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Mit einer Gabel in meiner Hand picke ich die Tomatenscheiben von meinem Teller und lege sie auf Brians Teller, der neben mir sitzt. Dieser schaut zwischen mir und seinem Teller, auf dem meine Tomatenscheiben liegen, hin und her.

,,Tomaten sind nicht giftig, die kannst du essen." Er versucht ernst zu wirken, muss dann aber lachen. Mein bester Freund weiß, dass ich Tomaten nicht mag. Wobei ,,nicht mögen" untertrieben ist - ich verabscheue diese Teile. Vor drei Jahren in der Jonathan Ross Show musste ich diese Dinger essen und das war auch das letzte Mal, dass ich sie gegessen habe. Ich esse Tomaten nur, wenn sie gekocht oder in Soßen verarbeitet sind.

,,Giftig nicht, aber sie schmecken ekelhaft. Sie sind so", ich suche nach dem richtigen Wort, ,,schleimig." Um meine Aussage zu betonen, verziehe ich angewidert das Gesicht. Brian lacht nur.

,,Wir haben es mit der Plattenfirma abgesprochen. ,Roses' wird diesen Freitag veröffentlicht." Andrews Stimme ertönt hinter mir und ich sehe, wie mein Manager sein Tablett auf dem Tisch abstellt und sich neben mich setzt.

,,Roses" habe ich bei allen Konzerten, die nach Stuttgart stattgefunden haben, gespielt und die Fans lieben es, was mich sehr freut. Es war etwas riskant, ein langsameres Lied als üblich als Single auszuwählen, aber es ist zum Glück gut angekommen. Viele Fans haben mich bei Meet And Greets gefragt, wann ich das Lied veröffentliche.

Ich nicke. ,,Soll ich etwas auf Instagram posten?" Bisher habe ich immer, bevor ich ein Lied veröffentlicht habe, einen Beitrag auf sozialen Netzwerken gepostet.

,,Ich schicke dir morgen die Bilder, die du hochladen sollst.", antwortet er. ,,Dein Marketingteam ist noch dabei, einige Bilder aus alten Fotoshootings zu bearbeiten."

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Am nächstem Morgen sitze ich in mit meiner Gitarre in der Hand in meinem Hotelzimmer. Das erste Konzert in Madrid findet erst übermorgen statt und ich dachte mir, ich nutze die freie Zeit, um meinem Hobby nachzugehen. Ich weiß nicht warum, doch es beruhigt mich, wenn meine Finger über die Saiten der Gitarre streifen. Außerhalb der Tourzeiten spiele ich sehr viel Gitarre, weshalb sich auch schon Schwielen an meinen Fingern gebildet haben.

Unüberlegt spiele ich verschiedene Akkorde hintereinander und hoffe so, etwas interessantes zu entdecken. Tatsächlich finde ich nach mehreren Versuchen eine schön klingende Akkordfolge, die ein wenig an lateinamerikanische Musik erinnert.

Ich wiederhole die Dreiklänge und summe spontan Töne, die mir einfallen, dazu. Damit ich die Idee nicht wieder vergesse, notiere ich sie in meinem Notizbuch, das neben mir auf dem Bett liegt.

Ob sich diese Tonfolge für ein Lied mit Camila eignen würde? Immerhin hat Camila mexikanische und kubanische Wurzeln.

Nachdem ich nach meinem Smartphone gegriffen habe, fällt mir ein, dass es in Miami gerade drei Uhr morgens ist. Gerade verwerfe ich den Gedanken, sie anzurufen, als ihr Name auf dem Display erscheint.

Wenige Augenblicke später höre ich ihre Stimme an meinem Ohr. ,,Shawn?"

,,Camila? Wieso bist du noch wach?", frage ich verwundert nach. So wie ich sie kenne – oder gekannt habe – bleibt sie nie so lange wach. ,,Es ist bei euch drei Uhr morgens"

,,Ich konnte nicht schlafen und habe deswegen in meinem Notizbuch herumgekritzelt. Einige der Zeilen könnten wir vielleicht für unseren Song nutzen." Am anderen Ende der Leitung ist zu hören, wie Camila Seiten umblättert.

,,Kann ich sie vielleicht hören?", frage ich unsicher.

,,Es ist nicht viel, aber ich lese es dir einfach vor." Dann beginnt sie vorzulesen. ,,Oh, when your lips undress me, hooked on your tongue. Oh, love your kiss is deadly, don't stop. I love it when you call me Señorita. Every touch is oh la la la. Oh, I should be running. Oh, you keep me coming for you."Ich muss nicht nachfragen, denn ich bin mir sicher, dass sie das über Sebastian geschrieben hat. Ehrlich gesagt will ich gar nicht wissen, welche komischen Dinge die beiden nachts machen, dass er sie Señorita nennt. Vielleicht hat sie sich das aber auch ausgedacht.

,,Das ist gut", spreche ich meine Gedanken aus und überspiele den Neid. ,,Hast du das gerade eben geschrieben?"

Sie bedankt sich. ,,Nein, nicht alles. Die ersten zwei Zeilen hatte ich davor schon, ich hatte sie dir einmal gezeigt." Stimmt, daran erinnere ich mich. ,,Den Rest habe ich gerade geschrieben."

Ich nicke, obwohl sie das nicht sehen kann. ,,Ich habe gerade ein wenig mit meiner Gitarre gespielt und dabei einige spannende Akkordfolgen gefunden. Vielleicht können wir ja etwas davon benutzen. Warte ich spiele sie dir vor." Nachdem ich den Lautsprecher eingeschaltet habe, lege ich mein Handy auf der Matratze ab. Anschließend spiele ich die Akkorde auf der Gitarre.

,,Das klingt gut. Wir können auf jeden Fall etwas davon einbauen." Sie lacht und bringt damit mein Herz zum Hüpfen. Ich liebe ihr Lachen. Ich liebe sie. ,,Es erinnert mich ein wenig an kubanische Musik. Das Lied wir bestimmt ein Hit." Camilas Worte verwirren mich.

,,Du redest so, als wären wir schon fertig mit dem Schreiben und dabei haben wir noch nicht einmal angefangen", sage ich.

,,Ich weiß, es ist nur so ein Gefühl. Unsere Fans haben ,I Know What You Did Last Summer' geliebt, dann werden sie die nächste Single bestimmt auch mögen."

Ohne es zu beabsichtigen, hat mich Camila wieder an die Zeit damals erinnert. An unseren Kuss.

,,Hoffentlich hast du Recht", murmele ich, in Gedanken noch immer beim Kuss. Ob ich sie jemals wieder küssen werde?

Mehrere Sekunden nehme ich ihren Atem am anderen Ende der Leitung wahr, bis ich mich entscheide, die Stille zu unterbrechen. ,,Warum kannst du nicht schlafen?"

Sie seufzt. ,,Ich weiß es nicht. Seit mehreren Tagen habe ich Probleme mit dem Einschlafen. Manchmal schlafe ich sofort ein und an anderen Tagen wälze ich mich mehrere Stunden im Bett, bis ich einschlafe."

,,Warst du denn schon beim Arzt?"

,,Nein,was soll mir das bringen? Ich habe sonst keine Probleme, es ist wirklich nur der Schlaf." Ich höre, wie sie gähnt.

,,Wie es aussieht bist du jetzt müde", lächele ich. ,,Ich sollte auflegen, dann kannst du noch ein bisschen schlafen."

,,Okay. Ich schreibe dir, wenn mir noch etwas Gutes fürs Lied einfällt", erwidert sie. Sie verabschiedet sich von mir und legt auf. Aus meinem Handy ist noch kurz ein Piepen zu hören.

Die Situation zwischen Camila und mir ist verwirrend. Das letze Mal, als ich sie gesehen habe, war die Stimmung zwischen uns sehr angespannt und heute konnten wir normal miteinander telefonieren. Es ist nicht wirklich wie früher, als wir uns gegenseitig Geheimnisse erzählt haben und die ganze Nacht miteinander geredet haben, aber es ist ein Anfang.

Aus dem nichts fallen mir die Worte von Julie wieder ein, über die ich in den letzten Tagen sehr viel nachgedacht habe.

Du solltest der Frau die Wahrheit erzählen.

Sie wusste nicht, über wen ich das Lied geschrieben habe. Sie wusste nicht, dass diese Frau in einer Beziehung ist. Aber was ist, wenn sie doch Recht hat? Die Freundschaft zwischen Camila und mir ist schon zerstört. Wenn ich ihr meine Gefühle gestehe, könnte es eigentlich nicht schlimmer werden.

Used To This [S.M. & C.C. Fanfiction]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt