20. Moment

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Für Idan und Noemie ist das Leben nicht leicht. Wahrscheinlich ist es das für niemanden.

Sie sind gerade dabei den fünften Punkt auf der Liste zu erfüllen.

Ein verspiegelter Aufzug bringt sie immer höher.

Die Fahrstuhlmusik passt nicht gerade zu Noemies Stimmung. Sie hat zwar keine Höhenangst, doch ihr Herz schlägt bei jedem weiteren Stockwerk immer ein Stück schneller. Am liebsten würde sie demjenigen, der dafür verantwortlich ist, das dieses Lied in Dauerschleife gespielt wird, an die Kehle springen.

Selbstbeherrschung ist mitunter eine wichtige Eigenschaft an der sie immerzu arbeiten muss.

Idan lacht.
Er findet es ziemlich amüsant, wie sie sich über solche belanglosen Sachen aufregen kann.

"Hör auf zu lachen."

Das macht es nur schlimmer.

Noemies Gesicht läuft rot an.

"Steht dir."

Idan deutet auf ihre roten Wangen.
Er kann einfach nicht aufhören sie zu ärgern.

Irreal wirkt die Welt in diesem verspiegelten Raum.

Noemie sieht in die Spiegel.
Sie neben Idan ergibt so ein merkwürdiges Bild.
Na ja wenigstens sehen sie nicht wie diese Paare aus bei denen man beinahe denkt es wären Geschwister.
Sie mag das nicht.
Sie liebt Kontraste.
Wie der Höhenunterschied von über 40 cm, seine blonden zu ihren jetzt roten Haaren, sein sportlich schlanke Figur zu ihren Kurven, seine schmalen zu ihren vollen Lippen.
Doch ihre Unterschiede heben nur hervor wie unpassend sie für einander sind. Und dann noch dieser große Altersunterschied, der ihr so selten auffällt.

Sie weiß nie, was sie sich damals gedacht hat.
Ehe ist immer etwas besonderes für sie gewesen, etwas ewiges und wichtiges. Das so einfach mit einem Mann einzugehen, den sie gar nicht kannte, den sie kaum kennt.

Sie hat noch Glück gehabt.

Irreal. Noemie hat immer so ihre Probleme mit der Realität und dem Dasein. Sie fragt sich immer wieder ist das echt?

„Worüber denkst du nach?"

„Ehm.. egal."

Sie lächelt ihn an.

„hm"

Brummt Idan sichtlich unzufrieden.

"Ich hab nur darüber nachgedacht, was für ein ungleiches Paar wir sind und was andere vielleicht denken."

Manchmal wenn Idan nicht locker lässt nennt Noemie irgendein kleines Detail von dem, was ihr wirklich durch den Kopf geht nur damit er nicht weiter nachfragt. Trotzdem hofft sie insgeheim, dass er es durchschaut. Dass er sie versteht.

"Ach lass andere doch denken. Ist doch den ihre Sache."

Aber er versteht es nicht.
Er kann halt nicht in ihr Herz sehn.
Sie zwingt sich zu einem Lächeln als Bestätigung, auch wenn ihr eigentlich nicht danach zu mute ist.
Idan schafft es mittlerweile oft sie zu durchschauen, aber nicht immer. Vor allem nicht dann, wenn sie es eigentlich will.

Der Fahrstuhl kommt endlich mit einem 'Bing' zum stehen. Nomie ist dezent schwindlig als sie den Aufzug verläßt. Idan hält sie gerade noch am Ellbogen fest, damit sie nicht stolpert und hinfällt.

"Alles gut?"

"Ja, danke."

Sie löst sich von ihm.

Der Raum in dem Sie stehen ist völlig aus Glas. Keine weitere Menschenseele. Idan hat sicher irgendwelche Fäden gezogen damit sie ganz allein hier sein können. Es ist ein merkwürdig schwebendes Gefühl in ihrem Magen. Unter ihr sieht man die vielen Gebäude und lauter Lichter, winzige Menschen. Über ihnen der klare Nachthimmel.

Ihr letztes Versprechen ~ KEANAWo Geschichten leben. Entdecke jetzt