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„Ich will, dass du weißt, dass ich dich liebe", hauche ich während eine Träne meine Lippen erreicht und ich die salzige Flüssigkeit schmecke. Zitternd atme ich aus. „Ich liebe dich wirklich, aber-" Meine Stimme bricht und ich schluchze.

„Wovon sprichst du?" Sebastians Hand, die eben noch meinen Rücken getätschelt hat, stoppt.

Das hier ist ein Fehler. Wir sollten hier nicht sitzen. Ich sollte ihm das hier nicht erzählen. Die schlechten Schmetterlinge, die mich die letzten Tage über begleitet haben, fliegen wieder hinter meiner Brust umher.

„Camila?"

Meine Fingernägel bohren sich in meinen Oberschenkel, aber ich spüre keinen Schmerz. Die Nervosität blockiert meine Sinne. „Ich... Ich kann verstehen, wenn du mich gleich hassen wirst." Meine Stimme ist gerade noch zuhören. Ich schließe meine Augen, weil ich weiß, dass ich seinen Anblick nicht ertragen werden kann. „Shawn und ich haben uns geküsst." Das Zittern meiner Unterlippe ignoriere ich.

Sebastians Körper neben mir erstarrt. Noch nicht einmal seinen Atem nehme ich wahr. Vielleicht wird sein Atem auch einfach nur von meinem Herzschlag übertönt.

„Du lügst", murmelt er und ich höre den Schmerz aus seiner Stimme heraus.

Ich wünsche ich würde lügen, Sebastian.

Schwach schüttele ich den Kopf. „Vier Tage vor seinem Abflug aus Miami war ich bei ihm im Hotel. Da ist es passiert." Die Bilder unseres Kusses spielen sich vor meinem inneren Auge ab, aber ich verdränge sie sofort. Jetzt ist definitiv der falsche Moment, um an den Kuss zu denken.

Mehrere Sekunden – oder sogar Minuten – sagt keiner ein Wort. Was soll ich auch sagen? Es tut mir leid? Das macht den Kuss auch nicht rückgängig. Schließlich rede ich doch weiter, aber noch immer ist meine Stimme sehr leise. „Ich wollte das nicht."

„Was? Ihn küssen? Warum hast du es dann getan?" Bei seiner Lautstärke zucke ich zusammen. „Sieh mich an wenn ich mit rede", sagt er etwas ruhiger, aber seiner Stimme bebt trotzdem. Ich hebe meinen Kopf und sein Anblick zerreißt mir das Herz. Seine Wangen sind feucht und enttäuscht schaut er mich an. Ich blicke runter auf seine Hände und sehe, wie seine Knöchel durch die Anspannung seiner Faust weiß hervortreten. „Warum hast du es getan?"

Ich schlucke schwer. „Weil. Ich. Wir" stammele ich. „Ich war überfordert, weil er mich geküsst hat. Es tut mir-"

„Sag das nicht!" Erneuert zucke ich zusammen. Mittlerweile habe ich das Gefühl, als würde mein Herz gleich explodieren. „Sag nicht, dass es dir leid tut, denn dann hättest du es nicht getan."

„Ich liebe dich", wispere ich. Erwarte ich ernsthaft, dass diese Worte unsere Beziehung retten können?

„Hast du zu Shawn auch gesagt, dass du ihn liebst? Empfindest du etwas für ihn?" Shawns Namen betont er dabei so, als wäre er etwas Ekelhaftes.

„Nein", lüge ich und schüttele zur Verdeutlichung meinen Kopf. Ich habe Gefühle für Shawn, aber das kann ich Sebastian nicht erzählen. Es würde ihn noch mehr verletzen.

Mein Freund – jedenfalls hoffe ich, dass er das noch ist – schnieft. „Warum zur Hölle hast du dich danach noch mit ihm im Studio getroffen?"

Darauf habe ich keine Antwort, weshalb ich den Blick abwende. In diesem Moment vibriert mein Handy in der Hosentasche meiner Jeans, aber das ist mir gerade egal. Die Person kann sicherlich warten.

„Ich warte auf eine Antwort", knurrt er. Mir läuft ein Schauer über den Rücken. Er hat in den zwei Jahren, in denen wir zusammen sind, noch nie so mit mir geredet.

„Andrew hat es mir nicht erlaubt, das Projekt abzubrechen", murmele ich und schaue auf meine Finger herunter, die ich miteinander knete. Ich merke selber, wie dumm meine Worte eigentlich klingen. Die Ausrede würde ich mir selber auch nicht glauben.

„Ist das dein verdammter Ernst? Dieses Lied ist dir wichtiger als unsere Beziehung?" Seine Stimme ist wieder ein Schreien und ich möchte mir nicht vorstellen, wie schrecklich er sich gerade fühlt. Sebastian rauft sich die Haare.

„Ich kann verstehen, dass du wütend bist, aber-"

„Aber was? Glaubst du ich habe nicht gemerkt, wie du jedes Mal gelächelt hast, wenn er dir eine Nachricht geschrieben hat? Oder wie du ihn verträumt angeschaut hast, als ihr videogechattet habt?" Enttäuscht schüttelt er den Kopf. Sein Kehlkopf hebt sich beim Schlucken. „Du hast mir gesagt, ihr seid nur Freunde", haucht er. Sein Atem fühlt sich auf meiner feuchten Wange so kalt an.

„Ich weiß, dass ich das gesagt habe und ich schwöre dir, ich habe es so gemeint." Meine Stimme bricht erneuert, weshalb ich mich räuspere. „Aber ich empfinde wohl doch noch etwas für ihn."

„Doch noch? Warst du etwa die ganze Zeit über in ihn-"

„Nein!",unterbreche ich ihn sofort, bevor er auf eine falsche – eigentlich richtige – Schlussfolgerung kommt. Mein Mund sträubt sich, die nächsten Worte auszusprechen, aber ich muss es tun. Ich kann Sebastian nicht weiter anlügen, egal wie schrecklich ich mich wegen der Wahrheit fühle. „Aber in den letzten Woche ist aus der Freundschaft etwas mehr geworden." Ich hoffe inständig, dass er mich nicht verstanden hat.

Leider hat er das, denn mit großen Augen blickt er mich an. „Also habe ich Recht. Du liebst ihn." Es erschreckt mich, wie ruhig und emotionslos seine Stimme plötzlich ist. Als hätte ich ihm seine Gefühle geraubt. „Das war es also mit uns. Ich wünsche euch beiden noch viel Glück." Dann steht er auf und verlässt den Raum, ohne zu mir zurückzublicken. Geräuschlos schließt er die Tür und mir bleibt keine Zeit, etwas zu entgegnen. Kurz später höre ich, wie die Wohnungstür zugeknallt wird.

Sein letzter Satz lässt den Damm in mir einreißen und ich wimmere, während meine Sicht immer wieder verschwimmt. Schlussendlich kauere ich mich kraftlos auf unserem Bett zusammen und weine. Ich wünschte, dass das hier ein Traum wäre, aber das ist es nicht. Sebastians holzig-süßer Geruch hängt noch immer an der Bettwäsche und ich atme ihn tief ein.

Die Schmerzen, die ich gerade empfinde, können nicht beschrieben werden. Ich habe oft gehört, dass es weh tut, jemanden zu verlieren, den man liebt. Diesen Schmerz hätte ich mir jedoch niemals vorstellen können.

Es fühlt sich an, als hätte mir jemand gewaltsam mein Herz aus dem Brustkorb gerissen. Das Schlimmste an allem ist, dass ich diese Person bin.

Warum musste ich mich auch in Shawn verlieben?

Sebastian weiß jetzt endlich die Wahrheit.

Mir ist das Schreiben dieses Kapitels echt schwer gefallen, weil ich mich nicht wirklich in die Gefühle hinein versetzen konnte. Ich war mein ganzes Leben lang Single, deswegen weiß ich nicht, wie sich eine Trennung anfühlt 🤷‍♂️😂 Ich hoffe das Kapitel gefällt euch trotzdem 💚

Used To This [S.M. & C.C. Fanfiction]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt