Kian

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◇ These voices won't leave me alone ◇

Lee

Das Platschen war zynisch laut, als ihr schmaler, lebloser Körper in das Wasser eintauchte. Und damit war meine beste Freundin für immer tot. Zerstört von einem skrupellosen Mann, dem das eigene Leben mehr wert ist, als das der Frau, die ihn abgöttisch liebte. Sie hätte alles für ihn getan, ja, sie starb sogar für ihn. Doch der Dank? Sein Dank war es bloß abwertend kühl über sie die Augen zu verdrehen. Ich stürzte die letzten Meter zur Kante. Der Schock, der hammerharte Schock, der mich noch brechen würde, überwältigte mich. Noch eben hatte sie hier gestanden. Blutüberströmt, mit schmerzverzerrtem Gesichtsausdruck, ehe Sekunden später der tödliche Schuss, abgefeuert mit der Waffe meines Mannes, ihr den blendend grellen Lebensfunken aushauchte. Er wurde von der Metallkugel erstickt.

James blickte fassungslos auf seine Waffe. Noch völlig unfähig zu realisieren, dass er sie erwischt hatte. Doch Valeska? Der richtete völlig gefasst seine Waffe auf Jim. Er bückte sich geschmeidig, ja, fast schon elegant und attraktiv und hob die goldene Handfeuerwaffe auf, die ihre Initialen stolz trug. Es war Arabellas Waffe. ,,Lustig nicht wahr? Sie war die wahre Einzige, die mir je mehr als ihren Körper geschenkt hat. Und dennoch kümmert es mich keineswegs, dass sie tot ist." ,,Wie können Sie sowas sagen?!"

Es platzte aus mir. Wie kann man bloß so arrogant sein?! Wie gleichgültig, wenn soeben die eigene Freundin erschossen wurde?! Jeremiah Valeska sah auf. Er erstach mich mit seinen milchigen Augen. Der Ausdruck in diesen... Ich verstand plötzlich, was sie in ihn gesehen hätte. Dieses hilflose, schlaue, schüchterne Kind, was nun völlig von dem manifestierten Monster gewichen war, was die Kontrolle über ihn mit eiserner Hand behält.

,,Arabella hat Sie geliebt! Mehr als alles andere in dieser Welt! Warum interessiert es Sie nicht, dass sie tot ist?! Sie ist für Sie gestorben! Mit gerade einmal 20 Jahren! Was sind Sie bloß für ein Mensch, dass Sie so herzlos sind?! Arabella hatte noch ihr ganzes Leben vor sich und Sie?! Sie haben es zerstört. Völlig. Und es ihr schlussendlich auch genommen", zischte ich so gemeingefährlich, wie eine giftige Klapperschlange, vor der man sich lieber in Acht neben sollte.

,,Sie hat oft von Ihnen gesprochen Leslie. Sehr oft sogar. Arabella sagte immer, wie gut die Freundschaft mit Ihnen doch gewesen sei, und wie sehr sie diese vermisse. Doch wenn ich etwas länger darüber nachdenke, desto klarer wird mir, dass das keine gute Freundschaft gewesen war. Wären Sie ihr wirklich nah gewesen, dann hätten Sie Arabella nie so ans Messer laufen lassen. Lee, Sie kannte ihre Krankheiten und dennoch ließen Sie sie gewähren. Sie gaben Arabella auf. Nicht ich bin an ihrem Tod Schuld, sondern Sie." Seine harten, kalten, gnadenlosen Wörter trafen mich tief. Sie hinterließen blutige, gänsehautauslösende Kratzer auf meiner Brust.

,,Ich konnte sie nicht lieben. Nicht so, wie sie es verdient hätte, das ist wahr. Doch manchmal ist Liebe gleichzusetzen mit Schmerz. Verlust. Und Tod." Ein lauter Schuss, der sich löste und Jon bettete sich schützend zu meinen Füßen. Doch die Kugel prallte bloß am Metall der Tür ab, ehe Valeska in das dunkle Treppenhaus verschwunden war. Er ließ sie hier. Die dramatischen, grässlichen Erinnerung, die Schmerzen, die sich in meiner Brust einnisteten und ihren leblosen Körper, der sich nun irgendwo, tief auf dem Grund des Fluss befand, dessen dunkle Haut edel, fast schon geheimnisvoll im milchigweißen Vollmond glitzerte. Wie die Schuppen eines riesigen Wasserdrachens, der sich um die Hochhäuser schlängelte. Ja, er ließ mich alleine. Mit dieser gewaltigen, erdrückenden Aufgabe um sie zu trauern. Damit wenigstens eine Person trauert...

,,Lass uns jetzt gehen Lee... Bitte." Jim rüttelte ungeduldig an mir. Und dennoch rührte ich mich keinen Millimeter. Ich konnte mich einfach nicht losreißen. Gebannt starrte ich zu, wie der leere Sarg herabgelassen wurde. Wahrlich wenig Menschen waren zu ihrer Beerdigung gekommen. Eine Beerdigung, die erst fünf Monate nach ihrem Tod abgehalten wurde. Nachdem die Regierung wochenlang den Grund des Gotham Rivers abgesucht hatten und offiziell bestätigt wurde, dass sie tot sei. Trotz der erschütternden Tatsache, dass keine Leiche gefunden wurde. Sie sei angeblich mit der Strömung getrieben worden sein und jetzt irgendwo im kalten, riesigen Atlantik treiben. Ob ich daran glaube? Eher nicht, aber meine Meinung interessiert niemanden. Nein, meiner ganzen Aufmerksamkeit lag ihrer Familie, die extra angereist war. Keiner verzog auch nur eine Miene. Doch am Interessantesten war der kleine Junge auf dem Arm einer jungen Frau.

Love in difficult conditionsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt