Idan hatte alles im Griff.
Er hatte immer alles im Griff, was nicht gerade seine eigenen Gefühle betraf. Deshalb war auch der Tag vor ihrer Hochzeit wie ein völlig belangloser Wochentag. Dort war nichts mehr, was er hätte vorbereiten oder organisieren müssen. Nichts wofür er seine Gedanken verschwenden wollte, daher nutze er diese Zeit für sich."Noemie du kommst heute mit mir ins Studio, also geh und zieh dir was an."
Es war zwar schon Mittag, doch Noemie lief immer noch leicht bekleidet durch die Wohnung. Sie schämte sich nicht so vor ihm zu stehen und sie hatte auch keine Angst, das er auf sie zu gehen würde, dafür war er viel zu desinteressiert. Um so mehr verwunderten sie seine Worte.
Aber es waren Worte denen sie Folgen müsste, dessen war sie sich bewusst. Es war eine Wahrheit, die sie stets begleitete. Träge ging sie auf den Teil des Ankleidezimmers zu, der ihre Sachen beinhaltete. Drei große Fächer und eine Kleiderstange - Mehr war es nicht. Sie griff nach dem nächst besten Stück Stoff, welches ihre Hand zu greifen bekam. Somit endete sie mit einem schwarzen Jersey-Pulli, der alles abmalte, was sie bemängelte. Mit einer Leggings darunter, lief sie auch schon Idan hinter her. Zog sich im gehen ihre roten Stiefel an und stolperte aus der Tür.
Sie war schon lange nicht mehr raus gegangen, also bemerkte sie erst jetzt wie kalt die Welt geworden war. Sie umschlang ihren zitternden Körper, während ihre Augen in den Himmel starrten. Ihre Gedanken schienen genau wie die Wolken träge zu wandern. Als sie wieder nach vorne schaute konnte sie gerade noch im Augenwinkel sehen, wie er sein Hand von ihr weg zog.
Blut schoss in ihre Wangen.
Hatte er tatsächlich versucht ihre Hand zu nehmen?
Sie schüttelte ihren Kopf, so heftig, dass er nicht anders konnte als zu schmunzeln.
"Steig ein."
Ganz wie ein Gentleman hielt er ihr die Tür auf. Manchmal fragte sie sich, wo er diese Dinge gelernt hatte. Sein Persönlichkeit schien nie mit der Art und Weise, wie er sich verhielt überein zustimmen.
Sie fuhren ein Stück die Stadt heraus. Soweit, dass man kaum noch Menschen sah oder gar Häuser in denen sie leben könnten.
Alles fühlte sich so neu an, als die Landschaft an ihr vorbei zog. Die Sonne schien warm durch die Frontscheibe und fast könnte man glauben es wäre Sommer.Aber fast ist nie ganz und die Tatsache war, das der Herbst schon gekommen ist. Ihr lächlen starb. Sie blickte wieder nach vorne und dann zwischendruch versuchte sie einen Moment nur sein Gesicht zu erhaschen, aber sie war zu besorgt.
Mit einem mal blieb der Wagen stehen.
Er zog die Handbremse an.
Mit einem dumpfen Laut schlug er die Tür hinter sich zu. Seine Schritte waren noch zu hören, als sich ihre Tür öffnete.
Dort war nichts bis auf ein kleines Wohnhaus. Es sah verlassen aus und doch gemütlich. Manchmal konnte sie nicht verstehen, warum sie ihm vertraute. Hier draußen würde nie jemand etwas mitbekommen. Dort wären keine Nachbarn, die sie retten könnten und eine Familie hatte sie auch nicht. Ganz allein lag ihr Leben in der Hand dieses Fremden."Danke"
In seiner Gegenwart wurden ihre so lauten Wort immer zögerlich klein. Ihre vielen Gedanken stumm und taub. Alles in den Momenten in denen sie nur ihn sah.
Wer von ihnen war der Künstler?
Wer das Objekt?
Vielleicht war ihre Beziehung das tatsächliche Kunstwerk."Machs dir gemütlich. Fühl dich einfach wie zu Hause."
Mit offenen Armen führte er sie in sein Reich. Das Haus besaß nur ein Stockwerk. Einen einzigen großen Raum mit kleinen abgeteilten Nischen. Und einer Tür. Im Kamin in der Mitte des Raumes brannte ein Feuer, das alles in ein schönes Licht tauchte. Staunend sah sie sich jedes Detail an, von den hochwertigen Objektiven, über die Verschiedenen Spiegel bis hin zu den Möbeln.
"Ich bin heute morgen schon mal hier her gefahren, um alles vorzubereiten."
Sie konnte nicht anders als alles anzufassen. Sie musste die Oberflächen fühlen. Sie musste alles in sich aufsaugen, was neu war und somit durch wanderte sie den ganzen Raum.
Sein Lachen unterbrach ihre Gedanken.
"Normalerweise fragen die Modells mich immer danach, wo sie sich umziehen, was sie anziehen oder welchen Ausdruck sie zeigen sollen. Aber du? Nein du fasst lieber jeden einzelnen Gegenstand im Raum an."
Sie lief rot an, während er so warm lachte wie noch nie. Es brachte auch sie zum Lächeln, es machte sie irgendwie zufrieden.
Mit einem lauten Klacken zuckte sie zusammen. Idan konnte nicht warten, er musste jeden ihrer Ausdrücke aufnehmen.
"Okay.. dann.. Also was genau soll ich machen?"
Keine Ahnung, warum sie so schüchtern war, wobei ihr das Reden doch sonst nie etwas ausmachte. Idan war eine Ausnahme er brachte ihre Normalität aus dem Gleichgewicht. Er zerbröselte ihre Gedanken, ihre Wahrnehmung und ihre Emotionen in winzige Stücke.
"Zieh erst mal deine Schuhe aus.. achja und deine Klamotten kannst auch direkt."
Sie lief schon die ganze Zeit mit ihren dreckigen Stiefeletten durch den saubern Raum und hinterließ ihre Spuren. Idan hasste Schmutz. Seine Adern waren unangenehm angespannt. Blut rauschte in den Ohren und seine Worte waren komprimiert.
"Tut mir leid."
Es war ein ängstliches Tut mir leid.
Eins, das man nicht mehr zurücknehmen kann. Eins, das kaum ausdrücken konnte wie viel Angst sie vor ihm hatte, wenn er sie so ansah.Er senkte seinen Blick.
"Was soll ich als nächstes machen? Soll ich mich irgendwo hinsetzten?"
Sie presste die Worte hervor. Es war nicht leicht für sie in dieser eisigen Gegenwart anwesend zu bleiben. Am liebsten hätte sie sich versteckt. Unangenehm. Sie schlang ihre Arme um ihren Bauch und wartete.
Sie wartete lange und verstand kaum, was sie getan hatte um dieser Kälte ausgesetzt zu werden. Nach einiger Zeit lies sie sich auf den Boden vor dem Kamin sinken. Dort war weiches Schaffell ausgelegt. Es wärmte sie etwas. Aber ihr Inneres konnte sich nicht vor seiner Kälte schützen. Wenn er sich so verhielt, drang jede seiner Emotionen bis in ihr Knochenmark hervor. Alles in ihr wurde dann unruhig, konnte die Stille nicht ertragen. Dann nach einigen Momenten war sie völlig ausgelaugt. Es war als hätten seine Emotionen ihre Energie geraubt und ohne sie tatsächlich anzufassen hatte er sie doch zutiefst berührt. In solchen Momenten fühlte sie sich beschmutzt und widerlich. Sie war nie wütend auf diejenigen die diese Gefühle hervorriefen, viel mehr hasste sie sich selbst. Denn sie war der Ursprung. Es ging nicht darum, was die anderen taten, sondern um das, was sie nicht tat.
Es waren nur wenige Minuten vergangen als sie ihre Augen schloss und schlief. Sie viel in einen tiefen warmen Schlaf, welcher sie vor der kalten Realität schützen sollte.
"Du musst nichts machen, denn dein Körper macht alles von selbst."
Zufrieden tätschelte er ihren Kopf. Er strich ihr die Haare aus dem Gesicht und gab ihr einen warmen Kuss auf die Stirn. Wie ein Kind.
Er hatte schon alles, was er wollte.
Die Bilder hatte er schon längst aufgenommen. Er wollte genau diese Reaktionen und sie gab sie ihm. Ihr Körper war leicht zu manipulieren, mit wenigen Worten, Blicken und Taten bekam er sie genau dahin, wo er sie wollte. Sie reagierte sensibel auf jegliche Signale.Sie war sein perfektes Kunstwerk.
Leicht zu steuern.
Leicht zu zerbrechen.
Und doch voller Charakter.Sanft deckte er sie zu, legte ihren Kopf auf seinen Schoß und streichelte sie. Das war ihre Belohnung. Er gab ihr als Geschenk, die Nähe vor der sie solche Angst hatte, da sie das war, was sie am meisten brauchte.
Er gab ihr als Geschenk, die Nähe, die weder er noch sie kannten.
Er gab ihr als Geschenk, die Nähe, die er ihr eigentlich nur gab, weil er sie selbst haben wollte.
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Ihr letztes Versprechen ~ KEANA
Romance!!Vorsicht Trigger-Warnung!! Dies ist eine Geschichte über Persönlichkeitsstörrungen, Neurosen und weitere Dinge, die das Leben verkomplizieren. ~ Sie fragt sich, ob sie einen Menschen jemals wirklich lieben kann. Ob sie ihre...