Asche verglühter Sterne

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♡ I think there's a flaw in my code ♡

,,Sie sehen ja richtig seriös aus Mr. J", wisperte ich, auf Lippe beißend, damit ich nicht laut loskichern musste. Seine behandschuhte Hand lag auf meinem halbnackten Oberschenkel. Von dort aus ging eine unglaubliche Wärme aus. Auch wenn er bloß kalte Hände hatte, denn diese Wärme kam von etwas ganz anderem. Und zwar von der wirklichen, realen, bittersüßen, knallharten Liebe, die er trotz des kläglich gescheiterten Versuches es aufzuhalten, für mich tief in seinem kalten Herzen empfand. Ein schwaches Lächeln umspielte seine rötlichen Lippen. Langsam, bedächtlich führte ich seine Hand an meine Lippen. ,,Ich liebe dich Jeremiah", ehe ich die Lippen spitzte und einen zuckersüßen Kuss hauchte. ,,Das weiß ich Arabella. Das weiß ich. Und jetzt..." Er legte einen Finger an meine Lippen, um mir zu signalisieren, dass ich leise sein sollte und dem Stück in der Oper lauschen sollte. ,,Halt deinen schönen Mund. Jetzt."

,,Komm jetzt!" Er riss unsanft an mir. Zog mich hinter sich her, wie ein Vater sein störrisches, nicht hörendes Kind. ,,Miah..." ,,Jetzt nicht!" Seine Stimme erhob sich so schnell, wie sie kurz darauf wieder sank. Er schleuste uns hinter die Bühne. Niemand hielt uns auf. Niemand beachtete uns. Trotz der laufenden Vorführung. ,,Halt das." Jeremiah drückte mir ein dickes, schweres Seil in die Hand, das herumlag. ,,Was machst du...?" Mein Herz setzte aus. Es setzte aus, weil sich unaufhaltsam das dicke Kortseil in meine blasse Haut schnürte. ,,Ich lege eine falsche Fährte." Letzte Worte, ehe die Welt dunkel wurde. Er verband wortlos meine Augen mit seiner Fliege.

Ich schrie. Und schrie. Und schrie abermals. Der beste Geburtstag meines Lebens hatte sich schlagartig in den Schlimmsten verwandelt. All den Schmerz, all den Frust, all die Vernunft schrie ich aus mir. ,,Sag es Arabella!" ,,ICH HASSE DICH!" Meine brechende Stimme hallte laut, lächerlich flehend durch die goldene Opernhalle. Vor hunderten, von Waffen bedrohten Menschen lag ich dort. Halbnackt, halbwahnsinnig geworden. Wie auch halbtot...

Die Tritte, die Schläge, die Elektroschocks prasselten unaufhörlich auf mich ein. Doch niemand kümmerte meinen explodierenden Schmerz. Warum? Weil sie glaubten, ich hätte es verdient. Sie glaubten, ich hätte diese unglaubliche Schmerzen verdient. Schützend rollte ich mich zu einer kleiner Kugel zusammen. Presste schützend meine roten, blutigen Hände auf meinen Leib. ,,Das passiert mit gottverdammten Lügnern Arabella", zischte er bissig, eiskalt und tödlich in mein Ohr. Ehe er seinen Fuß hob und zum Vergeltungsschlag ausholte. Ich spürte es nicht einmal mehr. So müde, ja, so müde war ich vom Leben. Von den Qualen.

,,Nicht! Ich bitte dich, Jeremiah!" Eine schrille, panische Stimme riss mich aus dem schwarzen, leeren Loch, in dem ich mich über Stunden befanden hatte. Eine männliche Stimme. Doch weder Jerome oder gar Bruce. Nein. Es war die Stimme von einem Mann, den ich nie erwartet hätte, dass er je für mich Partei ergreifen würde. Es war James. Commissioner James Gordon. In dem blutunterlaufenen Nebel meiner Augen, machte ich die verschwommenen Umrisse des Gesetzeshüter aus. Ehe Jeremiah sich fest in meinem Haar vergriff und mich an diesem hoch zog. Sein schrilles, wahnsinnig wütendes Kichern drang verheißungsvoll in meine Ohren. Wie lange war ich weg gewesen? ,,Sie ist fast tot! Es reicht!" ,,Ich entscheide, wann es genug ist." Sein heißer Atem traf meine blutige, schmerzende Wange.

,,Wie viele Kinder wolltest du mir eigentlich noch anhängen? Reicht nicht dieses Balg namens Kian? Denkst du wirklich, dass ich den positiven Test von deinem Arzt nicht mitbekommen hätte?"

Bamm! Erneut schlug er meinen Kopf gegen die Dielen unter mir. Das Holz splitterte, durch die plötzliche Wucht. Spitze Splitter hingen in meinen Lippen. ,,Du hinterlistige, doppelzüngige, nuttige Lügnerin!" Schmerz, Schmerz, Schmerz. Kopf immer, immer und immer wieder gegen die Holzdielen. Ehe er urplötzlich abließ. Und ehe wieder alles schwarz verschwamm.

,,Hey..." Meine Augen waren klar. Glasklar. Wie auch mein Verstand. Geklärt durch den vielen erlittenen Schmerz. Wie auch vielleicht durch das starke Schmerzmittel, was meine ehemalige Freundin Lee mir in die Adern gespritzt hatte. Im Augenwinkel sah ich lediglich zwei schemenhafte Gestalten sich wild bewegen, rumhampeln.

,,Hast du starke Schmerzen?" Unfähig zu nicken, bejahte ich. Es war unaushaltbar. Es war tragisch. Es war mein Schicksal gewesen. Von Anfang an. ,,Arabella, du hast starke innere Verletzungen. Du darfst dich nicht rühren. Der Krankenwagen ist unterwegs. Sag, was meinte Jeremiah damit. Bist du etwa schwanger?" Ein ohrenbetäubender Knall, der das Blut, wie auch das Schmerzmittel sofort in mir gefrieren ließ. Fast unfähig, doch fähig durch süßliches Adrenalin, was durch meinen Venen raste, könnte ich mich aufsetzen. Und als ich es sah, da könnte ich auch plötzlich stehen. Und sogar lächerlich schlecht und wenig laufen.

Die verhängnisvolle Liebe meines Lebens, die mich immer mit Füßen trat, lag auf dem Boden. Hielt sich stöhnend den linken Oberschenkel. Das Blut glänzte grell rot im hellen Scheinwerferlicht. Mein Gehirn, viel zu langsam alles zu verarbeiten, da vernahm ich schon einen beißenden Geruch in der Nase. Grünes Gas stieg zwischen den Sitzen der gefesselten, bis aufs Mark verstörten Zuschauer hoch. Es war kein Lachgas gewesen. Es war Joker Gift in Gasform gewesen. Nichts weiter. Apropos Joker... Dieser flüchtete gaggernd überlegen. James mit seiner Waffe ihm hinterher. Und ich mit Jeremiah's zurückgelassene, geladener Pistole hinterher. Trotz Lee's verzweifelten Versuchen mich zurück zurufen, oder gar umzustimmen.

Ich schlich mit auf leisen Sohlen an. Sie standen auf dem Dach. Jeder Schritt kostete jegliche Kraft. ,,Warum tust du das alles?" James Stimme durchschnitt die Kälte. Doch Jeremiah's wahnsinniges Lachen? Dies zerschnitt die ganze, völlig einnehmende Dunkelheit. ,,Wegen dem Dunklen Ritter." ,,Dem Dunklen Ritter?" James verstand die Welt nicht mehr. Sie waren abgelenkt. Naja, zumindest James. Ich holte aus, bereit ihn niederzuschlagen und den Mann zu retten, der mich noch eben fast zu Tode prügeln ließ, doch er hatte etwas anderes vor.

Schnelle Bewegungen, überlegte Handgriffe und eine Kugel, die schrill die Atmosphäre unserer Umgebung durch stieß, ehe sie auf weiches, warmes Gewebe traf. Meine Brust. Der Schmerz von der Prügel? War nichts dagegen. Ein wahrgewordener Klacks. Ein schlechter Witz. Eine volle Verarschung. Ich, er, Miah. Alle waren geschockt, überrascht. Wie schnell und einfach es ging, mir den Hauch des wertvollen Lebens auszuhauchen. ,,Arabella!?"

Jeremiah machte einige Schritte auf mich zu. Doch er hielt vor mir. Er starrte paralysiert auf das dunkle Einschussloch in meiner Brust, aus dem ein Rinnsaal Blut lief. Wie auch langsam aus meinem Mund. Und die Welt aus den Fugen geriet.

Der Tod, er heißt dich willkommen. Ja, es ist nicht einfach zu sterben. Es ist schmerzhaft, qualvoll, du kämpfst leidenschaftlich um das Leben. Doch ab einem gewissen Zeitpunkt, da wird dir klar, dass es sich nicht mehr lohnt. Für niemanden mehr. Du gibst erschöpft auf. Du gibst dich der Dunkelheit hin, die dich mit offenen Armen empfängt. Du wirst wieder zu dem, was du einst warst. Asche verglühter Sterne.

Und so war es. Ich hatte bereits aufgegeben, als ich das Hochhaus hinunter stürzte. Kaum traf ich mit dem Rücken, laut klatschend in den klirrend kalten Gotham River, da war ich schon verstorben. Der Tod hatte mich geküsst und meine Seele mit sich genommen. Bloß noch mein Körper wurde der irdischen Welt überlassen. Naja, in dem Fall den irdischen Fischen und Wasserpflanzen.

Love in difficult conditionsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt