Kapitel 8

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Es war Kili. Leise stand ich auf und achtete darauf, dass ich keinen der Zwerge weckte. Barfuss lief ich über den stummen Holzboden und suchte den rechten Flügel nach Kili ab. Irgendwann hörte ich das sich zwei flüsternd unterhielten. Ich ging an die Tür und belauschte, weil ich mir sicher war, dass mein Neffe bei Emilia war. Wieso hatte er Gefallen an ihr gefunden? Ich hatte die Blicke von vorhin, wie Kili mitgesungen hatte, gesehen. Sie war durch unseren Gesang an die Wohnzimmertür gekommen und lauschte offen mit. Sie sah ihn mit ihren himmelblauen Augen prüfend an, er lächelte schüchtern. Sie lächelte zaghaft, er formte lautlos seine Lippen. Ich konnte nicht lesen, was er ihr zu hauchte. Es schien etwas zu sein, was sie weich werden ließ.

„Emi, darf ich mich zu dir legen? Du hast es verdient, dass du jemanden findest, der dich immer und überall auf Händen tragen sollte. Du hast es verdient, eine Frau eines Adeligen zu sein. Du weißt gar nicht, wie anziehend du auf die Männerwelt reagierst. Ich gebe offen zu, dass ich damals jede Frau berührte, nur um die Einsamkeit zu verdrängen..."
„Psst, Kili, schon gut."

Seit wann waren Kili mit ihr beim Spitznamen? Ich hörte nichts mehr und deswegen überkam mir die Neugierde. Als ich durch das Schlüsselloch blickte, konnte ich sehen, wir Emilia im Nachtgewand vor ihm auf dem Bett kniete. Ihre Hände lagen ruhig auf seiner nackten Brust. Ihre Augen fesselten die seine. Sein Gesicht bewegte sich wie vorhin an der Tür langsam auf ihres zu.

„Du fesselst mich."
„Kili, du hast jemand wie mich nicht verdient. Du hast jemand verdient, der mit dir zusammen sein kann. Du hast jemand verdient, der nicht wechselhaft ist."
„Ich hab genau dich verdient. Ich will keine Zwergenfrauen mit längerem Bartwuchs wie ich ihn habe. Ich will keinen dieser Elbenfrauen mit göttlichem Schein. Ich will auch keinen Schatz der Welt, wenn ich dich dafür nicht haben dürfte."
„Ich bin dir viel zu schnell wichtig geworden, dass darf nicht sein."

Die Blondhaarige löste sich von dem Beinahkuss und setzte sich auf ihr Bett. Ihr Rücken berührte die Wand und sah den Braunhaarigen traurig an.

„Wieso?"
„Weil ich nicht lieben kann. Weil ich keine Gefühle habe. Weil ich keine Angst empfinde."
„Emilia Tuk, du kannst nicht lieben? Was machst du dann mit mir? Du willst Nähe zulassen, aber gewährst es mir kurze Zeit darauf wieder. Du hast keine Gefühle? Warum machst du das mit mir? Du lächelst mich an und ich soll mir dabei keine Hoffnung machen? Du hast keine Angst? Warum begleitest du uns nicht einfach? Wenn du Angst hast, dass irgendwer von uns zu Schaden kommen könnte, dann begleite und und sei der Grund, warum wir in Sicherheit sein können."

Wieder lächelte sie und sah eingeschüchtert weg. Kili nahm neben ihr den Platz ein und begutachtete die gegenüberliegende Wand, die nicht die war, in der die Tür befestigt war.

„Weißt du, ich hatte einmal eine Geschichte gehört und ich dachte mir, dass sich meine Befindungen dir gegenüber auch so anfühlen müsste."

Kili legte eine Hand auf ihren naheliegenden Oberschenkel und lächelte sie tröstend an.

„Es war einmal in einem Jahrhundert, in dem die Sonne ein einziges Mal schlief. Zu einer Zeit in der die Sonne hinter dem Mond verschwand. Das Meer voll Wehmut, still und rot vom Krieg. Für seine Träume hielt der Mann sein Leben fest, alleine für seinen Wunsch seine Liebste wieder zu sehen, erblickte er die Finsternis. Und er musste feststellen, dass die Wahrheit immer am Ende der Zeit lag und der verlorene Glaube ein Verbrechen war. Seine Trauer lag in seinem Herz aus Stahl, dass weicher war wie der Eintopf meiner Mutter..."
„Warum erzählst du mir eine Geschichte von Schlachtfeld?" wollte die Ältere wissen.
„Du sollst verstehen, wie ich mich fühlen müsste, wenn ich nicht wüsste, ob es dir gut gehen würde oder nicht. Du solltest verstehen, dass ein Herz, welches auch nur noch ein kleines bisschen Glut hat zu brennen beginnen kann, wenn man es zulassen möchte."

Nun war es mir klar, dass er dieses Mädchen nicht wie jede andere sah. Er hatte wahrlich eine Verbindung zu ihr und doch sträubte sie sich gegen jede seiner Liebesbeweise.

„Feuer kann zerstören und auch vereinen." flüsterte sie mehr zu sich.
„Ich kenne nur das Vereinen, wenn das Feuer für das Aufwärmen und der Arbeit dient, aber das Zerstören hörte ich nur von den Geschichten und von Thorin."
„Was einst mit Erebor passiert war, hätte nicht sein dürfen. Ich möchte euch nicht gefährden, deswegen ziehe ich in den nächsten Tagen in einem unbeobachteten Moment alleine weiter."
„Du bist so geheimnisvoll." hauchte Kili ihr zu.

Er zog sie zwischen seinen Beinen und lächelte sie mutig an.

„Wenn du mir sagst, dass wir uns bei Gefahr wieder sehen, dann küss mich!"

Sie schüttelte ihren Kopf vor Ungläubigkeit und kicherte dabei.

„Du bist unmöglich."

Und doch legte sie die Lippen auf seine und küsste ihn. Auch er erwiderte diesen und bewegte seine Lippen als wäre sie aus Porzellan. Mein Herz wollte keine weiteren Szenen mit anschauen und so beschloss ich mich wieder zu meinem Schlafplatz zu gehen. Irgendwie musste ich dann doch eingeschlafen sein, denn bevor die ersten Sonnenstrahlen durch die Fenster schienen, wurde ich von Balin geweckt.

„Morgen, Thorin, wir sollten langsam aufbrechen, damit wir unseren Meisterdieb nicht wecken."
„Hast du einen Brief erfasst?" stellte ich ihm die Frage.

Er nickte und verschwand mit den Worten, dass in der Küche noch einige Eier auf mich warten würde. Schneller wie sonst stand ich komplett angezogen in der Küche und aß die Eier, die frisch vom Huhn sein mussten, denn geschmacklich waren sie der Hit.

Die Wiedergeburt des Arkensteins *beendet*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt