Seine Frage

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"Entschuldigung", erschrak ich plötzlich, als mir bewusst wurde, wie lange ich bereits seinem Atem gelauscht hatte und wie still es wohl gewesen war. Er lächelte mich an. Lieb. Fürsorglich. Wie schaffte er es nur, mich so fühlen zu lassen, dass die Einsamkeit verschwunden war. "Kein Problem", wiedersprach er beinahe wehement: "Ich denke du hast das Gebraucht." Ich wusste nicht was er meinte und verstand seine Worte nicht, aber trotzdem hatte ich nicht den Mut nachzufragen oder herauszufinden, was er mir sagen wollte. "Über was wolltest du mit mir sprechen", fragte ich stattdessen und ich beobachtete wie ein kleines Funkeln in seinen Augen erschien. Seine tiefbraunen Teddyaugen waren voller goldener Sprenkler. Es sah so ziemlich perfekt aus. "Als du mich hast abgeholt vom Flughafen", meinte er ganz verträumt und ich konnte nicht anders als auf seine Lippen zu starren: "Dieses Klavier..."

Ich beobachtete wie er kurz die Augen schloss und im Augenwinkel sah ich seine perfekt geformten Hände auf seinem Schoss und wie er die Finger über einer immaginären Tastatur schweben liess. Wie ertappt stopte er damit und wurde tatsächlich ein wenig rosa auf den Wangen. "Wie lange wird es noch dort stehen", fragte er dann schliesslich. "Das Klavier?", fragte ich überflüssigerweise. "Ja, wird es morgen noch dort sein?" Ich bemerkte seine grosse Hoffnung und wie aufgeregt ihn das ganze machte. "Ich vermute ja, warscheinlich wird es noch einige Wochen dort stehen, bis es in eine andere Stadt verlegt wird." Bei seinem folgenden, erleichtertem Ausatmen musste ich unwillkürlich grinsen. "Wirklich", erkundigte sich Emmanuel noch immer ungläubig. "Bestimmt", meinte ich und wollte seine Hand drücken um ihm eine Bestätigung zu geben, aber das getraute ich nicht.

Dieser ziemlich erwachsene junge Mann wurde in den folgenden Minuten zum kleinen Jungen. Seine Mundwinkel zuckten amüsiert und seine Augen begannen regelrecht zu leuchten als er ehrfüchtig begann: "Jamie!!", meinte er: "Zeig mir wie ich dorthin komme!" Ich musste lachen, zum ersten Mal seit langer Zeit lachte ich laut und aus vollem Herzen. "Du musst dir nur ein Busticket kaufen", startete ich und erwähnte die Haltestelle von dem Bahnhof, an welchem das Klavier stand und die Haltestelle vor Serenas Haus, damit er auch wieder zurückkam. Sein Grinsen wurde immer breiter und seine Freude war wohl wirklich riesig.

Plötzlich wurde seine Miene wieder ein wenig ernster und er lächelte mich schüchtern an: "Geht es dir besser?" Wenn man von meinem aufgeregt schnell schlagenden Herzen absah, welches ich wohl hatte da ich sonst schüchtern war, ging es mir perfekt. Ich war wirklich glücklich. "Ja", nickte ich nachdenklich und lächelte dabei dankbar: "Viel besser." Mit einem Sprung stand er auf den Füssen und streckte mir eine Hand entgegen: "Lass uns zu allen gehen." Vorsichtig legte ich meine unglaublich kleine Hand in seine. Der kühle Händedruck fühlte sich gut an. Sehr gut. Diese Hände waren sowieso verboten schön! Mit einem sanften Ruck zog er mich auf die Füsse und liess meine Hand dann fallen, als hätte er sich an mir verbrannt. "Komm", meinte ich ohne weiter darüber nachzudenken und wir liefen gemeinsam hoch und setzten uns getrennt zu unseren Freunden.

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