Idan wandert durch die Berge.
Das saftige grün der Moose, die sich an den Baumstämmen ihren weg nach oben bahnen. Laubbäume, die er noch nie gesehen hat. Klare eiskalte Flussläufe in die er seine Füße hält bis sie anfangen zu kribbeln. Frische Luft und leises zwitschern und das zirpen der Insekten. Das laute rauschen des Takaragawa-Flusses erfüllt den ganzen Ort.
Freiheit.Nach außen mag alles so friedlich wirken, aber in Idan kämpfen die Fronten. Er kann einfach nicht Ehrlich zu sich sein. Er kann keine Gefühle zeigen. Konnte er noch nie. Wie auch wenn man es nie beigebracht bekommt.
Schon mehrere Stunden läuft Idan auf dem Trampelpfad durch den Wald. Er ist auf dem Weg zu einem Onsen der weiter oben liegt. Dort will er einige Tage Halt machen bis er dann weiter zieht.
Idan geht keine Liste ab. Er schaut von Ort zu Ort, was ihn als nächstes Interessieren könnte. Immernoch ein bisschen unklar darüber, warum genau er das Ganze hier tut, stehen seine Gedanken träge im Raum.
Er kann nicht still sitzen bleiben.
Idan braucht Bewegung.
Nein Idan muss in Bewegung bleiben, da er sonst das Gefühl hat zu resignieren. Für ihn gibt es kein Aufgeben, kein Warten. Besonders wenn seine Gedanken nicht so wollen wie er, dann muss er sich beschäftigt halten.Das Rauschen wird immer lauter und nach wenigen Minuten ist Idan dann endlich am Ryokan angekommen. Eine hübsche Frau im Kimono begrüßt ihn freundlich. Auch wenn es schon später Nachmittag ist, wird er herzlich empfangen. Sie führt ihn durch die großen langen Flure mit ihrem edlen blank polierten Eichenholz. Anmütig und schön. So hat Idan sich auch die Menschen hier vorgestellt.
Alles ist irgendwie ruhig und geordnet.
So höflich und formel."Arigato kosaimasu."
Idan bedankt sich auf japanisch bei der Frau als sie im Zimmer angekommen sind. Mit einem kurzen verbeugen zeigt er seinen Respekt.
Wenn Idan etwas nicht leiden kann, dann Menschen ohne Anstand oder Respekt.
Seid seiner Ankunft in Japan hat er damit begonnen die Sprache zu lernen. Schwerer als gedacht, aber ausreichend.Idan wirft seine Sachen auf den Boden. Er setzt sich auf den vorbereiteten Futon und schaut sich um.
Genauso wie er es sich vorgestellt hat.
Auf den Boden zu schlafen hätte Emi glücklich gemacht.
Emi.
Wie lang hat er sie jetzt schon nicht mehr gesehen?
2 Monate?
Die Zeit verläuft so eigenartig. Es fühlt sich eher so an als hätte er sie schon Jahre nicht gesehen. Ohne sie ist es so matt. Manchmal ist es um ihn herum so tonlos, dass er ihr Lachen in seinem Kopf hört. Der Geruch ihres Parfüms hängt immer noch um seine Sinne, obwohl sie noch nie hier war.Idan schüttelt den Kopf.
Genug davon.Er steht auf zieht den bereit gelegten Yukata an und macht sich auf zu den heißen Quellen. In der Luft liegt der leichte Geruch von Schwefel. Idan balanciert über die schmalen Steinbrücken und beobachtet wie der Dampf von der Wasseroberfläche aufsteigt.
Eigentlich ist er ja eher die Art von Mensch die eine eiskalte Dusche bevorzugt, doch irgendwie haben es ihm diese Natursteinbäder angetan. Während er sein Körper in das heiße Wasser eintauchen lässt ist es als könne er endlich klar denken. Zur Ruhe kommen. Das heiße Wasser kühlt sein Innerstes ab.
Ein älter Mann der ihm gegenüber sitzt schaut ihn neugierig an. Europäische Leute sind hier immer eine beliebte Attraktion.
Idan nickt ihm zu.
"Was verschlägt sie hier her? So allein?"
Fragt der Herr ihn auf japanisch.
"Die Ruhe."
Sichtlich verblüfft darüber, das Idan ihn tatsächlich verstanden hat und ihm sogar antworten kann, beginnt der Mann auf einmal schneller zu reden. Idan kommt kaum mit. Doch es geht um irgendwas von wegen, dass dieser Ort besonders beliebt unted Paaren und Familien ist und man hier selten ledige Männer sieht.
"Warten sie auf ihre Liebschaft?"
Der Mann springt zu sonderbaren Schlüssen.
"Nein. Meine Frau ist zuhause."
"Und wo ist das?"
"Weit weg von hier."
Idan antwortet dem Mann mehr aus Höflichkeit. Doch irgendwas an ihm Interessiert ihn auch.
"Sie hätten sie mitbringen sollen. Heiße Quellen sind wirklich gut für Körper und Geist."
"Ja sie hätte es hier geliebt."
"Warum ist sie dann nicht hier?"
Der Mann scheut sich vor keiner Frage.
"Das ist Kompliziert."
Der Mann fängt an zu lachen.
Idan überlegt, ob er das Wort falsch betont hat. Als der Mann ihn breit an lächelt."Das sind unsere Frauen doch immer."
Unsere Frauen. Bei diesem Ausdruck pocht seine Brust schmerzlich. Idans Gesicht verdunkelt sich. Der Mann sieht die augenblickliche Wandlung, steht auf, verlässt das Bad, legt seine Hand sanft auf Idans Schulter.
"Ich geb dir einen Rat, mein Sohn, wenn sie dich so bewegt, dann lass sie nie los."
Zu spät.
Idan lässt den Kopf fallen.
Der Mann klopft ihm noch einmal sanft auf den Rücken und verlässt dann das Bad.Noch nie hat Idan mit jemandem über seine Gefühle gesprochen.
Sein Vater hat ihn immer abgewimmelt. Gefühle seien nur für Frauen.
Er soll kein Weichei sein.Und seine Mutter. Sie gab sich so viel Mühe ihn zu einem reifen Mann zu erziehen. Sie gab sich so viel Mühe sein Schweigen zu verstehen. Und manchmal wenn er verstummte, weil er einfach nur verletzt war und nicht wusste wie er es zeigen sollte, da nahm sie ihn in den Arm und beruhigte ihn. Sagte ihm das es okay ist Gefühle zu haben.
Aber bis jetzt haben seine Gefühle immer nur alles zerstört. Wenn sie ihn jetzt so sehen würde. Den Mann der aus ihm geworden ist. Wäre sie dann enttäuscht?
Es war zu spät.
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Ihr letztes Versprechen ~ KEANA
Romance!!Vorsicht Trigger-Warnung!! Dies ist eine Geschichte über Persönlichkeitsstörrungen, Neurosen und weitere Dinge, die das Leben verkomplizieren. ~ Sie fragt sich, ob sie einen Menschen jemals wirklich lieben kann. Ob sie ihre...