Kapitel #40 - Einsamkeit

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Da der Mann in der Kirche uns nicht nur die Adresse des Therapeuten gegeben hatte, sondern auch dessen Telefonnummer, konnte ich gleich dort anrufen, als wir zurück im Hotel waren. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis die nervtötende Melodie der Warteschleife zu Ende war und sich eine freundliche Frauenstimme am anderen Ende der Leitung meldete. Ich erklärte ihr kurz und knapp mein Anliegen und bat sie daraufhin den Termin so zeitnah wie nur irgendwie möglich zu legen, da wir auch irgendwann wieder nach Hause fliegen mussten. Zum Glück verstand sie mein Problem und erklärte mir, dass sie am nächsten Tag noch einen Platz im Terminkalender frei hätten, wir aber auf jeden Fall Zeit mitbringen sollten, da sie nicht Recht wusste, wie lange wir im Wartezimmer verharren mussten. Ich bedankte mich geschlagene hundert Mal bei ihr und legte dann auf.

Seufzend ließ ich mich auf das überdimensionale Bett fallen. "Und? Hast du was erreicht?", fragte Justin, der nur mit einem Handtuch bekleidet aus dem Badezimmer kam. Ich hob meinen Kopf ein wenig, um seinen Blick zu erwidern. "Ja, morgen Früh um zehn sollen wir vorbei kommen.". Er nickte und zeigte mir so, dass er verstanden hatte. Langsam rappelte ich mich auf, sodass ich nun auf der Bettkante saß. "Was ist?", fragte Justin grinsend. Ich biss mir auf die Unterlippe, während ich ihn von oben bis unten musterte. Grinsend schüttelte er den Kopf, kam dann langsam auf mich zu. Er legte seine Hände an meine Schultern und drückte mich kurz darauf zurück aufs Bett. Anschließend beugte er sich über mich, stützte sich mit den Armen rechts und links von meinem Kopf ab und legte seine Lippen auf meine.

Ich zögerte keine einzige Sekunde, sondern erwiderte den Kuss sofort. In meinem Bauch tanzte ein Meer aus Schmetterlingen. Meine rechte Hand fand den Weg zu seinem Rücken, während ich meine linke in seinen Haaren vergrub. Immer wieder zog ich sanft an seinen Haarspitzen. Als sich Justin langsam löste, brachte er einen kleinen Abstand zwischen uns. Seine Augen flogen über mein Gesicht, musterten jeden Gesichtszug. Verträumt strich ich mit der Handfläche über seine Wange. "Hoffentlich kann der Therapeut helfen.", nuschelte ich. Justin stöhnte genervt auf, rollte sich schlagartig von mir und lag nun selbst auf dem Rücken.

Irritiert blickte ich zu ihm rüber, während er die Decke wortlos anstarrte. Ich rollte mich auf die Seite und beugte mich etwas über ihn, doch ehe ich ihm näher kommen konnte drehte er seinen Kopf zur Seite. "Was ist los?", fragte ich verwirrt. Ich spürte seine Hand an meinem Arm und kurz darauf stieß er mich von sich und stand auf. "In deinem Kopf sind nur noch unsere Probleme präsent. Hast du ein Mal daran gedacht, dass ich diesen kurzen Moment gerade mit dir sehr genossen hab und du einfach alles kaputt gemacht hast, als du wieder mit dem Mist angefangen hast?"

Seine Worte trafen mich hart. Justin schenkte mir einen missbilligenden Blick, bevor er sich ein paar Sachen aus dem Schrank nahm und damit im Badezimmer verschwand. Nachdenklich fuhr ich mir durch die Haare. Was war nur mit uns los? Es verging kaum noch ein Tag, an dem wir nicht stritten. Seufzend erhob ich mich vom Bett, schnappte mir mein Handy und durchquerte damit das Hotelzimmer. Ich öffnete die Tür zum Balkon und trat kurz darauf nach draußen, woraufhin ich die Tür hinter mir schloss. Ich lehnte meinen Körper gegen die Balkonbrüstung und suchte in meinen Kontakten nach Camile's Nummer. Es dauerte nicht lange bis sie abnahm.

"Hey.", ertönte ihre zaghafte Stimme am anderen Ende der Leitung. Schon allein durch dieses kleine Wort wusste ich, dass irgendwas nicht stimmte. "Alles okay bei dir?", fragte ich und die Besorgnis schwang in meiner Stimme mit. "Ich hab nachgedacht, Lilly.", sagte sie leise. Es entstand eine kurze Pause, in der niemand etwas sagte. Doch dann sprach sie weiter. "Ich glaube ich brauche etwas Abstand.". Meine Augen weiteten sich. "Was soll das heißen, Camile?". Nervös spielte ich am Saum meines Tops rum, während ich auf eine Erklärung wartete. "Nach dem Vorfall bei mir zu Hause und dem Tod des Pfarrers hab ich Angst um mein Leben. Ich weiß nicht, ob es so gut wäre weiterhin Kontakt zu dir beziehungsweise zu euch zu haben. Gib mir etwas Zeit, um die Vorfälle zu verkraften.".

Ich war sprachlos. In meinem Kopf schwirrten so unzählig viele Fragen, auf die ich keine Antworten wusste. Kopfschüttelnd nahm ich mein Handy vom Ohr und legte ohne ein weiteres Wort auf. Machte ich zur Zeit eigentlich alles falsch? Warum richtete sich jeder gegen mich?

Ich spürte, wie sich langsam immer mehr Tränen in meinen Augen bildeten, die kurz darauf hemmungslos über meine Wangen rannten. Kraftlos ließ ich mich auf den Boden gleiten, wo ich mich zusammen kauerte. Erst der Streit mit Justin und jetzt das. Langsam wurde es mir einfach zu viel.Ich fühlte mich, als würde meine ganze Welt innerhalb von Sekunden zusammen brechen. Alles was ich mir so hart aufgebaut hatte, stürzte ohne Vorwarnung ein. Ich fühlte mich allein gelassen. Komplett einsam. Und ich wusste, dass dieses Gefühl nicht so schnell verschwinden würde.

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