"Was geht hier vor?"
Langsam drehte ich mich um. Harry stand mit geballten Fäusten und angespanntem Kiefer im Türrahmen, das Grün in seinen Augen leuchtete gefährlich auf, beim Anblick meiner leicht geschwollenen Backe. Dann fixierten seine Augen Stacy, die einen unschuldigen Blick aufgesetzt hatte.
Ich kämpfte gegen die Tränen an, die sich in diesem Moment in meine Augen zwängten. Ich wollte keine Schwäche gegenüber Stacy zeigen, dennoch wollte ich all die Gefühle die sich in mir stauten freigeben. Eine Träne hatte sich aus meinen glasigen Augen freigesetzt, doch ich schaffte es noch, sie rechtzeitig mit dem Handrücken wegzuwischen. Bevor mir weitere Tränen entkommen konnten, atmete ich tief ein und stürmte aus der Tür, vorbei an Harry.
Meine Brust bebte vor Wut und meine Lippen zitterten vor Bedrückung. Alles zog mich im Moment runter, Depression machte sich in mir breit. Wär ich Harry an diesem einem Abend nicht über den Weg gelaufen, wäre all dies nie passiert. Mein Verhältniss zu meinem Vater hätte sich nicht verschlechtert und Thayer wär nie in Gefahr gewesen. Aber was war mit Emily? Ich wollte mir garnicht erst vorstellen was mit ihr passiert wäre, hätte ich ihr nicht geholfen.
Oben angekommen, sprang ich in mein Bett und verkroch mich unter der Decke. Endlich lies ich meinen Gefühlen freien lauf. Ein Teil des Drucks, der auf meiner Brust lastete, verschwand, als ich die Tränen nicht mehr zurück hielt. Mein Gesicht presste ich auf das Kissen, welches bereits durchnässt wegen meiner Tränen war. Die Beine zog ich nahe an den Körper - formte mich dabei zu einer Kugel zusammen.
Leise Schritte liesen mich unter der Bettdecke zusammen zucken. Ich presste mir die Hand vor den Mund um meine Schluchzer zu ersticken, ich getraute mich kaum zu atmen. War mir Stacy oder Harry gefolgt. Plötzlich spürte ich, wie sich die Matratze am Bettende etwas senkte, als hätte sich jemand an das Ende meines Bettes gesetzte.
"Hope." Ertönte eine besorgte, tiefe Stimme. Harry.
Ich setzte mich in meinem Bett auf und war die Decke zur Seite, es war eh zu spät, er hatte bereits mitbekommen, dass ich weinte. Beim Anblick meiner roten Lieder, kniff er die Augen zusammen. Es lag ein Ausdruck in seinen mossgrünen Augen, den ich leider nicht deuten konnte. Es sollte nicht hier sein, nein, er durfte nicht hier sein. Ich hatte keine Ahnung was Stacy nun tun würde, um ehrlich zu sein, wollte ich es auch garnicht erst wissen.
"Was hat Stacy gemacht?"
Erwartete er etwa, dass ich es ihm erzählen würde? Auch wenn ich es wollte, auch wenn ich ihm klar machen wollte was für eine Schlange Stacy doch war und ich nicht im geringsten wusste, was er an ihr fand, konnte ich nicht. Ich wollte es nicht riskieren, Stacy noch mehr zu verärgern.
"Nichts." Log ich.
Ich spürte deutlich seinen eindringlichen Blick auf mir, doch er sagte nichts.
"Was findest du eigentlich an ihr?" Rutschte es mir aus, doch um ehrlich zu sein, bedrückte mich diese Frage schon länger und ich war froh, sie endlich ausgesporchen zu haben.
Harry räusperte sich und verlagerte sein Gewicht. "Wieso interessierts' dich?"
"Einfach so, aus Neugierde."
"Eifersüchtig?" Ein breites schmunzeln legte sich auf seine Lippen.
Sofort liefen meine Wangen rot an. "Nein?" Dabei konnte ich mir ein kichern nicht verkneifen, auch wenn ich nicht eifersüchtig war, war der Gedanke daran, dass Harry das vermutete, amüsant. Oder stimmte es doch?
Harrys lächeln wurde ebenfalls breiter, es war das erste Mal, dass ich ihn lächeln sah. Zu meiner Überraschung stellte ich fest, dass er Grübchen hatte, die ihn um fünf Jahre jünger aussehen liesen. Leider hielt sein Lächeln nicht allzu lange an, den Sekunden später verschwand es wieder und sein Gesichtausdruck nahm wieder seine neutrale Art an.
"Also?" Hackte ich nach, presst dabei meine Lippen aufeinander.
"Sie hat was, das ich brauch." Sagte er nach einer längeren Pause des Schweigens.
"Und was?" Damit hatte er meine Neugierde noch mehr geweckt.
"Egal." Er fuhr sich mit der freien Hand durchs Haar, lies dann seine Hand den Hinterkopf hinunter gleiten und verharrte seine Hand dann am Nacken, um sich die Schläfe zu massieren.
Ich nickte lediglich, schnappte mir ein Kissen und fing an, an den aufgestickte Verziehrungen zu zupfen. Auch wenn ich unbedingt wissen wollte, was es war, das Harry von ihr brauchte, brachte ich mich nicht dazu, ihn weiter auszufragen. Warscheinlich hatte ich schon genug gesagt. Warscheinlich war er auch schon zu lange hier oben, was würde Stacy denken? Bei dem Gedanken spürte ich, wie meine Handflächen vor Panik feucht wurden.
"Harry?"
Mein Herz rutschte mir in die Hose, als ich die zuckersüße Stimme erkannte. Stacy stand im Türrahmen, als sie Harry, auf meinem Bett sitzend, entdeckte, verengten sich ihre Augen zu dünnen schlitzen. Ich schluckte schwer, hoffentlich dachte sie nichts falsches.
"Können wir gehen? Isaac ist da."
Harry machte keine Anstalt sich zu bewegen, verwirrt schaute ich ihn an. In seinem Blick spiegelte sich etwas wie Besorgniss, doch ich war mir nicht sicher, ob ich seinen Blick richtig gedeutet hatte. Wollte er etwa hier bleiben? Bevor ich Stacy die Chance geben konnte, auf falsche Gedanken zu kommen, erhob ich mich und ging nach Unten.
Isaac stand im Eingang und klopfte sich den Schnee von der Kleidung, als er mich entdeckte, breite sich ein freundliches Lächeln auf seinen Lippen aus.
"Und?" Fragte ich, während ich die Ärmel meines Pullovers über die Hände zog, um meine Hände zu wärmen.
"Ich hab ihn im Keller eingesperrt. Wir müssen aber gleich wieder gehen." Er nickte Harry zu, der gerade die Treppen hinunterstieg. Stacy dicht hinter ihm.
Als Harry neben mir stand, fingen beide an darüber zu reden, was sie mit Nic machen sollten. Ich hörte dem Gespräch nur mit halbem Ohr zu, bis mich Stacy grob am Ärmel zog.
"Hoffentlich habe ich mich klar ausgedrückt." zischte sie, ehe sie sich bei Harry einhakte und ihn zur Tür zerrte. Ihre Drohung lag mir wie heißes Eisen auf der Haut. Ich wollte mir garnicht ausmalen, was sie tun würde, wenn sie von dem einen Mal, als Harry mich geküsst hatte, erfahren würde.
Als die drei aus der Tür verschwunden waren und Isaac mir zum Abschied noch gewunken hatte, kramte ich mein Handy hervor. Ich musste Stacy unbedingt beweisen, dass ich nichts mit Harry anfangen würde und dass sie keinen Grund hatte, mich erneut in Schwierigkeiten zu bringen. Deshalb tippte ich eine SMS an Jason ab.
Okey, wann?
- Hope
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Undead | H.S. (ON HOLD!)
FanfictionDurch Zufall trifft Hope auf den gefühlskalten Vampire Harry. Er strahlt gerade zu die Präsenz von Gefahr und Ärger aus. Hope weiß wie gefährlich und toxisch Harry für sie ist, doch das hindert sie nicht daran Gefühle für den Untoten Bad Boy zu ent...