Am nächsten Morgen herrschte eine bedrückende Abschiedsstimmung am Frühstückstisch.
Zwar machte Luisa eine fröhliches Gesicht und sagte uns hundert Mal, dass wir nicht so traurig sein sollten, aber das war schwer.Theo erkundigte sich nach ihrem Plan.
Er wollte wissen, was sie nach der Krankheit machen wollen würde.
"Ich glaube, ich suche mir wieder einen Ausbildungsstall....immerhin will ich nichts anderes werden, außer Pferdewirtin." Sie lächelte."Vielleicht möchtest du ja auch wieder zu uns kommen und deine Ausbildung dort fortsetzen, wo du aufgehört hast.." schlug Ingrid nun vor und schenkte ihr ein zartes Lächeln. Auf ihrem sonst so strengen Gesicht, sah dieses etwas ungewohnt aus, aber es war hübsch.
Luisa nickte begeistert.
"Wenn ich die Chance dazu bekäme, würde ich sie wirklich gern annehmen. Vielen Dank."
So grinste Luisa zu Nick und mir. Und ich freute mich augenblicklich riesig, dass ich Luisa doch noch irgendwann wiedersehen könnte.Gleich nach dem Frühstück wollte sie losfahren. Zusammen standen wir alle draußen und schlossen sie noch einmal in die Arme. Ich war die Letzte, von der sie sich verabschiedete. Und es entging mir nicht, wie sie in unserer Umarmung, mir folgende Worte ins Ohr flüsterte: "Schnapp dir den Stallburschen!"
Perplex klappte mir der Mund auf. Doch Luisa strahlte mich nur an und lachte.
Dann stieg sie in ihr Auto, winkte uns erneut und fuhr vom Hof.
Da ließ sie mich doch tatsächlich hier allein. Jetzt war ich allein.
Allein hier mit Nick. Ahhhh!
Bevor das in totale Panick ausarten konnte, ging ich in den Stall, um beim Misten zu helfen. Der 'Stallbursche', wie Luisa ihn soeben genannt hatte, folgte mir prompt und tat es mir gleich.Ich dachte an alles, was ich jetzt allein machen musste...mit niemanden konnte ich vor der zweiten Reitstunde lästern und die Reitstunde direkt, musste ich auch allein reiten...Oh man, ich vermisste sie jetzt schon.
Auf's Turnier würden wir auch nur noch zu zweit fahren...und immer war ich mit Nick allein. Na das konnte ja was werden...In der ersten Reitstunde war wieder Stangenarbeit bei Theo angesagt. Er stellte wirklich ein paar knifflige Aufgaben. Geysir brauchte einige Anläufe, um den Dreh rauszuhaben.
Auch Las Vegas, den Nick reitete hatte ab und zu seine Probleme.
Unsere Mittagspause blieb uns heute erspart. Heut war Tierarzttag. Alle Pferde sollten geimpft werden und eine Wurmkur bekommen.
Pro Pferd brauchten wir nur wenige Minuten und waren deshalb pünktlich um 13 Uhr mit allen durch.Während Nick nun selbst seine Jungpferde trainierte, sahen Theo und ich nach den Fohlen und natürlich den Stuten, denn einige von ihnen sollten dieses Jahr schon wieder besamt werden. Der Chef passte penibel auf, wann sie wieder anfangen würden zu rossen.
Die Hengste hatte wir schon alle auserwählt und die Telefonnummern für die Samenbestellung lagen bereit auf seinem Schreibtisch.Es waren nur noch zwei Stuten übrig, bei denen die Geburt noch bevorstand. Bei Gavi, einer weißen kleinen Deutschen Reitponny Stute, waren schon deutliche Anzeichen zu sehen. Es bildeten sich Tropfen an den Zitzen. Das hieß wohl, heut Nacht wieder Wache zu halten.
Zusammen brachten wir die Stuten und Fohlen auf einen großen Paddock. Für die Kleinen war viel Auslauf und rumtoben nun wichtig, für ihre körperliche Entwicklung. Außerdem schien die Sonne so schön und warm, dass es eine Qual gewesen wäre, die Tiere im Stall zu lassen.
Nachdem dies erledigt war, stellte ich schon mal die Wichtigsten Dinge hin, die wir für die Geburt vielleicht benötigen könnten.Danach stand sie an. Meine erste Reitstunde allein bei Nick. Ein wenig Bedenken hatte ich schon. Würde es anders sein? Oder wäre es so wie immer, was ich natürlich hoffte. Denn auf verändertes Verhalten hatte ich gar keine Lust.
Heute gab er mir mal ein anders Pferd. Das war schon mal die erste Veränderung. Zwar fand ich es nur lehrreich möglichst verschiedene Pferde zu reiten, aber es war eine Veränderung. Nur um das festzuhalten.
Heute durfte ich einen wertvollen Diamanten des Stalls reiten. Den Wallach Captain Jack Sparrow. Ehrlich gesagt, musste ich kurz schmunzeln als ich den Namen hörte, denn er erinnerte mich an meine Freundin Jessica, die die Filme von Fluch der Karibik liebte.Genannt wurde er im Umgang aber nur Jack. Was mich wiederum an Titanic erinnerte. Komischer Name..
Naja, aufjedenfall war er eine schwarze Perle. Nur zwischen seinen Augen befand sich ein kleiner Stern, als Abzeichen. Sonst war er komplett schwarz.
Jack war mit Nick schon unzählige M-Dressuren gegangen und wartete nun dieses Jahr darauf, Prüfungen der schweren Klasse zu laufen.Unter den ganzen Springpferde war es wirklich ein gute Erfahrung mal ein so tolles Dressurpferd reiten zu dürfen.
Es war übrigens auch das erste mal, dass ich ein Pferd auf Kandare ritt. Beim Trensen hatte Nick mir alles genaustens gezeigt. Und nun wusste ich, wie man korrekt eine Kandare ans Pferd baute.Hübsch gesattelt, getrenst und bandagiert trafen wir zwei in der Halle ein. Überall hatte Nick sämtliche Kegel verteilt. Na zumindest keine Sprünge, dachte ich mir und führte den erfahrenen Wallach durch das Getümmel an Kegeln.
Zwar fand ich es etwas blöd, dass Nick scheinbar doch einige Veränderungen traf, aber wer weiß, es würde mich reiterlich sicher nur weiterbilden.Er schmiss mich auf's Pferd und schon drehte ich im gemütlichen Schritt meine ersten Runden. Im Dressursattel war es ungewohnt, aber nicht unbequem, ich konnte viel tiefer sitzen und hatte das Gefühl eine bessere Haltung anzunehmen.
Ich mochte gar nicht die zehntausend Zügel aufnehmen, die da vor mir lagen, denn ich wusste, dass jede Einwirkung nun stärker war.
Doch in der Lösungsphase nahm ich sie schließlich ein Stück weit auf und trabte elegant um die Kegelchen.Manchmal galoppierte er sogar kurz an, weil mein Schenkeldruck einen Tick zu stark war oder ich ein verwirrende Hilfe gab. Jack zeigte mir klar und deutlich welche Hilfen richtig waren und welche er nicht verstand. Nick bat mich, mal in die Mitte einzureiten, natürlich tat ich dies und er kam zu mir.
Er wollte mir scheinbar was erklären, denn kurz bevor er mich anfasste, fragte er: "Darf ich?" Ich nickte nur und wartete auf irgendeine Brühung.
Schließlich drückte er seine Fingerspitzen gegen mein Becken, sodass ich es weiter nach vorn schob.
"So sitzt du tiefer im Sattel. So wie du hier eben saßt, hast du nicht viel Einwirkung auf dein Gewicht und alles. Also merkt dir Becken nach vorn und immer reinsitzen.
Wenn er das als zu doll empfindet und angallopiert, dann wars der Schenkel." Nun legte er seine beiden Hände auf meinen Unterschenkel und drückte ihn leicht gegen den Pferdebauch. Sofort wich Jack und machte eine Vorderhandwendung.Nick lächelte. "Das hat jetzt zum Beispiel schon gereicht, um eine Vorhandwendung einzuleiten. Und da Jack mitdenkt, hat er sie gleich ganz ausgeführt."
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Go for it!
Novela JuvenilMelanie ist eine 19 jähriges Mädchen, welches eine Ausbildung zur Pferdewirtin auf dem Gestüt in Marbach machen will. Gerne würde sie mit ihrem Wallach Geysir mehr zusammen wachsen und vielleicht ein paar Turniere beschreiten. Doch sie traut sich n...