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Die Feiertage mit meiner Familie gingen schneller vorbei, als mir eigentlich lieb war. Gern wäre ich noch ein paar Tage länger geblieben. Zurück auf dem Hof war schnell alles wieder beim Alten. Theo hatte ich mittlerweile auch gebeichtet, dass ich wohl erstmal nicht so gern springen würde. Er hatte sich darüber gefreut, dass ich ihm das erzählt hatte. Er meinte, dass es ihm wohl viel bedeuten würde.

Für mich war es ungewohnt auf so viel Verständnis zu stoßen. Ich hatte ehrlich gedacht, dass sie mich schief angucken würden, doch da hatte ich mich voll getäuscht. Aus Luisa, Nick und mir wurde langsam ein Trio, welches gern zusammen Aufgaben erledigte und rumalberte. Nick war voll dabei seine Jungpferde in Topform zu bringen und auch Luisa bekam die Chance ein paar erfahrenere Pferde auf Turnier vorzustellen. Theo hatte mich zwar auch gefragt, aber ich wollte erstmal lieber zusehen und mit Geysir weiter voran kommen. Vielleicht ja nächstes Jahr..

Die Wintermonate verstrichen, wie im Flug. Allmählich hoben sich die Temperaturen und die Tage wurden wieder länger. Das Anweiden fand statt und die Fohlensaison war in vollem Gange. Jetzt gab es Nächte, in denen ich alle drei Stunden aufstand und in den Stutenstall ging, um zu schauen, ob es irgendwas neues gab. Dementsprechend wusste ich meine Mittagspause noch mehr zu schätzen und ging früh schlafen.

Theo und ich waren auch stets auf der Suche nach neuen Hengsten. Denn langsam mussten wir uns einen Plan machen, welche neuen Anpaarungen er anlegen wollte. Gemeinsam fuhren wir zu unzähligen Hengstshows und schauten uns die Burschen an. Dabei gab er mir folgende Aufgabe:

Ich sollte alle Hengste aufschreiben, die ich passend für die Stuten fand. Später würde er meine Liste mit seiner vergleichen und Begründungen hören wollen. Am Anfang tat ich mich ehrlich gesagt noch etwas schwer damit, aber nachdem Nick mir Nachhilfe im Spitzensport gegeben hatte, klappte es besser.

Fohlenwache hatten übrigens nur wir Azubis. Denn wer von den Chef's würde schon freiwillig alle drei Stunden aufstehen, wenn er doch die Leute dafür hatte. So wechselten wir uns immer ab. Bisher durfte ich bereits bei drei Geburten dabei sein und mithelfen, es war so ein wunderbares Bild, wenn die Stute ihr Fohlen zum ersten Mal beschnupperte und liebevoll über dieses süße kleine Wesen leckte. Und wer wusste es schon? Vielleicht lag ja gerade der Champion von morgen da vor uns im Stroh. Die Vorraussetzungen hatte aufjedenfall alle, denn natürlich waren die Väter und Mütter die Besten der Besten.

Diese Nacht wurde ich von Luisa geweckt, sie kam gerade von ihrer Wache. Dicke Augenringe zogen sich um ihre Augen. Müde lächelte sie mich an.

"Du bist dran. Es sieht sehr gut aus, vielleicht kommt es heut Nacht noch. Aber bitte weckt mich nicht. Ich will einfach nur noch schlafen."

Luisa streichelte die Fohlen lieber am Morgen danach. Sie mochte das Blut und die Nachgeburt und all das nicht so, weshalb sie auch nicht so wild auf die Geburt war.

Ich zog mich schön warm an und machte mich mit einer Abschwitzdecke, auf in den Stall. So leise wie möglich suchte ich mir ein Plätzchen im Stroh, von dem ich das Objekt der Begierde aus, beobachten konnte. Ich murmelte mich in die Decke ein und versuchte die Stute namens Valentina, nicht all zu sehr zu stören.

Valentina zeigte schon deutlich Anzeichen, dass sie wohl nicht mehr lange warten würde. Sie scharrte, legte sich hin stand wieder auf, sah auf ihren Bauch...Eigentlich hatte ich gehofft, dass sie heute nicht ihr Fohlen bekommen würde, denn Nick und ich waren, ohne Luisa, allein. Martha brauchte man für sowas nicht rufen, die konnte sowas gar nicht sehen und das Ehepaar Wagner, war rein zufälligerweise heute weggefahren, um sich einen neuen Hengst anzuschauen. Und das war wohl soweit weg, dass sie dort übernachteten. Klasse. Dann waren es wohl nur noch Nick und ich. Yay.

Theo meinte, dass Nick sich gut genug auskannte und im aller schlimmsten Notfall sollten wir den Tierarzt rufen. Das waren doch rosige Aussichten.

Ich nahm mein Handy zur Hand und rief ihn an. Nicht, dass die Geburt hier noch ohne ihn stattfand. Verschlafen meldete er sich am anderen Ende.

"Kommt's?" Ich hörte im Hintergrund das rascheln einer Decke und kurz darauf das Klicken des Lichtschalters.

"Ja, sie zeigt deutliche Anzeichen."

"Alles klar ich komme, soll ich Luisa noch wecken?"

"Nein lass sie schlafen, sie hat mir vorhin gesagt, dass sie nicht dabei sein will."

Er lachte kurz. Das letzte Mal, als sie eine Geburt gesehen hatte, war ihr danach die ganze Nacht schlecht gewesen und das fand Nick lustig.

"Okay, dann bis gleich."

"Jup." Somit legte ich auf und steckte mein Handy zurück in die Tasche. Ich holte schon mal alles mögliche, was wir immer zur Vorbereitung hinstellten. Einen Eimer mit heißem Wasser, einen Strick und noch weitere Dinge. Valentina war eigentlich eine erfahrene Stute, was das Thema Fohlen betraf. Sie hatte bereits drei bekommen.

Behutsam öffnete ich die Tür und betrat die Box. Beruhigend sprach ich auf sie ein. Ihr Hals war schon sehr warm und an einigen Stellen auch nass. Ich hatte Sorge, dass irgendwas nicht stimmte. Vorsichtig ging ich wieder raus und schloss die Tür. Indem Moment öffnete sich auch schon die Stalltür und Nick kam herrein. Gott sei Dank. Ich dachte schon sie würde das Fohlen bekommen, bevor er hier war.

Auch er ging einmal zur Stute und verschafte sich einen Überblick über die Situation.

"Ich denke, die fohlt heute Nacht" verkündete er und kam dann zu mir. Kurz nachdem er die Box verlassen hatte, legte sich die Stute auch schon hin. Ihr braunes sonst helles Fell, war an manchen Stellen schon ziemlich dunkel geschwitzt.

Gespannt beobachteten wir jede Aktion der Stute. Sie begann zu pressen und die Vorderbeinchen des Fohlens waren bereits zu sehen. Alles schien perfekt abzulaufen, doch nach einer geraumen Zeit, tat sich nichts mehr. Normalerweise dauerte so eine Geburt nur wenige Minuten, doch bei Valentina tat sich seiner einer halben Stunde nichts mehr. Egal, wie sehr sich die Stute auch anstrengte, das Fohlen kam nicht weiter raus. Bisher waren nur die dünnen Beinchen zu sehen.

"Lass uns helfen. Geh du zum Kopf, beruhige sie und bring sie dazu aufzustehen."

Ich tat, wie er mir befahl. Jetzt war höchste Konzentration und Vorsicht gefragt, wenn wir beide Tiere lebend erhalten wollten. Nachdem wir den Tierarzt gerufen hatten, entschied sich Nick dazu, schon mal alles zu versuchen. Ob das Fohlen noch lebte, konnte keiner zu diesem Zeitpunkt sagen.

Valentina stand zum Glück sofort auf und stand wie ein Fels, sie musste unglaubliche Schmerzen haben. Nick ließ seine flache Hand am Fohlen in die Stute gleiten und tastete drinnen die Lage des Tieres ab.

"Das Fohlen liegt etwas blöd. Die Hufe zeigen zur Seite. Ich werde versuchen es zu drehen."

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