13. Begegnung

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Sie hat ihn im Schlaf gehört.
Seine Berührung bemerkt.
Sie fühlt sich als würde sie jemanden betrügen. Als wäre das alles Falsch. Als würde sie lügen und Noemies Platz stehlen.
Das führt dazu das sie anfängt Idan zu meiden. Immer etwas Abstand zu halten. Sie hat genug vom verletzt werden. Genug von Gefühlen. Noemie hat sie einfach in diese Komplizierte Situation geworfen und sich dann verdrückt.

Idan denkt sich erst nichts dabei, doch nach wenigen Tagen kommt es ihm merkwürdig vor wie Emi immer die Räume wechselt wenn er einen betritt oder ihm nur kurz und abgehackt antwortet.

"Sag mal gehst du mir aus dem Weg? Ist alles okay bei dir?"

Sie bevorzugt es nicht zu antworten, da sie nicht lügt. Nie. Wenn man anfängt zu lügen hat man schon verloren, weil man in Wahrheit nicht gewinnen kann. Das ganze wäre so viel einfacher würden sie sich nicht ein Haus teilen und so viel schwerer müssten sie sich eine noch kleiner Wohnung teilen.

"Bekomm ich keine Antwort?"

Schweigen.
Ein verzweifelter Blick.
Idan runzelt die Stirn.

"Irgendwas muss doch sein."

Emi beißt sich auf die Lippe. Ein Zeichen das Idan genau auf dem richtigen Weg ist.
Seine Augen durchborhen sie mit einer solchen Klarheit. Einem tief empfundenen Interesse.

Woran nur?

Sie bringt es nicht über die Lippen.
Sie schüttelt nur den Kopf.

"Na gut. Geht mich ja nichts an."

Genau das macht sie so wütend.
Warum versteht er nicht, dass es ihn sehr wohl etwas angeht?
Warum kann sie nicht seine Priorität sein? Seine Angelegenheit?
Warum sieht er ihre Schmerzen nicht?

Selbst Noemie betrachtet er scheinbar nicht als seine Zuständigkeit. Vielleicht war das auch etwas an dem sie zerbrochen ist.

Ist es nicht merkwürdig?

Alle Menschen streben immer nach Freiheit, Unabhängigkeit und Selbstverwirklichung.. Aber alles was sie will ist ein Stück Abhängigkeit, eine Zugehörigkeit, in die Kompetenz eines anderen zu fallen.
Nicht das sie nicht alleine zu Recht kommt. Nicht das sie nicht selbständig ist. Sie fühlt sich so nur einfach nicht vollständig. Wie ein Kreis in dem eine Hälfte fehlt. Sie ist bestrebt diese Hälfte zu füllen. Und in gewisser Weise ist sie schon so abhängig, dass seine Bemühungen sie von sich fern zu halten weh tun.

Idan schaut Emi immer noch wartend an.
Seine Augen leuchten warm und besorgt. Konträr zu seiner Aussage. Doch Emi ist zu beschäftigt mit ihren Gedanken um die Wirklichkeit zu sehen. Verloren in ihrer eigenen Welt läuft die Realität an ihr vorbei und wichtiges bleibt vor ihr verborgen.

Idan verlässt den Raum.
Wenn sie nicht reden will, dann hat er hier auch nichts verloren. Es ist schließlich ihre Sache mit wem sie redet und mit wem nicht.

Manchmal denkt Emi sie sollte ihm hinter her oder ihn zurück halten, aber sie hat kein Recht dazu.

-

Erneut vergehen Tage an denen die beiden nicht miteinander reden. Langsam fühlt es sich unangenehm an. Die kalte Stille, die das Haus durchtränkt. Vor allem nach den vielen Gesprächen und Gewohnheit die sie beide miteinander gebildet haben. Dazu gehörte auch das Abendessen.

Sie isst mittlerweile nur noch unregelmäßig und wenig. Er denkt es ist um ihm aus den Weg zu gehen. Die erste Zeit hat er es deshalb kaum bemerkt, doch dann beobachtete er sie beim Kochen und wie sie sich nichts wegnimmt, sondern alles für ihn stehen lässt. Es ist ihr Versuch zu resignieren. Ihr Versuch alles lebendige von sich zu schieben, um eine vollständige Leere ohne Gefühle zu bilden. Wenn Gefühle ihr weh tun, dann muss sie halt ohne leben. Wenn niemand sie bestrafen will, damit sie es lernt, dann muss sie es tun.

Ihr letztes Versprechen ~ KEANAWo Geschichten leben. Entdecke jetzt