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Shawn und ich haben in den letzten Woche oft miteinander telefoniert - meistens um uns über unsere Songideen zu unterhalten. Es hat gut getan, mit meinem „ehemals besten Freund" Gespräche führen zu können, ohne dass ständig eine unangenehme Stille entstanden ist. Ich weiß nicht, woher dieser plötzliche Wandel gekommen ist, jedoch vermute ich, dass er einfach nur an unserer gemeinsamen Arbeit liegt. Vielleicht wird es auch irgendwann wieder wie früher. Das würde mich echt freuen, ich vermisse meinen besten Freund.

Der Braunhaarige setzt sich neben mir auf das Sofa und legt sein Notizbuch auf dem Tisch ab. Wir haben uns bei mir zuhause verabredet, um an unserem Song weiter zu arbeiten. Von den zwei Wochen Pause, die er hat, verbringt er eine in Miami. Nächste Woche fliegt er zu seiner Familie nach Toronto.

,,Hast du Hunger? Wir haben noch etwas Toma-"

Shawn unterbricht mich. ,,Nein danke, ich war gerade mit Brian essen. Außerdem weißt du, dass ich Tomaten hasse." Am Ende verzieht er das Gesicht.

,,Stimmt, das hatte ich ganz vergessen", lache ich. ,,Sebastian mag eigentlich auch keine Tomaten, aber er liebt meine Tomatensuppe. Das ist aber auch das einzige Gericht mit Tomaten, das er isst." Ungläubig schüttele ich den Kopf, als wäre es etwas komisches, keine Tomaten zu mögen.

Shawn streicht mit seiner linken Hand über einige dunkle Linien auf dem rechten Handrücken, die mir zum ersten Mal auffallen. Das Tattoo bildet einen Vogel ab, aber ich kann nicht genau erkennen, welcher Vogel es ist. Es erinnert mich an das Nachtigall-Tattoo von Sebastian.

,,Ist das Tattoo neu?", frage ich und ignoriere damit seine Aussage.

Er folgt meinem Blick zu seinem Handgelenk. ,,Ja, ich habe es vor einigen Wochen gestochen, als ich in Portugal war." Er streicht erneuert über das Tattoo. ,,Es ist eine Schwalbe."

,,Und hat es eine Bedeutung?"

Er nickt. ,,Schwalben finden immer den Weg nach Hause. Es soll mich daran erinnern, meine Familie niemals zu vernachlässigen, egal wie gut oder schlecht meiner Karriere läuft."

Seine Worte bringen mich zum Lächeln. Genauso denke ich auch. Meine Familie war immer für mich da und das möchte ich ihnen zurück geben. Sie ist der wichtigste Teil meines Lebens, auch wenn meine Eltern und Sofia etwas nervig sein können.

,,Wie weit bist du jetzt eigentlich mit deinem Album?", wechselt Shawn das Thema und lehnt seinen Rücken an das Kunstleder hinter sich.

Der Gedanke an meine erste Single bringt mich zum Grinsen. ,,Wir veröffentlichen nächste Woche meine erste Single. Sie heißt ,Easy'." Das Lied habe ich bisher auf keiner sozialen Plattform angekündigt, weil wir meine Fans damit überraschen wollen. Es ist das Lied, das ich Sebastian letzten Monat vorgesungen habe.

,,Darf ich sie hören?"

Ich beiße mir auf die Lippen. Gerne würde ich ihm das Lied zeigen, aber gleichzeitig weiß ich, was Shawn für mich empfindet. Es würde ihn verletzen, wenn er hört, wie ich von meiner Liebe zu Sebastian singe. ,,Nein, tut mir leid, aber es soll eine Überraschung werden", antworte ich daher.

Shawn zieht einen Schmollmund. ,,Darf es nicht einmal ein guter Freund hören?"

,,Shawn, ich meine es-"

Er unterbricht mich, indem er mit seiner Stimme ein Kind imitiert. ,,Ich erzähle es auch keinem."

Schließlich kann ich seinem Hundeblick nicht widerstehen und gebe seufzend nach.

,,Also, hier ist es", murmele ich und spiele die MP3-Datei ab.

Obwohl ich mir das Lied bereits mehrere Male angehört habe, muss ich jedes Mal wieder anfangen zu lächeln. Es ist eines der schönsten Lieder, die ich in meiner Karriere geschrieben habe.

Während das Lied läuft, schaue ich gebannt zu Shawn, um seine Reaktion nicht zu verpassen. Gleichzeitig habe ich Angst vor seiner Reaktion. Er runzelt während der ersten Strophe die Stirn und ich muss schmunzeln. Genauso hatte Sebastian auch reagiert, als ich ihm das Lied vorgesungen hatte.

Als der Refrain das erste Mal gespielt wird, bewegen sich Shawns Mundwinkel und bleiben das restliche Lied über in dieser Position. Das Lächeln erreicht jedoch nicht seine Augenwinkel, weshalb ich mir unsicher bin, wie ich seine Mimik deuten soll.

,,Du liebst ihn sehr, oder?", spricht Shawn, nachdem er sich geräuspert hat und mein Herzschlag beschleunigt sich. Ich habe Angst, ihm weiterhin in die Augen zu schauen und seinen Schmerz zu sehen, weshalb ich den Blick abwende.

Stumm nicke ich, denn ich weiß nicht, was ich sagen könnte. Es bringt mich um, dem Mann vor mir weh zu tun. Dabei mache ich es nicht mit Absicht. Ich könnte niemals jemandem mit Absicht weh tun - erst Recht nicht, wenn mir diese Person wichtig ist.

,,Das ist schön", murmelt er und ich höre ihn laut schlucken.

Mehrere Minuten bleibt es ruhig. Wie kann es sein,dass wir miteinander telefonieren können, aber sich jedes Mal eine angespannte Stimmung ausbreitet, sobald wir nebeneinander sitzen? Ich verstehe es nicht und ich möchte auch nicht, dass unsere Gespräche jedes Mal so enden.

Der Riese neben mir greift nach seinem Notizbuch und schlägt eine Seite auf. ,,Das hier hatte ich dir noch nicht gezeigt."

Ich hebe meinen Blick, der noch immer nach unten gerichtet war und schaue in sein Notizbuch.

Land in Miami, the air was hot from summer rain.

Sweat dripping off me, before I even knew her name, la la la.

,,Das ist gut. Das können wir bestimmt noch einbauen." Ich verdränge das Stechen hinter meiner Brust und den Gedanken, über wen er das geschrieben haben könnte. Von mir kann es nicht handeln, wir haben uns nicht in Miami kennengelernt.

,,Super", spricht Shawn. ,,Wollen wir das, was wir bisher haben, durchgehen?" Er greift nach einem der Butterkekse aus der Schüssel.

Während unserer Telefonate haben wir schon eine kleine Melodie für den Refrain komponiert und auch die Instrumentalmusik steht größtenteils fest. Das Lied hat einen starken Einfluss von lateinamerikanischer Musik und wird „Señorita" heißen. Bisher steht aber nur der Refrain fest. Für die Strophen haben wir nur einzelne Zeilen und auch die zugehörige Melodie fehlt uns noch.

„Gerne." Ich stehe auf und hole Sebastians Gitarre, die an der Wand hängt und gebe sie Shawn. Sebastian wird bestimmt nichts dagegen haben, wenn Shawn sie benutzt.

Shawn streicht mit seinen Fingerkuppen über die Gitarre und wenig später fangen wir mit dem Singen an. Unsere Stimmen harmonieren perfekt miteinander und es kommt mir vor wie damals, als wir das erste Mal „I Know What You Did Last Summer"gesungen haben.

„All along I've been coming for you. And I hope it meant something to you. Call my name I'll be coming for you", singen wir die letzten Zeilen des Refrains, die Shawn vor einer Woche am Telefon vorgeschlagen hat, und beenden damit das Lied.

Er stellt die Gitarre zur Seite und strahlt mich an, was ich erwidere.

Könnt ihr nachvollziehen, dass die beiden sich wieder etwas näher gekommen sind?

Habt ihr das „My Oh My" Musikvideo schon gesehen? Wie findet ihr es? Irgendwie ist es anders als ihre anderen Musikvideos und am Anfang mochte ich es nicht wirklich, aber jetzt mag es ich es umso mehr. Es ist in den Trends auf Platz 12 und ich würde mich echt für sie freuen, wenn es noch höher kommt, vor allem nachdem die anderen Singles nicht so gut angekommen sind.

Used To This [S.M. & C.C. Fanfiction]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt