Kapitel 7

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POV Valeria

Langsam schien der Sommer anzukommen. Die Temperaturen waren nun endlich genug mild, um im T-Shirt draussen zu sein. Hier im Schatten der Mauer, hinter der ich mich gerade versteckte, war es dann aber doch ziemlich kühl.

Heute stand die erste grössere Übung zusammen mit den Defendern an. Dabei sollten wir eine Strecke von 5 Kilometern zurück legen und dabei lernen uns in diversen Situationen bestmöglich in Sicherheit zu bringen. Einige meiner Gruppe begannen sich derweilen mit den Defendern, die den Angreifer darstellten, anzulegen. Es wurde geflucht, geschlagen und mit Paintball Gewehren geschossen. Sturm stand derweilen immer in der Nähe und begutachtete das Spektakel mit analysierenden Blicken. Seine Arme hatte er verschränkt.

Vorsichtig spähte ich hinter der Mauer hervor, um mich zu vergewissern, dass die Luft soweit rein ist um unbemerkt weiterzugehen. Es fiel mir nicht ganz einfach mich heute auf die Übungen zu konzentrieren. Die nächtlichen Geschehnisse oben in der  Scheune bescherten mir ein seltsames Gefühl. Weder Rico noch ich haben seither nochmal darüber gesprochen, es war alles wie zuvor.

Im selben Moment, in dem ich den ersten Fuss vor die Mauer setzte, stand plötzlich einer der Defender vor mir. Ich erschrak. Sofort blieb ich stehen, schaute misstrauisch zu ihm hoch und machte einen Schritt zurück. Mit der Hand stiess er mich zurück an die Wand. Über seiner Schulter hatte er sein Gewehr gesattelt und hielt dieses mit der anderen Hand fest. Ich kannte seinen Namen nicht, doch er war mir schon einige Male aufgefallen. Selten hatte ich solch kalte Augen gesehen, deswegen blieb er mir nach dem ersten Treffen schon in Erinnerung.

"Du solltest etwas besser Acht geben."
Abschätzig grinste er auf mich nieder, während er mich zwischen der Mauer und seinem Körper gefangen hielt. Seine Hand schlich zu meinem Gesicht und strich mir grob über die Wange. Sein Blick wanderte über meinen Körper.
"Sowas wie du ist hier schnell weggeräumt" ergänzte er.

"Ahja? Was lässt dich solch voreilige Entschlüsse fassen?"
Sein abschätziges Grinsen intensivierte sich. Ich blickte erst auf seine linke Hand, die meine Schulter gegen die Wand drückte, dann auf die Rechte, die das Gewehr im Griff hatte. Danach schweifte meine Aufmerksamkeit in den Hintergrund, wo ich Sturm am Rande des Geschehens sah. Mit zusammengezogenen Augenbrauen sah er zu uns rüber. Er fokussierte die Situation und schien jede noch so kleine Handlung davon zu notieren.

"Weisst du, sowas wie dich gönn ich mir hier zum Nachtisch."
Sein Daumen schlich über die Unterlippe, fuhr weiter runter und ehe er dazu kam meinen Körper anzufassen, schlug ich ihm mit meiner Faust gegen den Bauch.

Es war weniger mein Kraftaufwand als vielmehr der Überraschungseffekt, den ich mir zu Nutze machte, um ihn von mir zu stossen und das Weite zu suchen.

Ich rannte. Ich rannte so weit, bis mich mehrere Schüsse aus einer umbestimmten Richtung zu treffen versuchten. Mit einer Hechtrolle flüchtete ich hinter ein paar Betonblöcke, die etwas weiter vor mir standen. In mich zusammengekauert verharrte ich und horchte. Als die Aufmerksamkeit der Schützen nachliess, spähte ich wieder hervor und begann zu rennen. Ich war kurz vor dem Ziel.

Die nächsten Augenblicke verliefen schneller, als ich realisieren konnte. Eine Simulations-Splittergranate, die vor mir auf den Boden fiel und Staub aufwirbelte, zog meine Aufmerksamkeit auf sich. Wie angewurzelt blieb ich stehen. Die Geschehnisse um mich herum schienen plötzlich still zu sein. Eine nur schwer zu beschreibende Furcht stieg in mir auf. In der Ferne hörte ich Rufe. Reflexartig stolperte ich zurück, blickte auf, sah noch, dass die Ziellinie greifbar war. Im nächsten Moment spürte ich einen heftigen Stoss von der linken Seite. Ich schnaufte auf, als ich zu Boden geworfen und in eine der zahlreichen Gruben gedrückt wurde. Die Masse, die mich von meinen Beinen gerissen hatte, war noch immer auf mir drauf. Unmengen von trockener Erde wirbelten auf. Ich musste husten. In der Ferne hörte ich die Granate explodieren. Das Rauschen meines Blutes in meinen Ohren war jedoch dominanter als die Geräusche meiner Umgebung. Was war los?

Discipline and DesireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt