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Ich laufe den beleuchteten Gang des Hotels entlang, bis ich bei der Holztür mit der Nummer 613 angekommen. Mein Herz schlägt schneller als sonst und mein Mund ist ganz trocken.

Es ist zwei Uhr nachts und ich bin ernsthaft in dem Hotel, in dem Shawn übernachtet. Er hatte mir geschrieben, dass wir unbedingt über etwas reden müssen, sobald ich seine Nachricht sehe. Ich wollte es auf Morgen verschieben, aber ihm zufolge sei es dringend. Nachdem ich ihm geschrieben hatte, hat er darauf bestanden, dass wir uns sofort treffen.  Also habe ich mir ein Taxi gerufen und bin zu seinem Hotel gefahren.

Ich hebe meine Hand um an der Tür zu klopfen, aber kurz bevor meine Hand das glatte Holz berührt, stoppe ich. Ich kann doch nicht zu Shawn, während ich eigentlich neben Sebastian im Bett liegen sollte. Schließlich atme ich tief durch und klopfe dann doch an der Tür. Shawn und ich sind nur Freunde, Sebastian hat keinen Grund, eifersüchtig zu sein.

Die Tür öffnet sich und der Kanadier erscheint vor mir. Seine dunklen Locken stehen wirr in alle Richtungen ab und auf seinem Gesicht sind kurze Bartstoppeln gewachsen. Beim Blick auf seine freien Oberarme – er trägt nur ein Unterhemd und eine Jogginghose – setzt mein Herz einen Schlag aus. Ich sollte nicht hier sein.

,,Camila?" Shawn zieht die Augenbrauen zusammen.

,,Mhm?"

,,Ist alles in Ordnung? Geht es dir nicht gut? Deine Wangen sind etwas gerötet", bemerkt er besorgt.

Ich schüttele den Kopf. ,,Es ist alles gut", antworte ich mit trockenem Mund.

Er zieht mich in eine kurze Umarmung. Während wir uns lösen, streifen meine Finger seine nackten Oberarme. Das hier fühlt sich falsch an. Shawn und ich sind nur Freunde, aber ich kann Sebastian morgen früh doch nicht erzählen, dass ich bei Shawn war. Er ist bereits eifersüchtig, das würde es nur noch schlimmer machen.

Shawn öffnet die Tür und bittet mich herein, doch mein Bauchgefühl sagt mir, dass ich nicht rein gehen sollte. Es fühlt sich falsch an.

,,Shawn, ich sollte gehen", spreche ich mit rauer Stimme. ,,Es ist viel zu spät."

Enttäuscht senkt er die Schultern. ,,Es dauert nicht lange. Ich muss dir etwas sagen." Mein Blick fällt auf seine Narbe. Sie erinnert mich an meinen Traum von vorhin, doch ich verdränge den Gedanken so schnell, wie er gekommen ist.

Ich presse meine Lippen aufeinander und schaue ihn nachdenklich an. ,,Okay."

Hinter mir schließe ich die Tür und blicke durch das Zimmer. Auf dem Boden neben dem Bett liegen eine schwarze Skinnyjeans und einige Shirts verstreut. Die Bettdecke liegt unordentlich auf der Matratze.

Shawn deutet mit seiner Hand auf den Platz neben sich. Für wenige Sekunden habe ich ein Déja-Vú. Es ist, als hätten wir diese Situation schon einmal erlebt.

,,Wieso hast du mich gerufen?", frage ich besorgt und verwirrt zugleich, nachdem ich mich gesetzt habe. Es muss wichtig sein, wenn er sich deswegen um zwei Uhr treffen möchte.

Sein Adamsapfel bewegt sich nach oben und senkt sich wieder. Außerdem wackelt er mit dem Bein. Er ist also nervös.

,,Erinnerst du dich an das, was ich dir vor drei Jahren in San Francisco gesagt habe?"

Scheiße. Ich kann mir vorstellen, worauf er hinauswill. ,,Du hast sehr vieles gesagt", sage ich und versuche damit das Gespräch herauszögern.

,,Damals im Hotelzimmer. Du weißt genau, was ich meine." Er räuspert sich. ,,Der Kuss."

Mein Herz hämmert gegen meine Brust. Ich möchte ihn nicht verletzen, aber es gibt keine andere Möglichkeit.

,,Camila meine Gefühle haben sich seitdem nicht verändert. Ich", er atmet frustriert aus, „liebe dich. Immer noch."

,,Ich-" Meine Stimme bricht und meine Halsschlagader pocht. ,,Ich möchte dir nicht weh tun", flüstere ich. Die Situation überfordert mich so sehr, dass die nächsten Worte meinen Mund verlassen, bevor ich nachdenke. „Ich empfinde nicht dasselbe wie damals. Ich bin mit Sebas-"

,,Was?" Mein Gegenüber zieht die Augenbrauen zusammen. „Du meinst, du hast damals etwas empfunden?", stottert er.

Fuck! Das hätte ich nicht sagen dürfen. Ich raufe mir die Haare. Dann stehe ich auf und verlasse hektisch den Raum. Ich laufe den Hotelgang entlang und ignoriere seine Rufe. In meiner Brust wird es enger.

„Camila!"

Als ich seine Schritte hinter mir höre beschleunige ich meinen Gang und erreiche endlich den Fahrstuhl. Direkt öffnet sich die Tür, da ich gerade eben erst in den sechsten Stock hoch gefahren bin. Ohne zu Zögern steige ich ein.

Im Spiegel sehe ich, wie Shawn ebenfalls in den Fahrstuhl sprintet. Ich versuche an ihm vorbeizulaufen und den Fahrstuhl zu verlassen, aber er zieht mich an meinem Handgelenk zurück in den Fahrstuhl. Ich versuche mich zu befreien, aber sein Griff ist zu fest. Erst nachdem sie die Tür geschlossen hat, lässt er mich los.

,,Warum hast du mich angelogen?" Seine Stimme zittert.

Mit dem Blick auf meine Füße gerichtet, zucke ich mit den Schultern.

,,Antworte mir bitte. Wieso?"

Wieder antworte ich nicht.

,,Camila, bitte ich-"

„Weil aus uns nichts hätte werden können!" Meine Stimme ist lauter als beabsichtigt, aber ich kann es nicht kontrollieren. So war es auch vor einem Monat, als Shawn mich auf unseren Kuss angesprochen hatte. Es war eine Kurzschlussreaktion und ich wusste nicht, was ich sagen soll.

Shawns Mundwinkel bewegen sich nach unten und seine Augen beginnen zu glänzen. Da ich den Anblick nicht ertragen kann, wende ich den Blick ab. Der große Druck hinter meiner Brust verschwindet trotzdem nicht.

Mit einem Schritt nach hinten bringe ich etwas Distanz zwischen unsere Körper, sofern das in dem Fahrstuhl möglich ist. Gerade einmal ein Meter trennt uns jetzt. Worte können nicht beschreiben, wie sehr ich mich in diesem Moment hasse.

Ich stürme aus dem Fahrstuhl, sobald sich die Tür öffnet und schaue nicht mehr zurück. Die Hotellobby ist menschenleer.

„Jetzt warte doch!"

Shawn packt mich an der Schulter und dreht mich zu ihm um. Der Anblick seiner traurigen Miene zerreißt mein Herz. Die ganze Hoffnung, dass Shawn und ich irgendwann wieder Freunde werden könnten, ist verschwunden.

,,Empfindest du noch irgendetwas für mich?", fragt er verzweifelt. Sein Blick wechselt mehrmals zwischen meinen Augen und meinen Lippen, bis er bei meinen Augen hängen bleibt. Eine weitere Träne rollt seine Wange herunter und erreicht seine Narbe.

,,Es tut mir leid Shawn. Ich empfinde nichts für dich", flüstere ich und hoffe, dass es ihn nicht noch weiter verletzt.

Augenblicke später spüre ich seinen Lippen auf meinen.

Könnt ihr Camilas Reaktion nachvollziehen? Was passiert als nächstes?

Used To This [S.M. & C.C. Fanfiction]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt