DNA

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<<MIA>>

„Ich kenne dich, Mia, auch wenn du es nicht hören möchtest. Ich weiß wann du lügst und wann du die Wahrheit sagst und genau jetzt -"

Zurück im Auto starre ich während der ganzen Fahrt aus der getönten Scheibe, obwohl sich die Außenwelt nur Schemenhaft erkennen lässt. Aber so habe ich wenigstens eine Ausrede, um nicht mit Madox reden zu müssen. 

Wieso ich das nicht will?

 Ich weiß es nicht, irgendwie muss ich das alles zuerst einmal verarbeiten und das geht am besten, wenn ich schweigend aus dem Fenster starre. Das rede ich mir zumindest ein, denn ich spüre deutlich, dass Madox das ganz anders sieht. Seine Anspannung ist mit Händen greifbar, was mich selbst aus der Bahn wirft. 

Deshalb tue ich alles, um ihn zu ignorieren, damit ich mich auf mich selbst konzentrieren kann. Dass das egoistisch ist weiß ich, aber was kann ich sonst tun? Wie lange die Fahrt wirklich dauert nehme ich nicht wahr, denn meine Gedanken kreisen noch immer um die letzten Stunden. Was wäre passiert, wenn Chucks Dad nicht aufgetaucht wäre? 

Hätte ich mich auf ihn eingelassen? 

Wohl kaum, ich hätte mich nicht vergewaltigen lassen, sondern hätte mich gewehrt. 

Hätte ich das wirklich? 

Ich weiß doch überhaupt nicht, was ich getan hätte, da es nicht passiert ist. Meine Gedanken beginnen mich zu nerven, deshalb schließe ich die Augen und versuche mich auf etwas anderes zu konzentrieren. Doch es ist, als hätte ich auf Wiederholen gedrückt, denn sie kreisen ständig wieder um dieselben Dinge. 

Die gleichen nagenden Fragen und der Tatsache, dass ich Mitleid mit Chuck hatte, obwohl er ein Ekel ist. Ich habe etwa fünf Minuten mit seinem Vater zu tun gehabt, kann aber behaupten, dass ich genau weiß, was Chuck erleiden musste. Denn, auch wenn mich mein Vater noch nie angerührt hat, so kenne ich die Angst, die von Chuck ausgegangen ist. Ich kenne sie so gut, dass ich mich in ihm gesehen habe. 

Was wohl auch das Mitgefühl erklärt, welches ich ihm gegenüber hege. Aber das wird keine Auswirkungen auf meinen Plan haben, das hoffe ich zumindest. Wir haben mein Zuhause erreicht, denn die Limo hält und Madox steigt ohne ein Wort zu sagen aus. Ich warte, weil ich mir sicher bin, dass er mir die Tür öffnen und mir raus helfen wird. 

Doch das passiert nicht. Ich sitze und sitze, warte und warte. Sekunden kommen mir wie Stunden vor und irgendwann schnalle ich mich ab und steige aus. Von ihm ist keine Spur mehr zu sehen, was wohl seine Art der Bestrafung ist, weil ich ihn die ganze Fahrt über ignoriert habe. Emotional ausgelaugt wie ich bin, habe ich keine Lust auf einen Streit, also schiebe ich meine Wut auf ihn zur Seite und gehe über den Kiesplatz zur Eingangstür und öffne diese. 

Das Haus scheint immer noch nicht bewohnt zu sein, denn die übliche klassische Musik erfüllt weder das Wohnzimmer, noch sonst einen Raum im Haus. Was mich die Stirn runzeln lässt und als ich ihn nirgends entdecken kann, beschließe ich nach oben in mein Zimmer zu gehen. 

Mit jeder Stufe, die ich erklimme, spüre ich die Müdigkeit deutlicher, die in meinen Knochen sitzt. Nie hätte ich gedacht, dass ich einmal froh darum bin in mein Zimmer zu können und die Tür hinter mir zu schließen. Aber heute scheint dieser Punkt erreicht zu sein, denn als ich die Tür hinter mir schließe, atme ich erleichtert aus und ziehe mir die Schuhe aus, werfe sie achtlos zu Boden und schäle mich aus diesem weißen Fummel, den ich nie wieder anziehen werde. 

Nur in BH und Unterwäsche bekleidet stehe ich im Zimmer und weiß nicht was ich tun soll. Eine ganze Weile stehe ich so da, entscheidungsmüde und ausgelaugt, doch dann siegt die Erschöpfung und ich lege mich in mein Bett und schließe die Augen. 

🔱Chicago Queen Du gehörst mir🔱Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt