließen feuchte Küsse. Seine Hände fuhren langsam meinen Arm hinunter bis er meine Hände mit seinen Fingern öffnete und sie in seine legte. Das klebrige Blut befeuchtete meine Handfläche und nun auch Harrys.

Ich presste meine Augen zusammen, weil ich sein Gesicht nicht sehen wollte sobald er das Blut riechen würde. Zwar wusste ich nicht wirklich was es mit ihm anstellte, aber ich wusste, das es nichts Gutes war.

Ich spürte, wie sich seine Lippen von meiner Wange löste, traute mich aber nicht die Augen zu öffnen. Der Griff um meine Hände wurde ruckartig verstärkt. Genauso ruckartig öffnete ich meine Augen, nur um dann in das nun schwarze, von Venen gemusterte Augenpaar zu schauen. Seine Zunge fuhr über seine sanften, leicht rötlichen Lippen, die bis vor ein paar Sekunden noch auf meiner Wange gelegen hatten.

Harry verzog sein Gesicht zu einer unmenschlichen Fratze und entblöste eine Reihe spitzer Zähne. Ich fing an zu schreien, noch bevor er sich zu mir runterbeugte, um sie in meine Halsbeuge zu bohren. Ich wusste das es keinen Zweck hatte zu schreien oder sich gegen ihn zu währen, denn durch die laute Musik und die dicke Holzwand würde niemand meine Schreie wahr nehmen und er war schlicht und ergreifend zu stark.

Undead | H.S. (ON HOLD!)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt