Kilo Koks

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Low on self- esteem, so you run on gasoline

,,Wofür brauchen wir so viel Lachgas?" Misstrauisch hievte ich einen schweren, randvollen Kanister mit Lachgas auf die Ladefläche des schmutzigen, halb auseinander fallenden Pick ups. Kaum eingestiegen, die klitschnassen Strähnen dunkel ins Gesicht hängend, startete er den Wagen. Leise brummend rollte der Pick up von den Dogs. Ein, zwei, nein, ganze drei Streifenwagen rasten an uns vorbei. Schrecklich laut. Schrecklich erschreckend. Ein Krankenwagen direkt auf ihren blau, roten Fersen. ,,Wohin fahren wir?" Ob ich nun erneut keine Antwort auf meine Frage bekomme? Wieder bloß nichtssagendes und dennoch allessagendes Schweigen? ,,Warte es ab, mein kleiner Harlekin." ,,Ich will nicht mehr warten!"

Er blickte kühl zu mir rüber. ,,Ich habe mich schon lange gefragt, wann ich endlich deine anderen Persönlichkeiten kennenlernen darf. Jetzt ziehe dich um." Eine Hand am Lenkrad, lenkte uns durch den dichten morgendlichen Verkehr Gothams, die andere Hand warf mir eine große Papiertüte zu. ,,Was ist das?" ,,Sieh es dir an, dann hast du die Antwort", kam schroff über seine dunkel lilanen Lippen.

Tiffany & Co blitzte mir edel, unbezahlbar entgegen. Mit spitzen Fingern zog ich das Paar echter Diamantenohrringe aus der Samtschatulle. ,,S...soll ich die tragen?", fragte ich unsicher. Noch nie hatte ich sowas Teures in der Hand. ,,Dein Geburtstagsgeschenk. Neben dem winselnden Köter." Ablehnung für Pipe lag in seiner betörenden Stimme, die vor nicht mal einer Stunde noch meinen Namen gestöhnt hat. ,,Jetzt zieh dich um. Wir haben es eilig." ,,Hier? Während du fährst?!" ,,Niemand außer ich wird dir was wegsehen. Verspiegelte Scheiben. Und ich werde nichts sehen, was ich nicht zuvor schon gesehen hab. Also ziere dich nicht so", zischte Jeremiah gemeingefährlich.

Schnell löste ich den Sicherheitsgurt und streifte ich die Leggins und meinen Pulli ab. Noch schneller war die lächerlich normale, rosa Unterwäsche aus. Ausgetauscht durch ein extravagantes Spitzenset mit Strumpfhaltern. Ab und zu ein aufbegehrender Blick von ihm, doch er verhielt sich professionell wie eh und je. ,,Und da verschwindet das kleine J." Ein süffisantes Grinsen lag auf seinen Lippen, als ich die Strümpfe an den Haltern befestigte und das kleine, tätowierte J unter dem schwarzen Stoff verschwand. Ein J, was ich mir halb bewusstlos, so besoffen war ich, in einem dreckigen Hinterzimmer eines Clubs stechen ließ. Nein, genau genommen ließ ich mir zwei Tattoos stechen. Ein kleines J auf dem rechten Oberschenkel und eine kleine, verrückte Fratze an einer vieeel intimeren Stelle. Ja, genau auf meinem inneren, oberen Oberschenkel. Ein Tattoo, was bloß Jeremiah und ich sahen. Und so war es auch vorherbestimmt.

,,Du könntest es doch wieder vom Stoff befreien, wenn du es so sehr vermisst", grinste ich frech, als wir an einer Ampel standen und ihn an seiner fein gebundenen Krawatte zu mir zog. ,,Achso? Mitten auf einer der größten Kreuzungen Gothams, soll ich dir an die Wäsche? Wäre das nicht etwas zu unerhört?" ,,Unerhört? Das bist du doch schon seit wir uns kennen und du ein Käffchen in Haft gefordert hast." Ich klaute mir überheblich schmunzelnd einen Kuss. ,,Nachher. Nachher. Wir haben noch einiges vor."

,,Du siehst so gut aus Miah..." Ich stand hinter ihm. Strich den teuren Stoff seines schwarzen Jackets glatt. Richtete von hinten die dunkle Fliege. ,,Ich sehe immer gut aus." Kein Schmunzeln, kein Humor. Es war seine Überzeugung. Eine sehr wahre Überzeugung. Ja, Jeremiah Valeska sieht immer gut aus. So gut, dass ich ihn am liebsten hier, in dieser engen Umkleide bewusstlos gevögelt hätte. ,,Kaum zu glauben, dass dieser umwerfend heiße Typ mal ein langweiliger Statiker war, mit runder Brille und süßer Schüchternheit." Ein fester Schlag auf meinen Hintern, der in einem bodenlangen, schwarzen Kleid mit langen Schlitz, steckte. ,,Kaum zu glauben, dass diese sexbesessene, mörderisch scharfe Nervensäge einst eine prüde Krankenschwester war, die schon fast alleine bei meinem Anblick in Gotham Police Department gekommen ist." ,,Ich bin nicht gekommen!", rief ich empört. Der hat sie doch nicht mehr alle! So nötig hatte ich es damals dann doch auch wieder nicht. ,,Natürlich. Ich bin halb blind Arabella, aber blöd war ich nie." Die Seiten schlagartig gewechselt. Ich vorne, er hinter mir. Seine Hand um meinen Hals. Meinen Hintern gegen seinen Schritt.

,,Ich hatte jede deiner Bewegungen Beachtung geschenkt. Wie du die Beine zusammenpresstest. In diesem engen Kleidchen. Mit den Fingern immer und immer wieder nervös durch die Haare fuhrst. Deine Augen größer wurden, dein Schlucken schwerer wurde und sich deine Wangen rötlich färbten, als du mit mir sprachst. Du sahst aus, wie jetzt. Nur, dass du damals das alles noch nicht gehabt hattest. Du hattest diese brennende Vorfreude noch nicht in deinen Augen. Diese Vorfreude, mich von oben bis unten in fremden, noch warmen Blut getränkt, zu reiten. Du liebst es. Diese brutale Gewalt, die dann in schnellen, berauschenden Sex endet. Komm, gib es zu mein kleiner Harlekin. Du liebst es mir zu gehorchen. Nicht wahr?"

Ein Kuss auf meinen Kiefer. Alles pochte. Herz, Kopf, Unterleib. Alles. Aber allen voran Unterleib. ,,Sag es." ,,Ich liebe es Miah..." Ich windete mich etwas, als seine Hand durch den Schlitz einfach und schnell unter mein schwarzes, eng anliegendes Kleid rutschte. ,,Wir...sind doch in einer Umkleide", zischte ich peinlich berührt. ,,Na und? Es ist helligster Tag und nicht grundlos können wir hier, im besten Laden für Abendkleidung Gothams einkaufen gehen." Seine Stimme senkte sich. Sie wurde tiefer, rauer, sexier. ,,Schmutzige Geschäfte sind der Grund, warum wir hier einkaufen können. Sie sind der Grund, warum du all die schönen Dinge dein nennen darfst. Und jetzt sei brav und genieße es."

Ich will nicht wissen, was sich die Mitarbeiter bloß dachten, als sich mein zuerst leises und unterdrücktes Stöhnen in ein verdammt Lautes verwandelte. So laut, dass jedem klar war, dass hier nicht nur flinke Finger im Spiel wahren, sondern auch eine geschickte Zunge und... noch etwas anderes. Aber er behielt Recht. Sie taten es einfach ab und benahmen sich, als hätten sie nie von den sexuellen Aktivitäten eines gewissen Valeskas gehört. Vor allem nicht, als der Besitzer des Ladens von ihm ein halbes Kilo Koks kaufte.

Love in difficult conditionsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt