𝔽𝕚𝕧𝕖

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"Chan, hier vorne spielt die Musik", im wahrsten Sinne des Wortes, "also richte bitte auch deine Aufmerksamkeit auf meinen Unterricht."

Entschuldigend sah ich zu meiner Musiklehrerin, die vorne an ihrem Klavier saß und mich streng musterte, da ich bis eben noch aus dem Fenster geschaut hatte. Eigentlich liebte ich Musik und passte entsprechend gut im Unterricht auf, meine strenge Lehrerin mochte mich deshalb auch sehr, allerdings fiel ihr sofort auf, wenn jemand sich nicht richtig beteiligte. Und selbst ich war da leider keine Ausnahme. "Entschuldigen Sie bitte. Es kommt nicht wieder vor", meinte ich und deutete eine kleine Verbeugung an. Ärger wollte ich mir gerade wirklich nicht einhandeln.

"Das will ich doch schwer für dich hoffen", erwiderte meine Lehrerin nur, ließ es dann aber darauf beruhen und führte ihren Unterricht fort. Leise seufzte ich und schenkte den anderen beinahe böse Blicke, damit sie mich endlich nicht weiter anstarrten. Zum Glück ließen sie es dadurch nun auch sein und wandten sich selbst wieder unserer Lehrerin zu, während ich einen kurzen Blick auf die Uhr warf.

So sehr ich Musik auch liebte - ich hatte es nicht umsonst für meinen Abschluss gewählt -, ich wollte gerade nichts lieber, als zu Jeongin zu gehen und ihn aufzumuntern. Heute morgen hatte er zwar erst gut gelaunt gewirkt, jedoch meinte er zu mir, dass wir unsere Nachhilfestunden heute Mittag ausfallen lassen mussten, weil sein Vater wollte, dass er nach der Schule sofort heim kam. Das bedeutete aber auch, dass nur Jisung ihn begleiten konnte, da ich länger Unterricht hatte und Jeongin normalerweise immer hier in der Schule auf mich und meine Pause wartete. Nie war das ein Problem, ich aß etwas während unseren Nachhilfestunden und weil wir ganze zwei Schulstunden für uns hatten, hatten wir wirklich mehr als genug Zeit.

Heute jedoch würde es nicht so sein und das bedeutete, ich würde die ganze Woche bis Freitag nicht mehr so viel mit Jeongin machen können. Deswegen war Jeongin deprimiert, zumal er nicht wusste, womit sein Vater heute ankommen würde und er sich am liebsten in meine Arme flüchten würde. Ich konnte das wirklich verstehen, ich hätte ihn auch viel lieber bei mir, als dass er nachhause ging (wieso musste das auch ausgerechnet heute sein?), aber so sehr ich es mir auch wünschte, daran konnte ich leider nichts ändern.

Glücklicherweise hatten wir nur noch zehn Minuten Unterricht, also wurden wir gleich in die Pause entlassen und ich konnte zu meinem geliebten Jeongin gehen. Schon jetzt vermisste ich ihn unglaublich und dachte daran, seine helle Haut mit sanften Küssen zu liebkosen, sowie ihm mithilfe einer liebevollen Behandlung zu zeigen, wie viel er mir bedeutete. Den bitteren Nachgeschmack, dass ich ihn unter seinen Klamotten nicht berühren durfte, blendete ich einfach aus, immerhin war Jeongin dennoch liebesbedürftig und ich hoffte einfach, dass wir bald diese noch bestehende Distanz überwinden konnten. Wir waren schließlich ein Dream-Team und niemand würde uns je trennen können.

Um nicht wieder Ärger zu bekommen, schrieb ich nebenbei brav mit, was unsere Lehrerin uns sagte und wartete beinahe schon ungeduldig auf das Klingeln zur Pause. Ich wollte Jeongin unbedingt mit meiner Liebe überschütten und nicht länger im Unterricht versauern. Und dann, endlich, verabschiedete sich unsere Lehrerin, ehe auch schon die Klingel ertönte und alle aus dem Raum stürmten.

Auch ich ging zügig nach draußen und begab mich zu der Stelle, die so etwas wie mein und Jeongins Stammplatz geworden war. Jisung kam ebenfalls immer zu dieser, er hatte damals Jeongin überhaupt erst hierher mitgenommen, nachdem wir uns das erste Mal getroffen hatten. Das kam daher, dass Jeongin recht schnell mich angefangen hatte zu mögen und auch einen Crush auf mich gehegt hatte, weshalb Jisung uns näher zusammenbringen hatte wollen, doch das war wieder eine andere Geschichte.

Heute aber blieb ich allein an dieser Stelle stehen. Niemand tauchte auf, weder Jisung noch Jeongin und irritiert sah ich mich um. Okay, Jisung war wahrscheinlich bei Minho, so, wie ich ihn kannte, doch wieso fehlte dann mein Freund? Die Lehrerin, die er vorhin gehabt hatte, war eigentlich ziemlich nett und ließ seine Klasse sogar immer etwas eher gehen, viel mehr wartete Jeongin normalerweise hier bereits auf mich. Dass er heute jedoch fehlte, war gänzlich untypisch.

"Jeongin? Wo bist du, mein Kleiner?" Ich zögerte nicht länger, sondern machte mich auf die Suche nach meinem Freund. Durch irgendetwas war er sicher aufgehalten worden und mein Gefühl sagte mir, dass es wohl nicht freiwillig war. Deswegen sah ich mich umso mehr um, schaute in jeder Ecke nach, bis ich letztlich in einem Gang eine weinerliche Stimme hörte.

Jeongins Stimme.

"L-Lass mich los... B-Bitte..."

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Colorless Rainbow ★ JeongchanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt