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Wehmütig fahre ich mit meinem Finger die Kanten des weißen Bilderrahmens entlang. Meine Mutter trägt auf dem Bild ihr Hochzeitskleid und mein Vater einen schwarzen Anzug – beide Kleidungsstücke besitzen sie auch heute noch. Sofia steht links von meiner Mutter in einem wunderschönen lila Kleid, das gerade nach unten fällt. Ich trage dasselbe Kleid, nur dass es rot ist.

Wir hatten das Bild letztes Jahr am Jahrestag unserer Eltern geschossen. Das war genau heute vor einem Jahr.

Vorsichtig stelle ich den Bilderrahmen wieder auf die Kommode und verlasse anschließend das Schlafzimmer meiner Eltern.

Mittlerweile ist ein Monat seit der Beerdigung meines Vaters vergangen und er fehlt mir wirklich sehr. Shawn stand mir und meiner Familie währenddessen stets zur Seite, wofür er einen Großteil seiner Pause genutzt hat. Seine Familie ist kurz nach der Beerdigung wieder nach Toronto geflogen. Vorher haben der Kanadier und ich unsere Beziehung vor unseren engstem engsten Bekanntenkreis bekannt gemacht. Unsere Familien und Manager, Brian, Amanda, Ryan – Amandas Freund –, Shawns Songwriter der lustigerweise auch Ryan heißt und Teddy wissen davon. Sie haben sich alle über unsere Beziehung gefreut, wobei meine Mutter und Sofia zu mir meinten, dass sie es ohnehin schon geahnt haben. Shawn und ich waren wohl doch etwas zu unvorsichtig.

Unten in der Küche sticht sofort der Geruch von frischen Eiern hervor. Dort treffe ich auf meine Mutter, die am Herd steht und auf Sofia, die neben ihr steht und Obst klein schneidet.

Mit einem „Guten Morgen!" begrüße ich die beiden lächelnd.

Meine Mutter erwidert mein Lächeln, aber es erreicht nicht ihre Augen. Sofort habe ich ein ungutes Gefühl. „Ist alles in Ordnung?", frage ich daher.

Meine Mutter schüttelt ihren Kopf. Ich habe geahnt, dass es ihr nicht gut geht. Sie stellt die Pfanne, in der sie gerade noch herum gerührt hat auf einem Topflappen ab und dreht sich dann mit ihrem Oberkörper zu mir um.

Sie räuspert sich. „Ich habe einen Anruf von der Polizei erhalten. Sie haben durch Zeugenaussagen den Ablauf des Unfalls rekonstruieren können. Die Täter wurden gefasst?"

Mir gefriert das Blut in den Adern. Mein Vater wurde ermordet?

Der Kehlkopf meiner Mutter hüpft, ehe sie weiterspricht. „Die Polizei hat alle Zeugen befragt und viele von ihnen haben von einem Autorennen berichtet."

Ich reiße die Augen auf. Das kann nicht sein. Mein Vater hätte niemals an einem Rennen teilgenommen. Sofia lauscht meiner Mutter stumm.

„Zwei Autos haben ein illegales Rennen auf der Straße geführt. Dein Vater ist gerade in die Straße eingebogen, als sein Wagen von einem der Autos, das im Rennen involviert war, getroffen wurde." Die Augen meiner Mutter beginnen zu glänzen. „Wegen einem dieser Bastarde ist Alejandro tot", schluchzt sie.

„Nein", murmelt Sofia. „Das kann nicht sein." Ihre Augen füllen sich mit Tränen.

Meine Mutter zuckt mit den Schultern. „Doch und das ist einfach nicht fair." Sie hört sich beim Aussprechen dieser Worte wie ein hilfloses Kind an und das bricht mir das Herz. Ich unterdrücke mühevoll die Tränen, die aus meinen Augen zu kommen drohen. Ich muss für meine Mutter und Sofia stark sein.

Ich schließe meine Familie fest in meine Arme. Trotz meiner Anstrengung, nicht zu weinen, beginne auch ich schließlich damit.

Irgendwelche Vollidioten veranstalten ein Rennen auf der Straße und töten dabei „aus Versehen" einen Menschen. Meine Mutter hat Recht – das ist einfach nicht fair.

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„Mum, ich muss dich etwas fragen", frage ich, nachdem wir uns alle beruhigt haben und am Küchentisch sitzen.

Used To This [S.M. & C.C. Fanfiction]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt