Ich greife nach meinem rosa Notizbuch und laufe zum Jackenständer. Anschließend verabschiede ich mich mit einer langen Umarmung von Camila. Ein letztes Mal atme ich ihren Vanillegeruch tief ein. Die nächsten Wochen bin ich wieder auf Tour, weshalb wir uns nicht sehen werden und unser nächstes Treffen wird erst im Mai sein. Da wir den Song heute bis auf den Text fertig gestellt haben, sollte es kein Problem sein, miteinander zu telefonieren und dabei weiterzuarbeiten.
Wehmütig schließe ich die Tür des Studios hinter mir und laufe die Treppen zum Bürgersteig hinunter. Ryan und Teddy folgen mir. Die lauwarme Märzluft weht mir ins Gesicht und einzelne Regentropfen fallen auf meine Kleidung und Haut. Die Songwriter und ich steigen in das Taxi, das ich vorhin bereits gerufen hatte, ein.
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Seufzend lasse ich mich auf eine freie Sitzreihe in unserem Privatjet fallen. Auf dem Platz neben mir stelle ich meinen Rucksack ab, um deutlich zu machen, dass ich alleine sein möchte. Nicht, weil ich meine Teammitglieder nicht mag, sondern weil ich Zeit für mich alleine brauche. Das Treffen mit Camila gestern ist besser gelaufen als gedacht. Die Stimmung zwischen uns war recht lange angespannt und sie hat den Augen- und Körperkontakt weitestgehend vermieden, aber am Ende war sie ein wenig lockerer. Natürlich kann ich ihr Verhalten nachvollziehen – ich hätte genauso reagiert wenn mich eine gute Freundin, für die ich nichts empfinde, geküsst hätte.
Resigniert seufze ich. Ich sollte Camila einfach aufgeben, vermutlich wird sie in mir niemals mehr als einen gute Freund sehen. Mein Herz zieht sich beim Gedanken, sie loszulassen zusammen, aber es muss so sein. Ich kann nicht weiterhin an einer Frau festhalten, die in mir nicht dasselbe sieht, wie ich in ihr.
Ich beschließe auf andere Gedanken zu kommen und krame daher mein Notizbuch aus meinem schwarzen Rucksack. Nachdem ich es aufgeschlagen habe, runzele ich verwirrt die Stirn. Ich erinnere mich nicht daran, die Worte, die dort stehen, selber geschrieben zu haben. Das ist auch gar nicht meine Handschrift. Meine Schrift ist nämlich krakelig und eher groß, während die Buchstaben hier klein und in Schreibschrift notiert wurden sind.
All I do the whole day through, is dream of you.
All I do since I met you, is dream of you.
He's a bad dancer.
He's a right answer.
He's a shy singer.
Weiter unten stehen noch zwei Sätze.
Please say you dream of me, too.
Can you please say you dream of me, too?
Ich schaue auf den Umschlag des Büchleins, aber mir fällt nichts auf. Es ist eindeutig mein Notizbuch.
Wobei mir gerade einfällt, dass Camila und ich dasselbe Notizbuch besitzen. Ich blättere durch die Seiten und sehe, dass die Schrift auf jeder Seite genauso sauber und fein ist, wie auf der, die ich zu erst aufgeschlagen hatte. Das muss also Camilas Notizbuch sein.
Frustriert seufze ich. Das bedeutet, Camila muss meines haben.
Mist! Camila darf nicht sehen, was ich dort alles reingeschrieben habe. Sie weiß, was ich für sie empfinde, aber die Texte sind trotzdem viel zu privat. Das Notizbuch ist immerhin so etwas wie ein Tagebuch für mich.
Sofort schreibe ich Camila eine Nachricht, auch wenn ich weiß, dass sie die Nachricht erst erhält, sobald ich wieder Internetempfang habe.
Ich habe aus Versehen dein Notizbuch eingesteckt :o
Dann verstaue ich das Handy wieder und hoffe einfach nur, dass sie nicht in mein Notizbuch schaut. Dem Drang, in ihr Notizbuch zu schauen und ihre restlichen Texte zu lesen, verdränge ich. Ich kann ihre Lieder nicht ohne ihre Erlaubnis lesen. Schließlich möchte ich auch nicht, dass sie in mein Notizbuch schaut.
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Ich lege den Löffel in meiner Hand in die leere Schüssel, dessen gelben Ränder andeuten, dass eben noch Vanillepudding in ihr enthalten war. Vanille – danach riecht Camilas Parfüm. Verzweifelt lege ich den Kopf in den Nacken – jetzt muss ich sogar beim Essen an Camila denken. Das laute Brummend es Flugzeuges, das vor etwa einer Stunde losgeflogen ist, hilft mir auch nicht mich abzulenken.
Mir fallen wieder die Zeilen ein, die ich vorhin in ihrem Notizbuch gelesen habe. Sie hatte von einem schüchternen Sänger, der auch schlecht tanzt, geschrieben. Ich weiß das Sebastian Gitarre spielen kann. Ob er tanzen kann oder nicht, weiß ich leider nicht. Aber könnte es sein, dass die Zeilen auch von mir handeln? Camila weiß, dass ich ein schrecklicher Tänzer bin und singen kann ich auch. Manchmal kann ich sogar schüchtern und bescheiden sein.
Mein Herz befördert das Blut schneller durch meinen Körper. Vermutlich mache ich mir unnötige Hoffnungen, aber ich kann es nicht kontrollieren. Mein Verstand schaltet sich komplett aus. Ich muss wissen, ob sie wirklich mich meinen könnte.
Wie von selbst gesteuert verschwindet meine Hand in meinem Rucksack und taucht mit Camilas rosa Büchlein umgriffen wieder auf. Schnell, als würde mein Leben von diesem Buch abhängen, schlage ich es auf.
Everything gets real after two a.m.
So don't, don't, don't look at me like that
When you are the one who implied that.
Nachdenklich gleitet mein Blick über die Worte. Immer wieder lese ich sie durch. Meint Camila ihren Besuch bei mir im Hotel, der erst vor wenigen Tagen war? Sie war um zwei Uhr nachts bei mir. Das weiß ich, weil ich selber darüber geschrieben habe. Aber was meint sie damit, dass ich sie nicht so anschauen solle?
Ich beschließe, später genauer darüber nachzudenken. Jetzt blättere ich erst mal einige Seiten zurück und überfliege dabei die Lieder, bis einige Worte meine Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Ich runzele die Stirn. Mein Atem zittert schwach.
I hate to say I need you.
Look for you in everyone.
And all it does is feed the urge to call you up.
So I made myself delete you.
Tell me, is it loud where you are, dear?
There's a silence here.
Camila hat auf dieser Seite leider kein Datum notiert, weshalb ich nicht sagen kann, wann sie dieses Lied geschrieben hat. Doch ich bin mir sicher, dass sie von mir schreibt. Camila hat vor drei Jahren etwas für mich empfunden. Nach unserer gemeinsamen Arbeit an „I Know What You Did Last Summer" hatten wir keinen Kontakt mehr. Ich konnte nicht mit ihr reden ohne daran denken zu müssen, dass sie nichts für mich empfindet – damals dachte ich noch, dass sie keine Gefühle für mich hatte. Ihre Gründe für die Stille kannte ich nicht, aber ich kann mir vorstellen, dass sie versucht hat, ihre Gefühle für mich damit zu unterdrücken.
Ich blättere einige Seiten zurück, aber weil ich nichts interessantes finde, blättere ich wieder nach vorne. Als ich die nächsten Zeilen lese, reiße ich die Augen weit auf. Mein Herz droht mir aus der Brust zu springen.
I need somebody while you're gone.
With a voice like you.
And a face like you.
I need somebody while you're gone.
Somebody just like you, Shawn.
Plötzlich realisiere ich etwas, was ich nicht beachtet habe: Sebastian und ich haben mehrere Gemeinsamkeiten. Camila hatte mir erzählt, dass er – genaue wie ich – keine Tomaten mag. Ich erinnere mich auch daran, dass Sebastian eine Narbe im Gesicht hat, die meiner kleinen Narbe ähnelt. Er spielt auch Gitarre und ist – wenn ich dem Lied, das ich vorhin in Camilas Notizbuch gelesen habe glauben kann – ebenfalls ein schlechter Tänzer.
Das klingt unglaubwürdig, aber trotzdem kriege ich das breite Grinsen nicht aus meinem Gesicht.
Was ist, wenn sie immer noch etwas für mich empfindet?
Findet ihr, ich sollte die Sicht im Buch öfter wechseln? Ich habe das Gefühl, als würde ich immer zu lange aus der Sicht von Shawn oder Camila schreiben.
Ich bin froh, dass das hier das letzte Kapitel ist, bei dem ich auf die Cuts achten muss. Die ganzen spannenden Cuts werde ich natürlich nachholen 🤷♂️😂💚
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Used To This [S.M. & C.C. Fanfiction]
FanfictionShawn Mendes und Camila Cabello. Zwei Weltstars, die gerade am Höhepunkt ihre Karrieren angekommen sind. Was passiert, wenn sie sich drei Jahre nach ihrem letzten Treffen erneuert sehen und merken, dass sie sich noch immer lieben? Alles scheint sich...