Busfahrt

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Im Bus bemerkte ich ärgerlich, dass ich meine heissgeliebten Kopfhörer Zuhause vergessen hatte und die Fahrt nun nicht viel mehr als die Motorengeräusche und die Gespräche der fremden Leute hören konnte. Ich fragte mich noch immer, warum es mir so wichtig war, dss ich zu diesem Bahnhof fuhr nur um zu schauen, ob Emmanuel erneut am Klavier sitzen würde. Diese Melodien und seine Erzählungen, dass er seit Ewigkeiten nicht hatte spielen können, brachte mich immer wieder zum Nachdenken. Letzte Nachte hatte ich sogar von dieser Klaviermusik geträumt und als ich am Morgen erwachte, wusste ich nicht was mit meinen Gedanken los war. Mein Handy piepste und ich schaute darauf. Es war eine Nachricht von Serena, was ich heute Nachmittag tun würde. Ich öffnete sie nicht. Ich antwortete nicht. Obwohl es sich nicht richtig anfühlte, steckte ich das Handy zurück in meine Hosentasche und tat so, als hätte ich die Nachricht nicht gesehen.

Sollte ich ihr wohl erklären, was gerade los war und warum ich nicht Zuhause war? War ich ihr das nicht beinahe schuldig? Aber ich wollte nicht, dass sie etwas falsches über mich dachte, gerade jetzt, da sie solche Abneigung zu Emmanuel und seiner Mutter zeigte. Sie war meine beste Freundin und ich wollte für sie da sein, dabei sollte sie nicht vermuten, dass ich ihn vor ihr verteidigen würde. Abgesehen davon würde sie mich nicht verstehen, niemand würde es verstehen. Und was sollte ich auf die Frage antworten, warum ich zu ihm fuhr? Nicht einmal ich verstand meine Gedanken. Alles was ich weiss ist, dass ich wissen muss, ob Emmanuel wieder diese gefühlvollen Melodien spielte. Ich wollte mehr wissen. Über ihn und über seine Sehnsucht. Warum konnte er zwei Jahre nicht spielen? Was steckte hinter dieser Geschichte und was verbarg sich hinter den Melodien.

Als der Bus am Bahnhof hielt, war ich fest entschlossen meiner Freundin nichts von diesem Ausflug zu erzählen. Vielleicht war dieser Junge aus der Ukraine gar nicht dort. Vielleicht hatte ich mich nur in etwas hineingesteigert und vielleicht wurde ich heute nichts weiteres antreffen, als die gestressten Pendler und Familien, welche einen Ausflug machen. Und wenn dieses vielleicht eintraf, wie sollte ich das dann erklären.

Mit grösstmöglichen Schritten stieg ich aus dem Bus und atmete tief durch. Irgendwie war ich nervös, keine Ahnung warum. Als sich die automatischen Türen hinter mir schlossen hörte ich deutlich, dass ich mich nicht geirrt hatte. Emmanuel war hier. Ganz leise hörte ich von einiger Distanz die leisen Klavierklänge und sofort fühlte ich, dass es das Richtige war, herzukommen.

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