◇ You can't wake up, this is not a dream ◇
Er zerrte mich in einen ehemaligen Pausenraum, dessen Fenster alle eingeschlagen waren. Scheiße, war es hier kalt. Ich fröstelte etwas und rieb meine Hände über meine Arme, damit mir wenigstens etwas wärmer wurde. ,,Nur hier können wir reden." Er schloss die Tür hinter sich und stellte provisorisch ein paar alte Aktenkoffer vor die Fenster. Hm, die schirmten den kalten Wind erstaunlich gut ab. Ich setzte mich an den kleinen Holztisch, dessen Farbe bereits abblätterte. Vor ein paar Wochen hatte ich noch oft hier gesessen und mit Kollegen hier gegessen und immer wieder, wenn mir langweilig war, die Farbe abgezogen. ,,Was ist geschehen? Wo warst du?" Er setzte sich neben mich und legte eine seiner warmen Hände auf meine. ,,Ich...ich... Bei Jeremiah Valeska. Aber sag das nicht. Ich flehe dich an!" Ich legte meine Hände auf seinen Unterarm. Wenn er davon erfährt, dass ich geplappert hab, dann bin ich tot... Oder die Hölle, aus der ich mich gekämpft hatte, würde wieder weiter gehen. ,,Wie bist du zu ihm gekommen?" ,,Wir...ich...ich hab ihm bei der Flucht geholfen..." Ich vergrub mein Gesicht in meinen Händen. Ich war an der ganzen Scheiße Schuld. Ich war am Tod und Elend dieser Stadt Schuld. Weil ich dieses Monster freigelassen habe. ,,Was hast du getan?!" ,,Ich wollte es nicht. Im Auto hatte er mir sogar gedroht mich zu erschießen! Und dann musste ich ihn zu seinem jetzigen Aufenhaltsort bringen und seine Wunde nähen." ,,Was für eine Wunde?", fragte Jon ernst. Er wirkte kalt. Abweisend. ,,Eine Schusswunde an seiner rechten Schulter." ,,Und dann? Was ist dann geschehen?" Ich nahm meine Hände in seine. Irgendwie gab mir Jon etwas Vertrautes, etwas Normales. ,,Sie warfen mich auf die Straße. Ich bin zwei Tage völlig dehydriert durch die Dark Zone gestreift, weil ich keinen Weg raus fand. Bis mich ein paar Muskelprotze packten und mich zurück zu ihm brachten. Und dann fing der richtige Horror an..." Ich erinnerte mich mit Schrecken daran. An das, was geschehen ist. ,,Was ist mit dir? Wo ist deine Familie?" ,,Sie sind tot", kam es stumpf und kalt von Jon. ,,Scheiße..." Ich schlug schockiert die Hand auf den Mund. Wie unsensibel von mir... Ich frage auch noch richtig dumm nach ihnen... Er nickte nur. ,,Jep. Sie wurden alle drei erschossen. Auf dem Weg zurück zum GCPD. Wir haben keinen Platz mehr auf den Booten bekommen. Nur ich konnte mich retten..." Jon schluchzte leise auf. Der Arme! Ich nahm ihn in den Arm und strich liebevoll über seinen Rücken.
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,,Du wirkst einfach verändert. Viel...selbstbewusster", bemerkte Lee, als Jon, sie und ich zu Abend aßen. Wenn man das überhaupt Abendessen nennen konnte. Ich musste grinsen. ,,Ich wurde doch nie gesehen..." ,,Aber?" ,,Nichts", lachte ich leise. Irgendwann werden sie mich sehen. ,,Morgen ist ein neuer Tag mit neuen Möglichkeiten. Deswegen werde ich mich aufs Ohr hauen."
Ich lag wach in meinem Krankenbett und sah aus dem Fenster. Ich musste nur das ausführen, was er wollte und dann dürfte ich zurück. So hatte er es zumindest gesagt. ,,Wir werden uns wiedersehen. Wenn du dazu bereit bist. Wenn du erkennst, wie sie dich sehen." Ich seufzte leise auf und stand auf. Ich tapste mit nackten Füßen zum Fenster. Die Nacht war viel schlimmer als der Tag. In der Nacht kamen meine Dämonen zu Kraft. Nachts verfolgten mich Alpträume. Nachts war es schwersten den Tag zu überleben. Nachts war das Risiko am Größten mich selbst umzubringen.
,,Lass mich los!" Sein lautes, wahnsinniges Lachen drang in meine Ohren. ,,Hör auf so zu zappeln! Sonst wird es nur noch mehr wehtun!" Ecco und Jeremiah brachen in Gelächter aus, als sie mich an den Handgelenken mit Ketten an der Decke fesselten. ,,Ecco runter damit! Du weißt, was zu tun ist!" Ich ließ beschämt den Kopf hängen, als ich die Klamotten reißen hörte. Zum allem Übel hatte ich heute noch meine Tage... Das war inzwischen eines der schlimmsten Dinge auf der Insel. Etwas Mitleid hatte Ecco irgendwann mit mir gehabt, nachdem ich beim ersten Mal in einer Pfütze voll Menstruationsblut saß. Sie hatte mir eine wiederverwendbare Periodenunterhose geschenkt. Und das war echt das Menschlichste von ihr! Und das rechne ich ihr noch heute hoch an. ,,Ach Arabellachen..." Jeremiah schnalzte unzufrieden mit der Zunge, als er das Blut an meinem Oberschenkel runterlaufen sah, nachdem Ecco mir die Unterhose ausgezogen hatte. ,,Sagen Sie jetzt bloß nicht, dass ich zu jung bin, um meine Tage zu haben", knurrte ich wütend. Er grinste wahnsinnig, denn inzwischen kannte ich diesen Blick. Jeremiah hatte mich schon oft gefragt, ob ich wirklich 19 sei. ,,Ich bin verfickte 19 Jahre alt. Okay?!" Jeremiah lachte laut auf. ,,Ich hab's dir gesagt Ecco, sie wird wütender. Unsere Therapie wirkt!" ,,Therapie kann man das nicht nennen." Und schon traf seine behandschuhte Hand auf meine Wange. Fuck. Ich schluckte das Blut herunter, dass sich in meinem Mund sammelte. Ich presste meine Beine fest aneinander, als Valeska mich umrundete. Ich hasste es. Dieser Mann sah mich splitterfasernackt. Jedes Mal. ,,Ecco! Die Spritze!" Diese reichte ihrem Boss und Lover die Spritze mit dem giftgrünen Gemisch. Und im nächsten Augenblick spürte ich den Stich und dann sofort das Zeug.
Bilder tauchten vor meinen Augen auf. Leichen. Schrecklich entstellte Leichen. Leute, die Körper eisweideten. Und das über Stunden. Bis das Gift wieder abgeklungen war. Ich kann nicht beschreiben, was man durch das Joker Gift sieht. Sagen wir so, es ist einfach nur schrecklich. Man will weinen, man will, dass es aufhört, doch stattdessen bringt dich das Gift dazu die ganze Zeit zu grinsen. Als das Gift langsam abklang, löste Jeremiah die Fesseln. Und fing mich auf. Jedes Mal tat er es. Er ließ mich nie auf den Boden fallen. ,,Aufwachen." Er schlug mir leicht auf die Wange. ,,Ich bin doch schon die ganze Zeit wach'', brummte ich und stellte mich hin. Etwas benommen war ich noch, aber ich wusste ganz genau, was jetzt kam. Er legte mir einen Dolch in die Hand. ,,Ecco!" Diese sprang sofort zu ihrem Freund und Boss. ,,Wir verschwinden. Bei diesem Akt sollten wir die Dame alleine lassen." ,,Du drückst das so aus, als ob ich gleich ficken würde", lachte ich leise. Ein amüsiertes Grinsen huschte für eine Sekunde über sie lila geschminkten Lippen. ,,Ist dir überlassen, ob du noch Spaß haben willst." Die zwei verließen den Raum auf einer Seite und auf der gegenüberliegenden Seite kam ein gefesselter Mann in den Raum. Ach scheiß drauf. Ich mach's für den Mann am Schnellsten. ,,Tut mir leid." Und das war ernst gemeint. Ich wollte das nicht tun. ,,Mir auch", wisperte der Mann ängstlich. Ich schluckte schwer und sah weg, als ich den Schnitt an seiner Kehle ausführte. Das konnte ich nicht mitansehen. Wie ich einen Menschen das Leben nehme. Ich legte widerwillig meine Lippen an die Wunde. Aber es muss sein. Einfach Augen zusammenkneifen und denken es ist Tierblut...
Ich saß aufrecht im Bett. War total nass geschwitzt. Ich seufzte auf und fuhr durch meine Haare, die mir im Gesicht klebten. Ich riss die Augen auf, als Schüsse zu hören waren. Bei ihm hatte ich das erste Mal einen Schuss gehört und war schrecklich zusammengezuckt. Ich weiß, in Deutschland passiert sowas nie, aber wenn ihr mal wirklich einen Schuss gehört habt, dann wisst ihr, wovon ich spreche. Es ist einfach wie ein Urinstinkt zusammenzuzucken oder sich reflexartig zu ducken. ,,Hey... ich hab sich schreien gehört..." Gänsehaut überzog meinen Körper, als Jon mir über den Arm strich. ,,Ich kann mir nicht vorstellen, was du dort durchmachen musstest." Ich nickte nur abwesend. ,,Morgen möchte Bruce Wayne mit dir sprechen. Wegen dem, was du gesagt hast, als du hierher kamst." ,,Und?" ,,Was und?" ,,Glaubst du das, was ich gesagt habe?" Jon zuckte unwissend mit den Schultern. ,,Wenn es stimmt, dann verstehe ich nicht, warum du mir nichts davon erzählt hast." ,,Das..." Wie wahrscheinlich ist es schon, dass eine Person, die behauptet mit Bruce Wayne verwandt zu sein, es wirklich ist? Ja! Unter 5%. ,,Arabella...du blutest." ,,Hm?" Ich bemerkte jetzt erst Jon's besorgten Blick. Er zeigte auf seinen Hals. ,,Da..." Ich hasste verwirrt meinen Hals an. Fuck, da war ja wirklich Blut. Ich lief zielstrebig zum Spiegel und blickte hinein.
Ach du heilige Scheiße. Flecken befanden sich darauf. Rote Flecken, die ich im Schlaf wohl aufgekratzt haben musste. Denn sie waren blutig. ,,Ist deine Haut so trocken?", hörte ich Jon fragen. Er klang wirklich besorgt. Und das muss was heißen! Immerhin ist er Arzt! ,,Nein, eigentlich nicht..." ,,Was ist das dann?" Ich schaltete das kleine Licht am Waschbecken ein. ,,Ich...ich weiß es nicht. Aber ich brauche deine Hilfe Jon. Dringend."

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Love in difficult conditions
FanfictionArabella Smith ist eine junge, ehrgeizige Krankenschwester, die nachdem sie etwas Schlimmes tat, nach Gotham zog. Dort lernt sie den berüchtigten Jeremiah Valeska kennen und wie sie im Niemandsland überlebt. Während ihr schreckliche Dinge wiederfahr...