Kapitel 44

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POV Valeria

Es dauerte nicht lange, bis es an der Tür klingelte. Verwirrt blickte ich zu Sascha hoch.

"Ist Andrin schon wieder da?"
Er schmunzelte.
"Nein, aber da ist jemand, der sich dringend vergewissern will, dass es dir gut geht."
Dann nickte er Richtung Wohnungstür. Seine Aussage liess mehr Fragen aufkommen als sie beantwortete und machte mich gleichermassen neugierig. Also stand ich auf und ging zur Tür. Ich hatte keine Ahnung, wer das sein konnte.

"Rico!"
Sofort sprang ich auf ihn zu, schlang meine beiden Arme um seinen Nacken und zog ihn in eine feste Umarmung. Ich fühlte mein Herz, das wie wild in meinem Brustkorb zu schlagen begann.
"Was zum Teufel tust du hier?! Du solltest doch im Unterricht sein!"
Meine Stimme war etwas zittrig, weil ich vor lauter Freude gleichzeitig lachen und weinen musste.
"Ach, weisst du" Ich hörte ihn grinsen. "Unser Mentor ist gerade krank. Liegt mit einer Grippe im Bett, hat er gesagt."
Ich liess ihn wieder los, schaute ihm über beide Ohren strahlend in die Augen und konnte nicht fassen, dass er da tatsächlich stand.  Dann sah ich zu Sascha rüber. Die Freude sowie die Verwirrung musste mir ins Gesicht geschrieben gewesen sein.
"Ich hab ihn her gebeten, als wir zurück waren" begann Sascha zu erklären. "Er hat als Einziger den Mut gefasst mich auf deine Abwesenheit anzusprechen. Wir sind ins Gespräch gekommen. Deshalb hab ich ihm versprochen ihn anzurufen, wenn du wieder in Sicherheit bist."
"Du warst immerhin auch fast zwei Wochen weg!" ergänzte Rico, legte dabei den Kopf leicht schief und zog den rechten Mundwinkel etwas hoch. Ich konnte meine Tränen nun nicht mehr zurück halten. Zu sehr hatte ich dieses provokante Grinsen vermisst.
Sein Blick wanderte kurz an mir runter.
„Schön dich mal in ziviler Kleidung zu sehen. Gefällt mir, dein Style!"
Lachend sah dann auch ich an mir runter. Ich trug ein paar lockere, dunkelbraune Bundfaltenhosen und ein enges, weisses Top. Dann sah ich ihn wieder an. Ich konnte förmlich spüren, wie ich ihn voller Freude anstrahlte.

"Ich hoffe, dir ist bewusst, dass ich ein paar Erklärungen von dir erwarte!" meinte er, als wir uns schliesslich in meinem Zimmer auf das Bett setzten. Sascha hatte sich in der Zwischenzeit in sein Büro verzogen. Ich war ihm unglaublich dankbar, dass er uns ein wenig Privatsphäre liess.
"ICH schulde DIR Erklärungen?!"
Lachend schüttelte ich den Kopf.
"Zuerst will ich von dir wissen, wie du hier her kommst! Ich meine, woher weisst du, dass ich hier bin? Und woher weisst du, wo Sturm wohnt?"
"Weisst du, Valeria, da gibt's so eine neumodische Technologie, mit der man einer anderen Person seinen Standort senden kann. WhatsApp nennt sich das, alles mit diesem kleinen Gerät hier."
Er hielt sein Smartphone vor.
"Solltest du auch mal ausprobieren."
Er zwinkerte mir zu.
"Das beantwortet nicht mal einen Bruchteil meiner Fragen, Rico."
"Findest du nicht, dass du mir zuerst MEINE Fragen beantworten solltest? Immerhin warst du zwei Wochen spurlos verschwunden. Das letzte Mal, als wir uns gesehen haben, war kurz nach Russland, weisst du noch?"
Ein kleiner Hauch von Sorge schlich sich durch sein freches Grinsen und erhaschte für einen kurzen Moment die Vorderhand in seinem Gesichtsausdruck.
Ich seufzte.
"Na schön."
Wo sollte ich bloss beginnen?
"Kannst du dich noch an die interdisziplinäre Woche bei Stauffer erinnern?"
"Du meinst, als er dich..."
"Ja genau, das meine ich!" unterbrach ich ihn forsch.
"Natürlich, wie könnte ich so eine beschissene Dreckswoche auch so schnell vergessen?"
Er lachte.
Dann versuchte ich ihm alles zu erklären, was in den letzten Wochen los war, dass ich Probleme hatte mit meinem Essverhalten und dass Sascha mir deswegen Hausarrest erteilt hatte.
"Er hat dich bei sich in der Wohnung eingesperrt?"
"Nein, in unserer gemeinsamen Wohnung."
Ich schaute in Ricos Gesicht, in welchem die Verwirrung gross geschrieben stand.
"Ich bin bei ihm eingezogen" ergänzte ich.
"WAS?!"
Nun begann er erneut zu lachen.
"Wann ist das denn passiert?!"
Auch ich musste schmunzeln.
"Auch vor zwei Wochen."
"Müssen ja zwei sehr ereignisreiche Wochen gewesen sein."
"Tja, das kannst du laut sagen."
Ich atmete tief durch.
"Naja eben, am Freitag nach besagter Woche tauchte plötzlich... Rodrigo hier auf. Ich hab dir damals in Russland von ihm erzählt."
"Der kranke Bastard, mit dem du mal zusammen warst?"
"Ja" ich lachte "Genau der. Und der kranke Bastard hat mich in seinen Kofferraum gesperrt, in ein Wohnmobil gebracht und hat dann mit mir das Land verlassen."
Wieder einmal sah Ricos Gesicht plötzlich irgendwie leblos aus ohne das freche Grinsen, das er eben während meiner Erzählung abgelegt hatte.
"Er hat was?!"
"Er hat mich in ein Wohnmobil gesperrt und hat mit mir das Land verlassen. Hat Sascha dir das nicht erzählt?"
"Natürlich nicht! Kannst du dir ja denken."
"Wieso hast du dir dann Sorgen gemacht, wenn du nicht mal wusstest, was los war?"
Verwirrt blickte er mir nun tief in die Augen und schüttelte dabei leicht den Kopf.
"Du warst zwei Wochen spurlos verschwunden. Ist es da nicht irgendwie logisch, dass man sich Sorgen macht?"
Ich musste verlegen schmunzeln.
"Du bist süss, Rico."
Dann schaute ich zur Decke, als ich überlegte, wie ich weiterfahren sollte.
"Naja auf jeden Fall konnte mich Sascha aufspüren und da rausholen. Ich hatte ja den Tracker um. Zum Glück. Ich weiss ehrlich gesagt nicht einmal, wie lange ich weg war. Aber eben, auch nicht so wichtig. Ich bin ja wieder da."
Ich schmunzelte zu Rico rüber.
"Und komme nun endlich wieder in den Genuss von deinem schiefen Grinsen" ergänzte ich augenzwinkernd, woraufhin sich besagtes Grinsen intensivierte.
"Aber erzähl schon, was hab ich verpasst?"
Gespannt hing ich nun an seinen Lippen.
"Naja, eigentlich nicht viel. Training eben. Stamm hat sich das Schlüsselbein gebrochen, alle freuen sich auf die Winterpause. Nur noch eine Woche. Und dann haben wir das erste Jahr erfolgreich hinter uns gebracht."
Stolz lächelte er zu mir rüber, seine Augen funkelten hell wie die untergehende Sonne auf der Wasseroberfläche eines Bergsees.

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