Spaziergang

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Nach dem Abendessen mit meiner Familie klingelte es an unserer Haustüre. Ich öffnete sie vorsichtig und davor stand Serena. Sofort übermannten mich Schuldgefühle, dass ich nicht für sie da gewesen war. "Kann ich raufkomen", meinte sie und ihre Stimme klang gebrochen, so als hätte sie lange geweint. "Natürlich", bat ich sie rein und wir gingen gemeinsam auf meine Zimmer hoch. Der Abend war sehr schwierig für mich. Serena weinte lange weil sie sich einsam fühlte, weil sie den Streit Zuhause nicht mehr aushielt und weil sie nicht verstand, warum ich nicht geantwortet hatte. Trotz meines Mitgefühles konnte ich ihr nicht wirklich folgen, denn immer wieder gingen meine Gedanken zurück an meinen Nachmittag und an Emmanuel und seine Worte. Ich verstand das alles nicht und diese Ablehnung traf mich hart.

"Was ist los bei dir", fragte Serena schliesslich, als sie entgegen allen meinen Versuchen es zu überspielen bemerkte, dass etwas nicht stimmte. "Ich hatte einen strengen Tag", wich ich der Wahrheit aus und lächelte: "Lass uns etwas schönes machen." Meine Freundin nickte erleichtert: "Wollen wir spazieren gehen?" Ich willigte ein und wir machten uns auf den Weg um am nahen Waldrand dem Sonnenuntergang zuzusehen. Wir sprachen nicht viel, das einzige was zu hören war, ist das Zwitschern der Vögel und die Worship-Musik welche auf meinem Handy lief. Wir liefen langsam und jeder folgte seinen Gedanken. Ich fühlte mich mieserabel, weil ich ihr nichts erzählt hatte. Ich fühlte mich schlecht. Eine schlechte Freundin.

Am liebsten wäre ich für sie da gewesen und hätte sie unterstützt, hätte etwas kuges gesagt oder getan. Aber mein Kopf folgte der Zeit zurück zu der Stelle, an welcher Emmanuel am Klavier gesungen hatte und dieser Schmerz in der Stimme von diesem wunderschönen Jungen. Ich wünschte ich könnte mich soweit ablenken, dass das ganze endlich aufhören würde.

Diese Melodien.

Die Erinnerung an die Klavierstücke.

Die Erinnerung an ihn.

An Emmanuel.

Wir gingen weiter und die Sonne verschwand komplet hinter dem Horizont und der Himmel verfärbte sich in den vielen Rot- und Gelbtönen. So sehr ich das liebte und so sehr ich Sonnenuntergänge entspannend fand, konnte ich mich nicht beruhigen. Innerlich schien alles beinahe zu explodieren und ich fühlte mich so unfassbar komisch und hibbelig. Ich würde so gerne ein wenig Ruhe finden und mich ein wenig entspannen, doch die Melodien spielten im Kopf und es ging weiter und weiter. Am liebsten hätte ich geschrien, damit ich es lauter war als meine Gedanken. Aber ich beherrschte mich, ich verdrängte alle diese komischen Gefühle einfach und versuchte dabei nicht durchzudrehen.


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