𝕋𝕙𝕚𝕣𝕥𝕪

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Für den nächsten Morgen - wohl angemerkt Freitagmorgen - nahm ich mir fest vor, Hyunjin aufzusuchen und mit ihm zu sprechen. Ich wollte nicht, dass zwischen ihm und Jeongin noch länger dieser Streit bestand, das zerrte nur noch mehr an Jeongins Kräften, zumal mein Freund ganz genau wusste, dass Hyunjin es nicht ohne Grund getan hatte. Nur den genauen Grund wusste er nicht nicht. Und diesen würde er heute erfahren.

Ich hatte Jeongin und Jisung an diesem Morgen zu ihrem Klassenzimmer gebracht und ohne Vorwarnung einfach meinem Freund einen Abschiedskuss aufgedrückt. Davon war er völlig überrascht gewesen, sicher hatte er geglaubt, dass er mich längst verjagt hätte, doch so leicht ließ ich mich nicht abschütteln. Vor allem, nachdem mir Jisung den wahren Grund hinter seinem abweisenden Charakter erzählt hatte.

Dennoch zerbrach ich mir in den ersten Schulstunden den Kopf darüber, was ich noch alles tun konnte, um Jeongin zu zeigen, dass er mich sehr wohl glücklich machte. Laut meinem kleinen Bruder war es meine eigene Schuld, ich hätte Jeongin nie die Chance gelassen, mich zum Lächeln zu bringen. Dabei hatte ich doch so oft seinetwegen gelächelt... hatte das etwa nicht ausgereicht?

Hätte ich noch mehr - oder vielleicht weniger - tun sollen?

Die Zeit bis zur Pause schien sich elends lang zu ziehen, aber kaum klingelte die Schulglocke, sprang ich auf und lief schnell aus dem Klassenzimmer. Ohne Umwege machte ich mich auf die Suche nach Hyunjin und glücklicherweise brauchte ich nicht lange, bis ich ihn umringt von einigen Mädchen entdeckte.

"Hyunjin? Darf ich mich mal bitte mit dir unter vier Augen unterhalten?", bat ich ihn gekünstelt freundlich und zog dadurch sofort die Aufmerksamkeit aller auf mich. Ich bemerkte, wie Hyunjin leicht schluckte, allerdings zeigte er seine Unsicherheit nicht offen, sondern folgte mir nickend und deutete den anderen an, dass es okay war. Er schenkte ihnen ein beruhigendes Lächeln und führte mich dann von seinem Freundeskreis weg, bevor er sich lässig gegen eine Wand lehnte.

"Was gibt's?", fragte er vollkommen unschuldig und legte leicht seinen Kopf schief, wodurch die dunkelbraunen Strähnen in sein Gesicht fielen. Verärgert knurrte ich ihn an und hielt mich zurück, nicht einfach auf ihn loszugehen. Stattdessen ballte ich nur meine Hände zu Fäusten und funkelte ihn verhasst an.

"Wie kannst du es nur wagen, Jeongin so sehr ans Ende seiner Kräfte zu treiben? Er braucht seine Familie, weil Familie eine Stütze ist und du hast ihm diese Stütze genommen. Und das nur, weil du eifersüchtig auf ihn bist? Wie würdest du dich fühlen, wenn deine Familie sich plötzlich gegen dich wenden würde, huh?! Jeongin hat es schon so schwer genug, da braucht er nicht auch noch so einen Idioten wie dich als seinen Bruder, der ihm ohne zu zögern ein Messer in den Rücken rammt!" Ich hielt mich nur schwer zurück, meine Stimme nicht allzu laut werden zu lassen. Lieber hielt ich sie leise, damit sie bedrohlicher wirkte und zeigte Hyunjin voll und ganz die Wut, die ich ihm gegenüber empfand. Er war nicht nur ein Idiot, er war ein Verräter. Und er hatte es nicht verdient, Jeongin seinen Stiefbruder nennen zu dürfen.

"So verhält sich kein Stiefbruder und du hast keinen Respekt von irgendwem verdient. Im Gegenteil, dich sollten alle hassen!", fuhr ich fort und war kurz davor, auf ihn loszugehen, als ich auf einmal eine Hand auf meiner Schulter spürte. Verwirrt drehte ich meinen Kopf dorthin und entdeckte Jisung, der mich beruhigend anschaute und Jeongins Hand festhielt, wohl, um ihm Stärke zu schenken. Dieser hatte seinen Blick gesenkt und reagierte nicht, weshalb ich wieder zu Jisung sah, der auf Hyunjin deutete. Dadurch sah auch ich etwas verwirrt zu ihm und bemerkte, wie er sich reuevoll auf die Unterlippe biss.

"E-Es... es tut mir leid... ich wollte Jeongin wirklich nicht schaden... I-Ich hab nicht nachgedacht und einfach die Gelegenheit beim Schopf ergriffen... es tut mir so schrecklich leid..." entschuldigte er sich und krallte seine Hände in seine Arme. Überrascht davon, wie viel Ehrlichkeit in seiner Stimme steckte, blinzelte ich ein paar Mal und wusste nicht, was ich darauf antworten sollte.

"Meine Mutter ist wieder Zuhause und fragt mich jeden Tag, wann Jeongin wiederkommen wird... sie vermisst ihn total und führt jeden Abend mit Hyojong ein langes Gespräch, dass er Jeongins Sexualität akzeptieren soll. Dass es nicht seine Schuld ist, dass er sich zu Frauen nicht hingezogen fühlt... und... mein Vater akzeptiert es langsam... ehrlich... meine Mutter nimmt Jeongin so sehr in Schutz, wie sie mich in Schutz nehmen würde... wenn nicht sogar noch mehr... und auch das ist wohl ein Grund, wieso ich eifersüchtig auf ihn bin... dabei will ich das doch gar nicht sein...", erklärte Hyunjin mit leiser Stimme und richtete nun seinen Blick auf Jeongin.

"Es tut mir wirklich unendlich leid, Jeongin. Ich wollte dich nicht verletzen und ich hätte das nicht tun dürfen... und... ich bitte dich, dass du wieder zu uns zurückkommst... wir alle vermissen dich, Jeongin... und... ich möchte endlich beweisen, dass ich wirklich ein großer Bruder sein kann. Dein großer Bruder. Versprochen... das ist alles, was ich tun kann, um meine schreckliche Tat wieder gutzumachen..." Vorsichtig machte er einen Schritt auf meinen Freund zu. Dieser zuckte leicht zusammen und zögerte, löste sich dann aber von Jisung und sah kurz zu mir. Ich konnte in seinen dunklen Augen den Schmerz lesen, den er mit sich herumtragen musste und gleichzeitig auch die Frage, ob er Hyunjin vertrauen sollte. Unsicher darüber sah ich selbst nun wieder zu dem brünetten Jungen, der seine Worte tatsächlich ernst zu meinen schien. Zudem würde ich Jisung mit Jeongin mitschicken, damit er auf ihn aufpassen würde, sollte Jeongin mit ihm heim gehen. Nur dann konnte ich ihn mit ruhigem Gewissen mit Hyunjin mitschicken.

Deswegen nickte ich Jeongin nun leicht zu, zeigte ihm so, dass er seiner Familie vertrauen sollte. Er brauchte sie. Das war die Basis, der Grundbaustein dafür, langsam zu lernen, sich selbst zu lieben. Familiäre Unterstützung war eines der wichtigsten Dinge im ganzen Leben.

Und zum ersten Mal seit langem vertraute mir Jeongin endlich wieder, weshalb er nun einen Schritt auf Hyunjin zumachte und ihn vorsichtig umarmte.

"Ich verzeihe dir, Hyunjin-Hyung... und ich hoffe, dass ich das nicht bereuen werde..."

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🖤🖤🖤🖤💜

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Und damit ist diese kleine Lesenacht auch wieder beendet.
Ich hoffe, sie hat euch gefallen und ich hoffe noch mehr, dass es nicht den Eindruck macht, als würde ich durchrushen. Die schnell aufeinander folgenden Ereignisse sind gerade ein Muss, damit ich das Ende langsam heranführen kann und ich will keine unnötigen Filler einbauen. Außerdem zerbricht es mir das Herz, eine bedrückte Stimmung zu schreiben und keine Verbesserung in Sicht zu stellen. Und Hyunjin wirkt vielleicht gemein, aber er hat ein gutes Herz, was einfach von den falschen Gedanken beeinflusst wurde. Dadurch hat er eben diesen großen Fehler gemacht.

I'm sorry, dass ich wieder so viel rede, aber ich möchte einfach, dass meinen Lesern bewusst ist, wieso ich die Kapitel so schreibe, wie ich sie schreibe. Damit keine Verwirrung aufkommt.
Solltet ihr dennoch etwas unpassend finden, lasst es mich ruhig wissen. Ich kann nicht garantieren, dass mein Gehirn vollständig belastbar ist, plus Müdigkeit... yeah. XD
~Cookie

Colorless Rainbow ★ JeongchanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt