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Auch die dritte Woche ging schnell vorbei und so näherten wir uns immer weiter dem Tag der Tage. Herr Wagner würde uns heute Abend eine kleines Feedback geben und uns sagen, ob wir die Ausbildung hier weiter machen durften, oder nicht. Bei mir war ich ziemlich zuversichtlich, doch bei Luisa und Charlien sah das noch etwas anders aus. Herr Wagner schien nicht immer begeistert von den Beiden.

Als ich mich letzte Woche mal kurz allein mit Luisa unterhalten konnte, merkte ich, dass sie doch ganz nett war. Wir hatten darüber geredet, ob wir dachten angenommen zu werden. Schon zu diesem Zeitpunkt schwang Unsicherheit in ihrer Stimme mit. Mit Charlien hatte ich aber wie nach zuvor keinen Draht. Ich glaubte sie nahm es mir übel, das ich mit Nick ausgeritten war.

Wie üblich aßen wir alle gemeinsam zu Abendbrot. Herr Wagner ergriff das Wort.

"Ich bitte die drei Lehrlinge, nach dem Essen in mein Büro zukommen. Es wird Zeit, dass ihr erfahrt, ob ihr hier eine Zukunft habt, oder nicht...", nickend nahm ich seine Aufforderung zur Kenntnis und versuchte so freundlich wie möglich zu wirken, obwohl ich innerlich - trotz meiner Überzeugung - zitterte.

"Ah, Nick ich konnte Herrn Hambach endlich erreichen. Er kommt morgen um 12 Uhr. Er soll all die Pferde beschlagen mit denen du dieses Jahr starten willst. Ich hoffe, dass du darüber schon ein paar Gedanken gemacht hast."

Der Angesprochene nickte eifrig. "Ja, also da wären Soundcheck, Henry und Las Vegas, die ich dieses Jahr gerne vorstellen würde. Ist das in Ordnung?"

"Willst du wirklich nur junge Pferde? Kein Erfahrenes?"

Er schüttelte den Kopf. "Nein, die erfahrenen Pferde kann ich auch im Training reiten. Außerdem brauchen die Jungs Turniererfahrung." Herr Wagner setzte ein stolzes Lächeln auf und klopfte Nick auf die Schulter.

"Anscheinend hab ich bei dir alles richtig gemacht."

Der Lobgesang von Herrn Wagner wurde durch Martha unterbrochen, die nun aufstand und anfing den Tisch abzudecken, da wir alle fertig mit dem Essen waren. Alle standen auf, um mitzuhelfen nur Charlien ließ sich mal wieder etwas bitten.

Danach machten wir uns zu dritt auf den Weg ins Büro. Jeder war in seiner eigenen Gedankenwelt gefesselt. Die Sterne waren bereits am Himmel zu sehen. Es war zwar gerade mal halb 7, dennoch war alles stockenduster. Sogar die Luft war so kalt, dass man seinen eigenen Atem sehen konnte. Es wurde Dezember.....

Herr Wagner saß bereits an seinem Schreibtisch und bat uns nach einem Klopfen und einem darauffolgendem 'Herrein', in das Zimmer. Er hatte schon drei Stühle vor seinem Schreibtisch platziert und so setzten wir uns. Ich wählte den ganz rechten, da dieser ganz nah am brennenden Ofen stand und mir unheimlich kalt war.

Zuerst begann er damit ein paar Sachen zu jedem einzelnen zu sagen. Bei Luisa fing er an, sie saß links. Danach kam er zu Charlien, die in der Mitte saß und schließlich zu mir. Das Feedback für Charlien hatte sich wirklich nicht gut angehört und ich hatte schon Angst, dass seine Bewertung über mich auch so schlecht sein könnte.

Doch als er mich ansah, breitete sich auf seinem strengen Gesicht ein zartes Lächeln aus, was mich auch auflächeln ließ.

"Nun zu Ihnen Frau Böhm. Melanie Du hast wirklich von Anfang an gezeigt, wie sehr Du hier angenommen werden möchtest. Du hast dich vorbildlich benommen und hast das richtige Maß an Respekt und Disziplin an den Tag gelegt. Ich habe nur das Gefühl, dass Du hier noch nicht richtig angekommen bist, da Du machmal sehr verschlossen und zurückhaltend wirkst. Das kann Dir in der Zukunft durchaus Probleme bereiten. Stell Dir vor, ich verlange was für Dich unmögliches von Dir und Du zerbrichst daran, weil Du nicht den Mut hast, deinen Mund aufzumachen und mir zu sagen, dass diese Aufgabe zu schwer ist....Also es wäre schön zu hören, was Du denkst, nur so kommt ein gutes Verhältniss zustande."

Zustimmend nickte ich. Das war wirklich einer meiner größten Schwächen. Wenn ich kritisiert wurde, wurde fast immer mein Zurückhalten angesprochen und ich versuchte bereits hart daran zu arbeiten. Aber den Mund aufzumachen fiel mir nicht leicht. Es erschien mir ein Stück respektlos gegenüber meines Vorgesetzten. Ich war gut darin Dinge in mich hineinzufressen und sie mit mir selbst zu regeln, indem ich heuelte oder stundenlang drüber nachdachte.

"Trotzdem bin ich froh, Dir mit Sicherheit zu sagen, dass Deine Zeit hier noch lange nicht zu Ende ist. Ich freue mich wirklich sehr, so einen fleißigen Lehrling hier begrüßen zu dürfen. Willkommen im Team Frau Böhm." Mit diesen Worten stand er auf und überreichte mir eine Teamjacke, die hier so ziemlich alle trugen.

Stolz wie Bolle nahm ich dankend die Jacke entgegen und betrachtete sie verliebt. Sogar mein Name stand darauf. Ich könnte vor Freude explodieren, doch aus Rücksicht zu den anderen Beiden, zügelte ich meine Freude. Das Ende des Liedes war es, dass Charlien nicht angenommen wurde. Luisa hatte gerade noch so die Kurve gekriegt und auch sie strahlte über das ganze Gesicht.

Charlien ließ sich jedoch von diesem Rückschlag nicht beirren. Ohne ein weiteres Wort stand sie auf und verließ das Büro. Wir alle wirkten verwirrt über ihren Abgang. Herr Wagner durchbrach letztendlich die komische Stille.

"Gut, ab jetzt möchte ich euch gern das 'Du' anbieten. Seid ihr damit einverstanden?"

"Ja!", sagten wir fast gleichzeitig und wir alle mussten leicht lachen.

"Gut, dann bin ich jetzt für euch Theo..."

Theo klärte uns noch auf, was die folgende Zeit so auf uns zukommen würde und schickte uns dann in unseren 'wohl verdienten' Feierabend, so wie er es nannte.

Überglücklich gingen wir nach oben in den Flur und staunten über unsere Jacken. Plötzlich ging eine Tür auf und Charlien trat aus dieser. Hinter sich zog sie ihren Koffer her. Luisa und mich würdigte sie keines Blickes, obwohl Luisa doch ihre Freundin war, oder nicht? Zeitgleich, wie Charlien die Treppe hinunter ging, kam Nick aus seinem Zimmer und sah freudestrahlend auf unsere Jacken.

"Glückwunsch, ich wusste ihr würdet es schaffen." Zielstrebig kam er auf uns zu und umarmte uns jeweils einmal kurz. Es war komisch, vor allem, weil ich körperlichen Kontakt hasste, aber er roch gut. Wahrscheinlich kam er gerade aus der Dusche, denn bei genauerem Hinsehen, konnte ich erkennen, dass seine Haare noch nass waren.

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