15. Begegnung

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"Vergib mir."

Was denn genau?
Das er sie doch allein lässt?
Das er das tut worum sie ihn gebeten hat?
Das er sie nicht liebt?

Dummkopf.

Mit der Schere in der Hand steht Emi vorm Spiegel. Dieses Gesicht ist ihr immer noch so fremd. Aber sie denkt es ist so langsam Zeit. Zeit auch von außen nicht mehr Noemie zu sein. Sie trennt sich Schnitt für Schnitt von ihren langen Haaren. Dann nimmt sie die feuerrote Farbe und trägt sie auf die nur noch Schulter langen Haare auf. Schon besser. Zwar kann sie ihr Gesicht nicht so einfach ändern und auch ihren Körper nicht. Aber Haare sind schon einmal ein guter Anfang.

Sie dachte zu Begin, dass es schlimmer wäre ohne Idan. Doch auch wenn es weh tut fühlt sie sich als könne sie endlich wieder druch atmen. Beinahe so wie es sich anfühlt im Winter die eiskalte Luft einzusaugen.

Es gibt nichts was sie ihm vergeben müsste. Er war bis jetzt so gut zu ihr gewesen.
Er hat jedes Recht sie zu verwerfen.
Es sticht, sie wird es jedoch überleben.

Sie kann ihre Gefühle nicht ändern.
Sie kann sie nicht einfach ignorieren.
Sie muss sie jedoch nicht teilen.

Sie hat auf einmal viel mehr Zeit. Zwar hängen ihre Gedanken immer noch tief, trotzdem macht sich eine gewisse Vorfreude breit. Es gibt so vieles, was sie gerne ausprobieren will.

Zeit..
Zeit ist es was es zeigen wird.

Etwas melancholisch blickt sie auf eine Liste von Dingen, die sie sich vorgenommen hat. Vieles davon würde mit Idan mehr Spaß machen. Na ja. So war das. So fühlt es sich an wenn man seine Liebe begräbt bevor sie blühen kann.

Doch eine Sache stört sie.
Er hat bis zum Ende den Mund nicht aufgemacht. Ihr nicht gesagt, was er denkt oder fühlt. Das ist schon ein wenig frustrierend. Na ja..

-

Idan lebt derzeit in seinem Atelier.
Klein, bescheiden und still ohne Emis Stimme die ihn überall hin begleitet.

Leer.

Es ist besser so.
Gefühle zerstören alles.
Besonders Emi.
Doch auch wenn er fest davon überzeugt ist, das es zu ihrem Besten ist, ist es schwer. Sie nicht zu sehen.
Ihr Lächeln.
Ihre schönen Augen.
Es ist schwer. Das Richtige zu tun ist schwer. Vor allem in Situationen in denen es eigentlich kein richtig und falsch gibt.

Idan schüttelt den Kopf.

Emi ist so anders als all die anderen Frauen mit denen er vorher zu tun hatte. Ihre gutmütige Art macht es ihm schwer. Ihr naives Herz dem er schon zu viel Leid zu gefügt hat. Er kann nicht noch länger bleiben und mehr Schaden hinzufügen.

Die Zeit wird es heilen.
Nichts als die Zeit.
Das ist seins einziger Wunsch.

Aber es war auch noch aus einem anderen Grund schwer für ihn. Er hat noch nie jemanden auf eine solche Art geliebt. Aber Liebe sollte selbstlos sein und genau deshalb hat er es ihr nicht gesagt. Genau deshalb hat er sie gehn gelassen. Manchmal ist es eben besser seine Gefühle zu verbergen, sie nicht auszusprechen. So als würden sie unausgesprochen in Vergessenheit geraten.

Er will ihr eine Chance geben.
Eine Chance zu leben.
Sie hat noch so viel Zeit.
Sie hat noch so viel zu lernen.
Und jetzt wo sie etwas freier von ihren Ängsten ist hat sie auch eine Möglichkeit.
Er will sie nicht fest halten, er will sie nicht verletzen, dafür mag er sie zu sehr. Wohl eher liebt er sie zu sehr. Er kann sie nicht mit sich in die tiefe ziehen. Viel lieber gibt er ihr Flügel damit sie in den Himmel fliegen kann.

Hätten sie sich unter anderen Umständen kennengelernt dann wären sie vielleicht glücklich geworden. Aber so fragt er sich nur, wie lange sollen sie noch weiter machen? Wie lange müssen sie sich noch immer und immer wieder gegenseitig verletzen?

Zeit.
Zeit muss vergehen.
Das hofft er zumindest.
Er hofft das er nicht gerade den größten Fehler seine Lebens gemacht hat.

Ihr letztes Versprechen ~ KEANAWo Geschichten leben. Entdecke jetzt