Tᕼᗴ ᑎᗴᗯ TᗯO

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Allmählich konnten wir uns beide immer mehr und mehr entspannen. Schließlich begann die Lösungsphase und schon trabte ich fleißig in der Halle. Herr Wagner stand in der Mitte der Halle und kommentierte jede meiner Hilfen, aber ich hatte das Gefühl, dass ich wohl ein nicht all zu schlechtes Bild abgab. Zumindest lobte er mich häufig.

Ein bisschen ungewohnt war es schon. In dem damaligen Reitunterricht wurde nicht viel gelobt. Wenn du was falsch gemacht hattest, dann wurde dir das sehr deutlich gesagt und wenn was gut funktioniert hatte, sagte niemand etwas zu dir. Es war ein bisschen frustrierend nach einiger Zeit, weil man nie ein Lob gehört hatte. Egal, wie sehr man sich anstrengte.

"Ok, jetzt fang an ihn zu beschäftigen. Spielen in der Hand, schön an den Schenkel reiten und fleißig vorwärts. Ab und zu mal eine halbe Parade außen, anhalten, wieder anreiten. Und schön viele Schleifen reiten."

Geysir lief wirklich gut, nur das saubere Anhalten haperte noch etwas. Aber alles in allem war ich sehr zufrieden mit meiner ersten Reitstunde. Pünktlich um 11 Uhr führte ich mein Pferd in seine Box und brachte Sattel und Trense weg, nachdem ich das Gebiss abgewaschen hatte. Zufälligerweise waren Nick und ich gleichzeitig damit fertig unsere Sachen wegzuräumen. Zusammen gingen wir ins Haupthaus, um Mittag zu essen. Mein Magen hing mir gefühlt schon in den Kniekehlen und ich war froh, dass man ihn beim reiten nicht knurren gehört hatte. Zudem freute ich mich unglaublich auf die Mittagspause. Ich würde sowas von schlafen.

Zu essen gab es Schnitzel mit Spargel und Kartoffeln und es war köstlich. Naja, ich glaubte mir hätte jedes Essen mit diesem Hunger geschmeckt. Martha kochte genauso wie meine Mutti und das gab mir ein leichtes Gefühl von Heimat. Wieder wurden am Tisch die verschiedensten Themen besprochen. Sie redeten über die anderen beiden Mädchen, die heute noch kommen sollten, über die anstehenden Arbeiten auf dem Hof und so weiter.

In meinem Zimmer angekommen zog ich mir gleich meine Reithose aus und schlüpfte in eine lockere Joginghose. Erschöpft, als ob schon der ganze Tag hinter mir liegen würde, ließ ich mich auf mein Bett fallen, sofort überkam mich die Müdigkeit und ich fing hemmungslos an zu gähnen. Dummerweise trännten meine Augen so blöd, dass es mir schwer fiel eine vernünftige Nachricht an meine Familie zu schreiben. Immer wieder trocknete mein Ärmel meine Augen. Ich stellte mir nur noch einen Wecker und schloss dann die Augen. Sofort schlief ich ein. Eigentlich ein Wunder, da ich am Tag nie schlafen konnte, aber anscheinend musste ich nur hart genug arbeiten...

Kurz vor eins, wurde ich durch mein Handywecker geweckt. Wieder in Reitklamotten ging ich nach unten. Plötzlich hörte ich ein paar Stimmen aus der Küche. Neugierig ging ich in diese und sah vier Personen. Herr Wagner, Nick und vermutlich die anderen beiden Mädchen. Alle lächelten mich an, als ich den Raum betrat und mich mit an den Tisch setzte.

"Hi, ich bin Melanie", begrüßte ich die beiden und stellte mich vor.

"Ich bin Charlien."

"Und ich bin Luisa", stellten sie sich vor und grinsten mich breit an. Auf den ersten Blick wirkten sie doch ganz nett. Charlien hatte strahlend blondes Haar, während Luisa's Haare pech schwarz waren. Beide schätzte ich ungefähr auf mein Alter. Herr Wagner erklärte den beiden den Tagesablauf hier und wies beiden ein Pferd zu. Anscheinend hatten sie keine eigenen. Dann wandte sich Herr Wagner an mich und Nick.

"Während die beiden jetzt ihre Zimmer beziehen, wechseln wir die Pferde. Der erste Schwung kommt wieder rein und der zweite geht raus. Deinen Geysir stellen wir wohl erstmal mit seinem Boxennachbarn auf eine extra Koppel. Danach widmen wir uns dann der Zucht. Nick du zeigst in der Zeit den Mädchen, wo hier alles ist und machst dann dein Pferd fertig."

Er sah zu den Mädchen, die sich anscheinend kannten, so gut, wie sie sich unterhielten.

"Ich glaube, das ist ok für euch, oder? Immerhin kennt ihr ja Nick."

Sie kennen sich? Na toll, dann kann ich mich ja darauf gefasst machen, das fünfte Rad am Wagen zu werden, wenn ich mich bei den Beiden nicht einschleime. Und außerdem: ich wollte auch eine Führung, wer sagte denn, dass ich mich hier schon auskannte?

Mit einem Mal standen alle auf, ich tat es ihnen gleich und so verließ ich zusammen mit dem Chef und Nick das Haus.

"Sollte ich nicht bei der Führung mitgehen?", fragte ich Herr Wagner, da ich schon echt Panik schob, dass ich mich hier eines Tages bitter verlaufen würde.

"Wenn du gleich mit mir unterwegs bist, wirst du den größten Teil hier sehen. Da brauchst du keine Führung mehr", beruhigend lächelte er mich an und klopfte mir dann aufmunternd auf die Schulter.

Es war schön zu sehen, wie viel Spaß mein Pferd mit seinem neuen Kumpel auf der Weide hatte. Er legte ein paar amtliche Bocksprünge hin und quickte wie ein Ferkel. Zufrieden standen wir zu dritt am Zaun der Koppel und beobachteten das Schauspiel. Die Stille wurde plötzlich durch Charlien und Luisa gebrochen, welche kichernd zu uns kamen.

Als sie Geysir quicken hörten, lachten sie noch mehr. Zwar war es noch nicht soweit, aber ich glaubte jetzt schon zu wissen, dass dieses ständige Gekichere mir bald auf den Geist gehen würde.

"Nick, gibst du jetzt unsere Führung?" Die beiden strahlten ihn an. Er setzte auch ein Lächeln auf und verschwand wenige Sekunden später mit ihnen im Stall.

"So, wollen wir? Ich glaube die beiden verstehen sich prächtig", riss mich der Chef aus meinen Gedanken, doch schließlich nickte ich eifrig und so ging er mit mir durch ein Tor, welches uns auf den 'neuen' Teil des Guts führte, so wie er es beschrieb.

"Das ist unsere Zuchtecke. Dort hinten ist der Stall mit extra großen Boxen für die Stuten und Fohlen und auf der rechten Seite stehen unsere 8 Deckhengste. Hinter diesem Tor ist unsere Deckstation. Die zeige ich dir gleich. Aber jetzt gehen wir erstmal in die Ställe und schauen uns die Hengste an."

Herr Wagner zeigte mir, worauf es bei der Zucht der verschiedenen Rassen ankam und wie sie vom Exterieur und vom Interieur sein sollten. Ich musste feststellen, die Hengste die dort in ihren Stallungen standen, sahen wirklich bombastisch aus und alle waren so kuschelbedürftig. Schneller, als ich es überhaupt wahrnahm waren zwei Stunden vergangen und jetzt schon hatte ich unglaublich viel vom Chef erfahren. Drei weitere Mitarbeiter des Hofes hatte ich auch noch kennengelernt.

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