2. Begegnung

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Die Frau, die bis auf ihr Aussehen anscheinend nichts mehr mit Noemie gemein hatte, brachte Idan Stück für Stück zur Verzweiflung.

Sie wollte nicht raus gehen.
Sie wollte nichts essen.
Sie wollte nicht mit ihm reden.

Selbst ohne Erinnerungen versank sie im Selbstmitleid. Auch Ciel konnte nach weiteren Tests nichts für sie tun. Um Noemie zurück zu bekommen müsste Noemie es wollen und ihre zweite Persönlichkeit abstoßen. Aber dieses dissoziative Verhalten war ein Schutzmechanismus. Und da sie Angst hatte vor dem Leben und ebenso vor dem Tod blieb ihr nichts anderes als in der Dunkelheit und im Schatten ihrer Selbst zu schlafen.

'Versuch mit ihr zu reden und durchzudringen. Das ist dein Problem. Wenn du es nicht schaffst ihr zu helfen, dann lass sie endlich einweisen.'

Müde in Erinnerung an Ciels Worte reibt sich Idan seine Schläfen.
Er hat gekocht.
Schon wieder.
Schon wieder isst er alleine.
Ohne weiter zu überlegen nimmt er ihren Teller füllt ihn und geht die Treppen hinauf.
Leises klopfen an der weißen Holztür.
Keine Antwort.
Das hindert ihn nicht.
Er geht rein, sieht die Fremde auf dem Bett sitzen und setzt sich zu ihr.

"Hier."

Etwas zögerlich hält er ihr den Teller hin.

"Nein danke."

"Willst du dich etwa zu Tode hungern?"

"Nein."

Mehr kennt sie scheinbar nicht.

"Bist du nicht einsam? Früher hast du immer versucht mich dazu zu bekommen mit dir zu essen. "

"Ich weiß gar nicht wie sich Einsamkeit anfühlt."

"Bist du denn gerne allein?"

"Ich weiß nicht.. ich kenne nichts anderes."

Monoton gibt sie sich bekannt.

"Komm. Zieh dir was an."

"Warum?"

"Weil ich es sage."

"Ich bin nicht sie. Ich muss nicht auf deine Anweisungen hören."

"Du wirst es trotzdem."

"Warum sollte ich?"

"Weil du tief in dir drin unzufrieden damit bist, nicht zu wissen, wer du bist."

"Vielleicht, aber ich weiß auch, dass ich nicht sie bin und du nur sie zurück haben willst. Nicht mich."

Darauf kann er nichts mehr sagen.

"Du hättest es wenigstens leugnen können."

Weitere Stille.

"Raus."

Diesmal folgt er ihren Worten.
Er verlässt den Raum mit der Frage, warum er gerade das sagen musste.

Noemie war nicht da.
Und sie hatte auch nichts hinterlassen mit dem man sie zurück holen könnte.
Außer vielleicht Gefühle die er sich nicht eingestehen wollte und die sie nun nicht mehr kannte.

Einsam und ungeliebt.
Das waren ihre zwei Pole die sie zu einander zogen.

Ihr letztes Versprechen ~ KEANAWo Geschichten leben. Entdecke jetzt