Chicago 1.7

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<<MIA>>

„Was erwartet uns, wenn wir zurück sind?"

Devons Worte hallen auch dann noch in meinem Kopf nach, als ich mit gepacktem Koffer ins Taxi steige und dem netten Fahrer mit Halbglatze mein Ziel nenne. Sein Auftauchen hat so viel aufgewirbelt, dass ich vor lauter Staubkörner nichts mehr sehen kann. In meinem Innern herrscht eine lähmende Leere und das, obwohl mein Kopf vor lauter Gedanken zu platzen scheint. 

Wieso musste er das tun? 

Wieso konnte er nicht einfach von mir fern bleiben? 

Dann müsste ich jetzt nicht wie eine klischeehafte junge Frau weinend im Taxi sitzen, während ein dicklicher, aber freundlich drein lächelnder Mann sie zum Flughafen fährt. Der Regen passt natürlich ebenfalls dazu und spiegelt nicht nur meine innere Stimmung wieder, sondern auch die unglückliche Lage in der ich mich befinde. 

Aber was hätte ich tun sollen? 

Hätte ich Devon um den Hals fallen, ihm meine Liebe gestehen und mit ihm abhauen sollen? 

Das wäre zwar eine durchaus wünschenswerte Vorstellung und noch romantischer würde es kaum gehen. Aber so ist das Leben nun mal nicht. Man kann nicht da weitermachen, wo man aufgehört hat. Und unsere Liebe hat nun mal aufgehört und zwar in dem Moment, als er vor meinen Augen zusammengebrochen und in meinen Armen gestorben ist. Und doch lebt er. 

Er ist hier und hat sich nie bei mir gemeldet. Zuerst konnte er nicht und dann ... dann wollte er es nicht mehr. Er wollte mich nicht mehr. Und dann kommt er angekrochen und will mir unterstellen, dass ich alles wegwerfe, wenn ich ihn nicht zurücknehme? Nein, verdammt! 

Ich bin über ihn hinweg, auch wenn die Schmerzen in meiner Brust etwas anderes sagen. Das Klingeln meines Handys reißt mich aus meinen Gedanken. Schniefend wische ich mir über das Gesicht, atme tief durch und nehme Madox' Anruf an.

„Ich bin schon auf dem Weg zum Flughafen. Treffen wir uns dann dort?", komme ich ohne Umschweife auf den Punkt. Denn hätte ich ihm mit einem leisen Hi begrüßt, dann wäre ich wieder in Tränen ausgebrochen und das kann und will ich ihm nicht antun. Er hat etwas besseres als das verdient.

„Ja sicher. Treffen wir uns im Eingangsbereich?", erwidert er. Seine Stimme ist Balsam für meine geschundene Seele. Ich habe ihm nichts von Devons Auftauchen erzählt. Nicht, weil ich es geheim halten will, sondern viel mehr, weil ich es nicht am Telefon sagen wollte.

„Ist gut. Bis dann." 

Damit lege ich schnell auf und atme tief durch, streiche mir eine Strähne hinters Ohr und blicke hoch. Der ältere Herr begegnet meinem Blick im Rückspiegel, was mir peinlich ist.

 Also schaue ich schnell weg und fixiere irgendeinen Punkt in der Ferne. Der immer wieder vor meinen Augen verschwimmt, wegen des Regens der an die Fenster trommelt, aber auch wegen meiner Tränen. Die sich darin sammeln, als wäre es ein Auffangbecken für ganz viel Herzschmerz.

„Hatten Sie eine schöne Zeit in Chicago?", erklingt die sonore Stimme des Fahrers. Ich schüttle den Kopf, antworte nichts und schaue weiterhin aus dem Fenster. 

Wie dumm muss man sein, um das eine weinende Frau zu fragen? 

Vielleicht wollte er mich auch nur auf die glücklichen Momente bringen, die ich hier erlebt habe. Und von denen gibt es tatsächlich zwei und beide haben mit dem Mann zu tun, den ich bald treffen werde.

Ich denke an Madox' Arme die mich fest umschlungen, als wir im Bett lagen oder an die Liebe, die ich in seinen Augen gesehen habe, als ich ihn vor dem Kings geküsst habe. Damals war ich voller Optimismus, was die Sache mit der Unterstützung gegen den Krieg mit meinem Vater angeht. 

🔱Chicago Queen Du gehörst mir🔱Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt