ᗯᗴᒪᑕOᗰᗴ ᕼOᗰᗴ

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Langsam fuhr ich unter dem riesigen Tor hindurch, welches mich direkt auf den Hof führte. Es war genau so, wie ich mir immer ein Gestüt vorgestellt hatte. Mitten auf dem Hof stand ein kleiner Springbrunnen und rund herrum war ein Rasen mit ein paar Blümchen. Überall standen kleine und wuchtige Bäume. In einer Ecke sah ich sogar ein Bronze-Pferd. Die niedrig stehende Sonne blendete mir direkt ins Gesicht. Vorsichtig drehte ich eine kleine Runde um den Brunnen, bis ich schließlich anhielt, mein Auto ausstellte, die Handbremse anzog und ausstieg.

Ruhig sah ich mich um. Doch ich sah niemanden. Man, ich hasste es wirklich, wenn ich irgendwo fremd war und dann auch noch allein. Wenn mich wenigstens einer in Empfang genommen hätte...Aber nein, so musste ich mich wohl oder über allein auf die Suche nach jemanden machen. Um ein bisschen Zeit zu schäden ging ich zu allererst zum Hänger und öffnete die kleine Tür. Sofort streckte mir Geysir seine weiche Nase entgegen und schnaubte einmal.

"Ah, guten Tag!", begrüßte mich plötzlich eine alte Stimme hinter mir. Sofort drehte ich mich um und erblickte einen alten Mann in den 70-igern. Lächelnd kam er auf mich zu und reichte mir seine Hand. "Ich bin Herr Wagner", stellte sich der Mann vor. Herr Wagner war der Chef von diesem Gestüt, mit ihm hatte ich telefoniert. Gut, dann kannte ich zumindest schon mal einen hier.

"Und du musst Geysir sein." Herr Wagner griff an mir vorbei und tätschelte die Stirn meines Pferdes, welches neugierig aus dem Hänger lugte. "Deine Boxennachbarn freuen sich schon dich kennenzulernen. Willst du ihn abladen? Ihr habt sicherlich eine lange Reise hinter euch", wandte er sich nun wieder an mich. Ich nickte nur schnell und ging hastig zum Auto um mir meine Handschuhe anzuziehen und eine Longe zu holen, denn das war das erste Mal, dass ich ihn abladen würde. Und dabei konnte viel schief gehen. Mein erstes Ponny war immer ohne mich ausgestiegen, später mussten wir ihn immer auf dem Hängerparkplatz einfangen.

Seitdem zog ich mir immer Handschuhe an und nahm eine Longe zum herunter führen. Ich krabbelte durch die kleine Tür in den Hänger und wechselte den Strick gegen meine Longe. Jetzt gab ich Herrn Wagner das Kommando, dass er die Klappe runter lassen und die Stange beiseite hängen konnte. Vorsichtig und mit viel Feingefühl schickte ich mein Pferd den Hänger hinunter. Zwar geriet er etwas schief, aber dennoch benahm er sich vorbildlich und das beruhigte mich ungemein. Zumindest er benahm sich. Draußen führte ich ihn kurz ein paar Runden im Schritt, um zu gucken, ob er normal lief oder irgendwelche Verletzungen hatte. Immerhin wusste ich nicht, was er während der Fahrt so getrieben hatte. Doch er lief einwandfrei. Geysir fand das hier unnötig, lieber schrie er nach den anderen Pferden, die aufgregt in ihrer Box standen und zu uns rüber sahen.

"Na dann räum ihn weg", gab der Chef mir die Anweisung und ging Richtung Stall. Da ich nicht wusste wohin, folgte ich ihm erstmal. Mein Pferd machte zwar ein paar tänzel Schritte, doch im Großen und Ganzen folgte er mir braf. Die Stallgasse sah sehr ordentlich aus. An den Boxentüren streckten die Pferde neugierig die Nasen nach meinem aus. Auf der linken Seite fand ich schließlich eine frisch eingestreute Box. Herr Wagner blieb stehen und trat einen Schritt zur Seite. Ich brachte meinen Jungen in die Box und zog ihn den Halfter vom Kopf. Dann streichelte ich nochmal seine Hals, bevor ich in die Stallgasse trat und die Tür hinter mir schloss. Sofort steckte er sein Maul in den Heuhaufen und bekundigte dann seine Boxennachbarn. Er benahm sich wirklich vorbildlich. Kein Quicken, kein Schlagen, nicht mal die Ohren legte er an.

"Und, hast du gut hergefunden?" Herr Wagner ging wieder Richtung Hof und ich folgte ihm. "Ja es war nicht so schwer. Es ist ja hier alles super ausgeschildert. Und da mein Pferd auch schön ruhig stand, war es eine angenehme Fahrt gewesen."

"Wie alt ist er?"

"Geysir ist 6. Vor einem Jahr hab ich ihn gekauft. Davor hatte ich ein deutsches Sportpferd und davor ein deutsches Reitponny."

"Und Geysir ist?"

"Achso ja, Geysir ist ein Connemara. Sein Vater ist Glaskopf lwyn und sein Muttervater ist Groken Gun."

Wir kamen wieder auf den Hof und schlagartig war es dunkler geworden.

"Ich würde vorschlagen, dass du jetzt den Hänger sauber machst, wir den wegstellen und dann die Tiere füttern. Was hälst du davon?" Ich nickte einvernehmlich und Herr Wagner gab mir Schippe und Besen. Nachdem das erledigt war, schob ich noch mein Hänger in einer Reihe von anderen Anhängern und hing ihn ab. Danach ging es zurück in den Stall. Immer wieder sah ich Dinge, die mir vorher gar nicht aufgefallen waren.
Zum Beispiel fiel mir erst jetzt auf, wie groß dieser Stall eigentlich war. Von dem Hauptgang gingen jeweils noch zwei weitere Gänge nach links und rechts und in fast jeder Box befand sich ein Pferd. Das Gebäude war groß und dennoch gemütlich. Ich war mir sicher, dass es hier jedem Pferd gefallen würde. Die Boxen waren groß und geräumig, die Tränken beheizbar. Jedes Pferd hatte seine eigene Decke und Strick und Halfter vor der Box zu hängen.

Am Ende des Ganges waren zwei Heuballen und noch ein paar weitere Strohballen aufgestapelt. Sofort nahm ich mir eine Forke in die Hand, um nicht teilnahmslos dort rum zustehen. Plötzlich hörte ich das typische Geräusch von Hufeisen auf Stein. Ich drehte mich um und sah, wie ein junger Mann ein Pferd in die Box führte.

"Ah, Nick ist da", gab Herr Wagner von sich. "Nick ist ebenfalls ein Lehrling, nur er ist bald fertig. Er kommt gerade von der Koppel und hat die Schulpferde für Morgen schon reingeholt."

"Ah..", nickend nahm ich seine kurze Vorstellung zur Kenntnis und machte mich daran Heu vom Ballen zu ziehen. Ich machte einen Heuhaufen und erkundigte mich dann bei Herr Wagner, ob das so ok war. Er nickte und so gab ich jedem Pferd in etwa die gleiche Ration an Heu. Nach einer halben Stunde waren wir fertig. Dieser Nick hatte auch noch mitgeholfen, nachdem er mir von Weitem ein flüchtiges 'Hallo' zu geworfen hatte. Danach verschwand Herr Wagner im Haus, während wir beide noch die Stallgasse fegten.

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