ՏᑌᖇᑭᖇIՏᗴ

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Nach einer Weile fing ich mich wieder. Noch immer hatte er seine Arme um meinen Körper geschlungen und ich fragte mich, wie ich ihm das Signal geben konnte, dass er mich nun loslassen konnte.
Doch bevor ich irgendwas sagte, ließ er auch schon von mir ab und lächelte mich sanft an. Seine Hände lagen noch immer auf meinen Schultern.

"Bitte tu mir einen Gefallen und rede mit mir, wenn was ist. Geteieltes Leid ist halbes Leid." Aufmunternd lächelte er mich an. Er schaffte es sogar mir ein kurzes Lachen zu entlocken, denn mit diesem Spruch hatte ich nicht gerechnet.

"Danke", flüsterte ich mehr, als sagte, obwohl ich viel Kraft in meine Stimme gelegt hatte.

"Nicht dafür. Für sowas sind Freunde doch da, oder nicht?", erwiderte er.

Dann waren wir also Freunde...das wusste ich noch gar nicht. Zum wiederholten Male strich ich meine Wangen trocken. Ich hasste es vor Leuten zu weinen, die ich kaum kannte. Hoffentlich würde er das schnell wieder vergessen.

"Ich glaube ich möchte erstmal nicht springen...", gab ich leicht lächelnd von mir.

Er nickte daraufhin nur. "Ist ok, gibt es vielleicht sonst noch irgendwas was ich wissen sollte?" Neugierig sah er mich an. Doch ich wusste nicht, worauf er hinaus wollte. Mein Kopf arbeitete auf Hochtouren. Urplötzlich fiel mir das Gespräch zwischen Luisa und mir von gestern ein. Oh nein, hatte er etwa irgendwas davon mitgehört.

"Ähm eigentlich nicht."

"Eigentlich?", bohrte er nach, dabei sah er mir tief in meine Augen. Nick hatte ein amüsiertes Lächeln aufgesetzt und funkelte mich mit seinen gräulichen Augen an. Mein Herz setzte für einen Moment aus. Oh mein Gott, was wollte er? Auf meinem Gesicht breitete sich ein unschuldiges Lächeln aus.

"Nein."

Versuchte ich bestimmter, doch selbst mein eigenes Wort überzeugte mich nicht. Meinem Gegenüber schien das aber zu reichen.

"Gut, wollen wir dann füttern? Wir müssen pünktlich zum Geburtstagsessen." Mit diesen Worten drehte er sich um und verließ die Sattelkammer, nachdem ich zugestimmt hatte. Ich hatte ganz vergessen, dass Luisa heute Geburtstag hatte. Zwar hatte ich ihr heut morgen gratuliert, aber die Arbeit blieb schließlich nicht aus und so konnte das schon mal schnell in Vergessenheit geraten. Jetzt hatte ich wieder etwas, worauf ich mich freuen konnte und außerdem fühlte ich mich jetzt etwas erleichterter, nachdem ich jetzt wusste, dass ich erstmal nicht mehr springen musste. Danke Nick! Schnell folgte ich ihm in die Stallgasse und wir fütterten alle drei zusammen die Pferde.

Natürlich erntete ich von Luisa einen ziemlich zweideutigen Blick, als sie mich mit Nick aus der Sattelkammer kommen sah. Ich winkte nur ab und widmete mich dem Heuballen.
Zusammen saßen wir alle zusammen am Abendbrotstisch und ließen uns das herrliche Essen von Martha schmecken. Nach so einem Tag, tat sowas echt gut. Vor allem, weil es mich so an zu Hause erinnerte. Die ganze Aufmerksamkeit lag heute auf Luisa, und das war perfekt. Nick und ich hielten meinen kleinen Tränenausbruch erstmal für uns. Ich liebte es sowieso, wenn ich Zuhörer sein konnte und nicht im Mittelpunkt stand. Ich war eher der stille Typ, der aber alles richtig machen wollte. Ich wollte einfach nicht auffallen.

Müde und nachdenklich lag ich in meinem Bett und schrieb noch kurz mit meiner Familie. Es war zwar gerade erst halb neun, dennoch war ich von dem heutigen Tag einfach nur geschafft. Plötzlich klopfte es an meiner Tür. Ich war zwar im hässlichsten Schlabberoutfit, dass man sich vorstellen konnte, jedoch war mir das egal. Nick hatte mich heulen gesehen, das war sowieso schlimmer, als jedes Outfit und vor Luisa war es mir egal, wie ich aussah.

"Ja?", sagte ich deshalb etwas lauter. Sogleich öffnete sich die Tür. Es war Nick.

"Kann ich reinkommen?", fragte er vorsichtig.

"Klar", antwortete ich nur und musste kurz über seine Unsicherheit lachen.
Er schloss die Tür hinter sich, kam an mein Bett und setzte sich. Dann sah er mich nachdenklich an. Ich war gespannt darauf, was er jetzt sagen würde.

"Ist alles ok bei dir?", fragte er mich schließlich und sah mich dabei prüfend an. Wie niedlich war das denn?
Unwillkürlich musste ich lächeln.
"Ja, mach dir keine Sorgen. Weißt du..früher hatte ich sowas fast jede Springstunde, ich bin es gewohnt. Bist du extra deswegen hergekommen?"

"Ja, es hat mich irgendwie beschäftigt. Ich hatte so einen Schüler auch zum ersten Mal. Mal was anderes...Luisa und ich wollen noch einen Film gucken, willst du mitschauen? Vielleicht ist es ganz gut, um sich abzulenken."

Ich freute mich über das Angebot, doch irgendwie wollte ich einfach meine Ruhe und schlafen. Nichts gegen Nick oder Luisa! Ich mochte wirklich beide sehr gern, doch ich glaubte, ich wäre heut Abend nur eine lästige und müde Spaßbremse.

"Ich weiß nicht...eigentlich bin ich wirklich müde", wollte ich mich entschuldigen, doch er unterbrach mich.

"Ach komm schon. Auch nicht für Luisa?", versuchte er mich zu überreden. Er wollte mich wohl wirklich nicht allein lassen.

"Außerdem weiß ich ein Geheimnis, was ich euch erst verraten werde, wenn ihr beide mit mir den Film schaut. Komm schon, du weißt, dass ich sonst auch gern meine Ruhe abends habe, aber wenn ich die heute Abend nicht haben will, dann muss morgen ja was Besonderes sein, oder nicht?"

Oh Mist, damit hatte er mich. "Na gut beschwer dich aber nicht, wenn ich plötzlich schlafe, ich kann echt nicht mehr", ergab ich mich schließlich und folgte ihn in sein Zimmer. Luisa saß bereits auf seinem Bett mit ihrer Decke und schob sich einen Chip nach dem andere in den Mund.

Ich setzte mich ebenfalls und umhüllte mich mit meiner Decke. Nick hatte sein Fenster sperrangelweit geöffnet, dementsprechend kalt war es. Er ging zu diesem und schloss es. Danach schaltete er schonmal den kleinen Fehrnseher an und verband sein Handy mit dem Fehrnseher. Er öffnete Netflix und gab sein Handy Luisa.

"Such dir den Film raus, den du gucken wolltest."
In der Zwischenzeit zog er über sein schwarzes Shirt, einen dunkelblauen Pulli und setzte sich neben mich.

"Was ist jetzt das Geheimniss?", bohrte ich neugierig nach. Luisa sah ebenfalls vom Handy auf, neugierig sahen wir ihn an.

"Morgen haben wir den ganzen Nachmittag Zeit, um uns Gedanken um die Marbach Classics zu machen. Das heißt welche Prüfungen wir anbieten wollen, welche Showelemente es geben soll, wie wir unsere Hengste und Fohlen vorstellen....all sowas. Diese Vorschläge reichen wir denn bei Herrn Wagner ein, er schaut dann, was sich umsetzten lässt und was nicht. Außerdem sollten wir uns Ideen für den Tag der offenen Tür machen."

Auf Luisa's und meinem Gesicht breitete sich gleichzeitig ein freudiges Grinsen aus. Wahnsinn! Wer hatte schon die Chance bei so einem Turnier mitzugestalten? Wow, ich war sprachlos. Nick sah uns abwartend an und musste schließlich lachen, als er unsere Gesichter sah.

"Aber das wisst ihr nicht von mir, ihr müsst morgen, wenn Herr Wagner es euch erzäht genauso reagieren wie jetzt verstanden?"

Eifrig nickten wir beide. Das Grinsen war aus unseren Gesichter nicht mehr wegzudenken.

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