ᘜᖇᑌՏᗴᒪᘜᗴՏᑕᕼIᑕᕼTᗴᑎ

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Der Reiterball stand an, somit stand ich in meinem Zimmer. Das Kleid hatte ich bereits an und nun gab ich mir noch den letzten Schliff mit ein wenig Makeup. Es war bereits 16.30 Uhr, um 17 Uhr müssten wir spätestens losfahren. Mit Nick war ich jetzt seit drei Tagen zusammen und jeden Tag verliebte ich mich mehr in ihn. Schade, dass ich niemanden hatte, dem ich das alles vorschwärmen konnte. Ich wünschte wirklich dass meine alte Freundin Pauline mit hier wär. Sie würde bestimmt genauso aufgeregt sein, wie ich. Mit ihr konnte ich damals immer die absurdesten Gedanken teilen. Automatisch musste ich lächeln, als ich mir ihre Reaktion vorstellte. Ich musste sie unbedingt mal wieder anrufen. Wo ich gerade dabei war...Jessica musste ich auch noch von meinem Glück erzählen.

Plötzlich öffnete sich die Tür und Nick kam herrein. Er war bereits fertig, nur sein Jacket trug er noch über dem Arm. Schnurstracks kam er auf mich zu und gab mir einen Kuss auf die Wange. Wieder kratzte sein Bart über meine Haut und mir kam ein unanständiger Gedanke in den Sinn. Wie würde sich sein Bart wohl an den Innenseiten meiner Oberschenkel anfühlen?

"Bist du fertig? Wir müssten langsam, Theo wartet unten schon auf uns", riss mich Nick aus meiner Fantasie.
Ich nickte daraufhin, stellte meine Wimperntusche beiseite und folgte ihm die Treppe hinunter, ab jetzt mussten wir wieder auf Kumpel tun. Wir kletterten zu Theo ins Auto und schnallten uns an. Ich saß hinten und Nick auf dem Beifahrersitz. Die Sonne stand noch ganz hell am Himmel und versetzte die Landschaft in ein goldenes Licht, wenn das der rosa roten Brille zu verdanken war, dann wollte ich sie nie mehr absetzten. Der Ball fand nur zwei Orte weiter statt, weshalb wir nach kurzer Zeit da waren.

"Soll ich euch nachher wieder abholen?", erkundigte sich Theo, nachdem wir ausgestiegen waren.

"Ach, wir finden sicherlich eine Mitfahrgelegenheit und Notfalls laufen wir, sind doch nur zwei Kilometer", scherzte Nick und schlug schließlich die Beifahrertür zu. Naja es waren schon etwas mehr als zwei Kilometer, hoffentlich fanden wir einfach jemanden, bei dem wir mitfahren konnten. Wir kamen auf einen kleinen Hof, der bereits voller Leute war. Es waren fast alle Altersklassen vertreten, nur die Leute ab 60 Jahren fehlten. Ich folgte Nick ersteinmal und grüßte einfach jeden, den er auch begrüßte. Schließlich kamen wir an einen Tisch, an dem auch andere Azubis saßen, wir setzten uns dazu und unterhielten uns erstmal freundlich mit ihnen. Da Nick und ich uns gegenüber saßen, saß neben mir ein junges Mädchen, welches um die 17 Jahre zu sein schien.

Sie stellte sich als Maria vor. Mit ihr konnte ich mich wirklich gut unterhalten und sie erzählte mir zu jeder Person hier am Tisch einen kurzen Stichpunktzettel, sodass ich auch wusste, mit wem ich es zu tun hatte. Sie schien wirklich sehr nett und offen zu sein. Wir redeten über Turniere und Maria erzählte mir, dass sie bereits in einem Kader mitgeritten war. Immer schwiff mein Blick zu meinem Gegenüber doch auch dieser unterhielt sich angeregt mit seinem gleichalten Sitznachbarn. Maria erzählte mir, dass es sich dabei um ihren großen Bruder Florian handelte.

Es war wirklich mal schön mit so vielen Reitern an einem Tisch zu sitzen und die verrücktesten Geschichten zu hören, die ihn jemals passiert waren. Doch unter den lustigen Geschichten, gab es auch ein paar Horrorgeschichten, welche man lieber nicht gehört hätte. Sobald irgendwer so eine Geschichte erzählte, waren alle still und verzogen nur dementsprechend ihre Gesichter. Leider beruhten diese Erzählungen alle, auf wahren Begebenheiten.

Nick meldete sich zu Wort und wollte auch eine Geschichte erzählen. Alle sahen ihn gespannt an, inklusive mir.

"Also, die hat mir mal Herr Wagner erzählt", informierte er die anderen und fuhr fort. "Damals waren die Hindernisse, insbesondere die Mauer, noch mit so einem Metallgestellt befestigt." Schon jetzt verzogen alle ihr Gesicht, da jeder ahnte, dass es schmerzhaft werden würde. "Aufjedenfall ist dieses Ding nicht einfach so umgefallen, wenn ein Pferd dagegen sprang. Das war auf einem Turnier, welches gut besucht war. Das Pferd ist also an der Mauer hängen geblieben, der Reiter ist über die Mauer geflogen und direkt dahinter gelandet. Das Pferd hat sich überschlagen und ist mit der Kruppe auf den Brustkorb des Reiters gefallen. Der Reiter war sofort tot und aus sämtlichen Löchern in seinem Gesicht, kam Blut geschossen. Die Schwester von ihm stand übrigens am Rand und hat alles mit angesehen."

Alle sahen mit verbitterten Gesicht zum Erzähler der Geschichte, auch ich sah meinen Freund geschockt an. Doch er lächelte mich nur aufmunternd an und holte schon Luft, um die nächste Story zu erzählen.

"Oder kennt ihr noch diese Schwenktore, wodurch man immer auf den Platz geritten ist? Die haben doch immer so eine längliche Eisenstange. Auf so eine hat sich mal ein Pferd aufgespießt, weil das so rumgetänzelt ist. Das Tier wurde dann noch auf dem Turnier erschossen, weil es sich nicht helfen ließ."
"Stopp Nick, es reicht!", ermahnte ihn ein Mädchen am Tisch, welche sich schon vor Angst die Hände über die Ohren hielt. Alle nickten zustimmend, auch ich. Denn ich wollte wieder lustige Geschichten hören.

Gegen 19 Uhr wurde das Buffet eröffnet und alle luden sich eine ordentliche Portion auf ihre Teller, wir waren zwar alle Athleten, aber aßen auch dementsprechend viel. Bald wurde auch schon die Tanzfläche eröffnet und der erste Alkohol verteielt. Die Getränke waren hier ziemlich teuer, aber wir teielten uns die Preise einfach auf, sodass jeder nur ein paar Euro zahlen musste. Auch Nick und ich tanzten ein paar Mal gemeinsam, zwar immer nur den Grundschritt im Discofox, aber der reichte uns völlig, denn mehr konnten wir beide nicht. Für uns zählte einfach der kurze Moment in Zweisamkeit.

Ich dachte, dass wir uns bisher wirklich unauffällig verhalten hatten, wir durften nur nicht auffliegen. Theo würde in wenigen Tagen eh zu hören bekommen was auf dem Ball alles passiert war, er hatte da schon seine Kontakte. Spätestens der Hofnachbar Willi, der immer über alles Bescheid wusste, würde es ihm erzählen. Wenn man von der umliegenden Gegend etwas wissen wollte, so musste man nur zu Willi gehen. Er war eine richtige Tratschtante und immer an dem neusten Klatsch interessiert.

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