Kapitel #51 - Polizeirevier

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Leere. Ein schwarzes Nichts machte sich in mir breit. Seit Stunden saß ich regungslos auf meinem Bett, starrte die Wand mir gegenüber emotionslos an. Ich hatte keine Kraft mich zu bewegen, mein Körper reagierte einfach nicht mehr. Nicht einmal weinen konnte ich. Ich fühlte mich taub, eingefroren.

Verständnislos machte ich mir Gedanken darüber, wie meine Eltern nur so kalt sein konnten. Ich fragte mich, was ihnen das Recht gab, mir mein Herz raus zu reißen und dann überaus motiviert darauf rum zu treten. Justin hatte ihnen nichts getan und doch verurteilten sie ihn, sagten er sei nicht gut für mich. Anscheinend ist ihnen nicht bewusst geworden, dass er mich wieder zurück ins Leben gebracht hatte.

Bei dem Gedanken an Justin, kamen alle Gefühle zurück. All das was bis gerade in meinem Körper gefehlt hatte, überrollte mich jetzt wie eine überdimensionale Welle aus Emotionen. Wut auf meine Eltern, Angst um Justin. Traurigkeit. Einsamkeit. Verständnislosigkeit.

Mit einem tiefen Atemzug versuchte ich mich wieder in die Realität zu befördern. Ich konnte schließlich nicht einfach tatenlos hier rum sitzen. Aber was sollte ich machen ? Bisher gab es immer eine Lösung. Aber jetzt, wo Justin von der Polizei mitgenommen wurde, weigerte sich mein Gehirn eine Idee auszuspucken. Jetzt, wo ich eine Idee am dringendsten brauchen würde.

Schlapp richtete ich mich auf, schwankte einen Moment, weil mich alle Kräfte verlassen hatten. Mein Blick glitt an mir runter. Was war aus mir geworden? Normalerweise kämpfte ich um das was ich liebte. Ich bekam immer was ich wollte. Aber wie sagt man so schön, es gibt für alles ein erstes Mal. Aber sollte das jetzt hier das erste Mal sein, dass ich kampflos aufgab?

In meinem Bauch machte sich ein Kribbeln breit. Adrenalin schoss durch meine Adern, gab mir einen Hauch Willen zurück. Wie von selbst trugen mich meine Beine zu meinem Schrank, wo ich mir ein paar Sachen raus suchte, die ich anschließend anzog. Schlussendlich griff ich nach meiner Tasche, überprüfte ob ich alles hatte was ich brauchen könnte und ging dann nach unten.

“Wo willst du hin, Schatz?“. Ich schluckte, als ich die Stimme meines Vaters hörte. Erwartungsvoll sah er mich an, stellte den Fernseher auf stumm, damit er meine Antwort verstehen könnte. “Weg. Weg von euch.“, war alles was ich raus brachte. Meine Stimme drohte zu kippen, weshalb ich entschied nicht weiter zu reden. Hätten es meine Kräfte zugelassen, hätte ich ihm liebend gern so viele Dinge an den Kopf geworfen.

Mein Vater runzelte die Stirn, woraufhin er aufstand und auf mich zu kam. Ich wollte nicht, dass er näher kam, weshalb ich reflexartig zurück wich. “Beruhige dich doch, mein Kind. Ich weiß, du bist verletzt, aber du kannst uns glauben das du ohne diesen Justin besser dran bist. Seitdem es ihn in deinem Leben gibt geht alles nur noch drunter und drüber.“. Meine Miene verfinsterte sich, während mein Dad immer näher kam. “Du hast keine Ahnung, verdammt! Du kennst ihn kein Stück!“, schrie ich und schüttelte wegen seiner Aussage energisch den Kopf. Niemals hätte ich die Kraft gehabt weiter mit ihm zu diskutieren, weshalb ich mich von ihm weg drehte und zur Tür raus rannte.

Ich hörte klar und deutlich, wie er mir noch hinterher rief, dass ich vernünftig sein sollte, aber ich reagierte nicht darauf. So schnell wie möglich stieg ich in meinen Wagen und machte mich daraufhin auf den Weg zum Revier. Ich wusste zwar nicht mal, was genau ich dort tun sollte, aber das war mir in diesem Moment vollkommen egal.

Die Fahrt dauerte nicht lange und als ich vor dem Revier zum stehen kam, stieg ich ohne zu zögern aus. Nun stand ich vor einem alten, fast zerfallenem Gebäude, das mir sofort eine Gänsehaut verschaffte. Mein Blick glitt über die Fassade, die vergitterten Fenster, blieb aber schlussendlich am Gebäude nebenan hängen. Es war eine Bank. Eine ganz normale Bank, wo man Geld holen konnte. Nichts besonderes auf dem ersten Blick, aber dennoch der Grund dafür, dass mein Gehirn endlich eine Idee preisgab.

In einem Tempo von dem ich glaubte, das ich niemals dazu im Stande wäre, sprintete ich in die Bank. Vor vielen Jahren, als das Verhältnis zu meinen Eltern noch um einiges besser war als heute, schrieben sie mich als Begünstigten in ihren Konten ein. Ich hatte also freien Zugriff auf ihr Geld. Natürlich war mir bewusst, dass mein Vorhaben Konsequenzen haben würde, aber in meinen Kopf drehte sich alles nur darum, Justin aus dem Gefängnis zu holen.

Nach einer gefühlten Ewigkeit, in der ich mit der Angestellten der Bank diskutierte, willigte sie mir endlich ein, mir eine höhere Geldsumme auszuzahlen. Es war mir völlig egal, wie viel Geld es war. Hauptsache es war genug für die Kaution.

Mit dem Geld in meiner Tasche machte ich mich auf dem Weg zum Revier. Direkt an der “Anmeldung“ schilderte ich mein Anliegen, wofür ich schiefe Blicke kassierte. “Sie wollen die Kaution für Mr Bieber bezahlen?“, fragte der Polizist und zog dabei eine seiner Augenbrauen fragend nach oben. Ein einfaches Nicken meinerseits sollte als Antwort genügen. Der Mann betrachtete mich noch eine ganze Weile, tippte immer mal wieder was in seinen Computer, sagte aber nichts mehr weiter. Ungeduldig kramte ich das Geld aus meiner Tasche und knallte es auf die Theke. Seine Augen weiteten sich. Wahrscheinlich hatte er nicht damit gerechnet, dass ich wirklich bereit war für Justin zu zahlen. Nach einem lauten Seufzer seinerseits tippte er erneut auf seiner Tastatur herum. Kein einziges Wort verließ seinen Mund, was mich fast verrückt machte.

Nach weiteren unendlich schienenden Minuten öffnete sich eine Tür zu meiner Rechten und ich sah einen weiteren Polizisten, mit Justin im Schlepptau, auf mich zukommen. Sofort fühlte ich das bekannte Kribbeln im Bauch, das nur er mir bescheren konnte. Strahlend wollte ich auf ihn zu stürmen, ihm einfach um den Hals fallen, aber der zweite Polizist hielt mich unsanft davon ab.

“Miss?“, riss nun der erste Polizist meine Aufmerksamkeit auf sich. Genervt blickte ich ihn an, scannte sein Gesicht nach dem Grund für seine Störung ab. “Ihr Geld reicht leider nicht. Es fehlen noch circa 150 Dollar.“. Geschockt riss ich meine Augen auf, sah zwischen dem Polizisten und Justin hin und her.  “Das kann nicht sein“, stotterte ich atemlos.

Ein Räuspern ließ mich erneut zu Justin sehen. Anfangs verstand ich nicht, was er mir sagen wollte, aber dann erkannte ich, dass er zu der offenen unbewachten Tür sah. Irritiert sah ich ihn an. “Lauf“, formte er stumm mit seinen Lippen und schon schoss das Adrenalin erneut durch meine Venen.

Mirrors [Justin Bieber]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt